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Prof. em. Dr. med. Dr. h. c. Dietrich Reinhardt, München

In Deutschland lag die Inzidenz des Typ-1-Diabetes bei Kindern im Alter von 0–14 Jahren in den Jahren 1987–1998 bei 12,9/100.000. Dies waren etwa 50 % mehr als im 10-Jahres-Zeitraum davor. Trendanalysen ergaben Inzidenzen von 20/100.000 für 2010 und 24,7/100.000 für 2020. Populationsbasierte Schätzungen für den Typ-2-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen ermittelten eine Inzidenz von 1,57/100.000 für 2002 mit einer jährlichen Steigerungsrate von 2,3 %. Neuere Studiendaten existieren für Deutschland nicht.

Für die USA allerdings liegt nun eine Trendanalyse für 2002–2012 vor, die sich auf neuere Daten stützt. Forscher werteten die Daten von fünf Zentren aus, an denen während dieser Zeit 11.245 Typ-1-Diabetiker und 2.846 Typ-2-Diabetiker im Alter von 0–19 Jahren identifiziert wurden. Die Gesamtpopulation wurde aus externen Quellen mit 4,9 Millionen errechnet.

Die Inzidenz des Typ-1-Diabetes stieg innerhalb des Beobachtungszeitraums von 19,5 auf 21,7/100.000, die des Typ-2-Diabetes von 9,0 auf 12,5/100.000. Nach statistischer Korrektur für Alter, Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit ergab sich ein jährlicher Inzidenz-Zuwachs von 1,8 % für Typ 1 und 4,8 % für Typ 2 (jeweils p < 0,001).

Die Analyse von Subgruppen ethnischer Zugehörigkeit zeigte teils große Unterschiede. So wuchs die Inzidenz des Typ-1-Diabetes unter Kindern und Jugendlichen mit lateinamerikanischen Wurzeln im Beobachtungszeitraum deutlich stärker an als unter der weißen Bevölkerung (jährlich 4,2 % vs. 1,2 %, p < 0,001). Auch beim Typ-2-Diabetes wurde die Entwicklung vor allem von Nicht-Weißen angetrieben. Unter den Weißen stieg die Inzidenzrate jährlich um lediglich 0,6 %, während der Zuwachs bei Schwarzen, Asiaten, Bewohnern pazifischer Inseln und amerikanischen Ureinwohnern deutlicher ausfiel (jeweils p < 0,05). Die jährliche Steigerungsrate war bei den Kindern und Jugendlichen mit lateinamerikanischen Wurzeln niedriger als bei den Ureinwohnern (3,1 % vs. 8,9 %, p < 0,01).

Kommentar

Die Inzidenzzahlen zeigen in den westlichen Industrienationen lineare Steigerungsraten. Auffällig ist, dass die für Deutschland geschätzten Trends für den Typ-1-Diabetes nah bei den neuen US-Zahlen liegen: 2010 wurde für Deutschland eine Inzidenz von 20/100.000 geschätzt, in den USA kommt die vorliegende Studie für 2012 auf 21,7/100.000. Diese Entwicklung gefährdet die Gesundheit der Bevölkerung und treibt die Folgekosten in die Höhe. Die Daten für den Typ-2-Diabetes sind in den USA dramatisch. Für 2012/2013 ergab sich unter Kindern und Jugendlichen eine Inzidenz von 12,5/100.000. In Deutschland wird sie für das Jahr 2004 mit 2,4/100.000 angegeben, wenn auch mit klarem Aufwärtstrend.

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Sowohl bei den Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes — allen voran Übergewicht — als auch bei der Manifestation sieht es hierzulande noch etwas weniger schlimm aus. Trotzdem sind die Zahlen aus den USA ein Alarmsignal, auch weil Amerika häufig der „Schrittmacher“ gesundheitlicher Entwicklungen ist. Wir brauchen präventive Strategien.