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Prof. Dr. med. Hermann S. Füeßl, München

Bislang herrschte die Meinung vor, dass die körperliche Aktivität erst mit der Pubertät abnehmen würde. Tatsächlich passiert das offensichtlich bereits viel früher. In einer longitudinalen Kohortenstudie aus Nordost-England wurde die Aktivität von 545 repräsentativ ausgewählten Kindern mittels eines Akzelerometers über 5-7 Tage hinweg untersucht, und zwar jeweils im Alter von 7, 9, 12 und 15 Jahren.

Ausgehend vom Niveau im Alter von 7 Jahren kam es sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen zu einer kontinuierlichen Abnahme der körperlichen Aktivität bis auf etwa die Hälfte des Ausgangswerts. Diese Entwicklung war unabhängig davon, wie hoch die Ausgangsaktivität war. Während diese Abnahme bei den Mädchen ziemlich homogen war, fand sich bei den Jungen eine Untergruppe, die mit 7 Jahren ein hohes Niveau hatte und dieses über die Jahre hinweg beibehalten konnte. Hier handelt es sich möglicherweise um Jungen aus Sportvereinen, was aber in der Analyse nicht erfasst wurde.

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Nur wenige Jungen können eine hohe körperliche Aktivität bis ins Jugendalter hinein beibehalten.

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Kommentar

Über die Gründe für diese Entwicklung kann man nur spekulieren. Natürlich denkt man in erster Linie an die Anforderungen in der Schule und den Gebrauch elektronischer Medien. Aufgrund des Studiendesigns kann die Untersuchung hier keine schlüssigen Angaben machen. Unabhängig davon ist die Entwicklung aber höchst beunruhigend. Wenn körperliche Bewegung nicht bereits im Kindes- und Jugendalter so selbstverständlich ist wie tägliches Zähneputzen, so wird sie sich kaum von selbst im höheren Lebensalter einstellen. Das bedeutet, dass bereits bei den Kindern die Grundlage für die meisten kardiovaskulären Risikofaktoren gelegt wird.

Langfristig betrachtet wäre es besser, wenn zumindest ein Teil der Mittel, die für unseren stark ausgebauten Reparaturbetrieb von Koronarkranken aufgewendet werden, in die Förderung von Sport und Bewegung bei Kindern investiert würde. Wahrscheinlich passiert das aber nie. Wer interessiert sich schon für Ereignisse, die in 50 Jahren nicht eintreten. Geld ist damit kaum zu verdienen.