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Dr. med. Thomas Hoppen, Koblenz

In dieser multinationalen, doppelblinden, placebokontrollierten Studie wurden die Daten von 120 Patienten im Alter von 2–18 Jahren mit Dravet-Syndrom und pharmakoresistenten Anfällen analysiert. Sie bekamen randomisiert entweder eine orale Cannabidiol-Lösung in einer Dosis von 20 mg/kg KG pro Tag auf zwei Gaben aufgeteilt oder Placebo zusätzlich zu den Standard-Antiepileptika verabreicht. Der primäre Endpunkt war die Veränderung der Krampfanfall-Häufigkeit über einen 14-wöchigen Behandlungszeitraum, verglichen mit einer vorausgehenden vier Wochen dauernden Baseline-Periode.

Die mediane Frequenz von Krampfanfällen pro Monat sank von 12,4 auf 5,9 unter Cannabidiol, verglichen mit einer Abnahme von 14,9 auf 14,1 unter Placebo (p = 0,01). Der Prozentsatz der Patienten, bei denen die Therapie zu einer mindestens 50 %igen Reduktion der Krampfanfälle führte, betrug 43 % bei Cannabidiol und 27 % bei Placebo (p = 0,08). Die Häufigkeit der Anfälle aller Art wurde mit Cannabidiol signifikant reduziert (p = 0,03), allerdings kam es nicht zur Reduktion der nonkonvulsiven Anfälle. Der Prozentsatz der Patienten, die krampffrei wurden, betrug 5 % mit Cannabidiol und 0 % mit Placebo (p = 0,08).

Nebenwirkungen, die häufiger in der Cannabidiol-Gruppe auftraten als in der Placebo-Gruppe, waren Diarrhö, Erbrechen, Müdigkeit, Fieber, Somnolenz und Leberwertveränderungen. Die Studienabbruchrate war in der Cannabidiol- höher als in der Placebo-Gruppe. Todesfälle ereigneten sich nicht. Zusammengefasst ergab sich, dass Cannabidiol die Häufigkeit von Krampfanfällen bei Kindern und Jugendlichen mit Dravet-Syndrom über einen Zeitraum von 14 Wochen signifikant reduzierte, zugleich zeigte sich aber eine erhöhte Rate an Nebenwirkungen.

Kommentar

Unter den etwa 100 Cannabinoiden der Spezies Cannabis sativa sind das halluzinogene Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol, welches nicht halluzinogen ist, am besten untersucht. Medizinischer Cannabis ist ein aktuell heiß diskutiertes Thema, nicht nur bei therapieschwierigen Epilepsien, sondern auch bei Schmerzpatienten.

Kinder mit dem genetisch determinierten Dravet-Syndrom (fast immer ist das SCN1A-Gen betroffen) entwickeln sich normal, bis erste Krampfanfälle mit etwa sechs Monaten auftreten, oft im Zusammenhang mit hohem Fieber. Die Krampfanfälle werden stärker, während des 2. Lebensjahres verlangsamt sich die Entwicklung oder es kommt zu Rückschritten. Eine Herausforderung bei genetischen epileptischen Enzephalopathien ist die Entwicklung von Behandlungsoptionen, die auf den spezifischen genetischen Defekt ausgerichtet sind. Dies wäre auch für das Dravet-Syndrom eine gute Herangehensweise, da es ebenfalls eine „Single-Gene-Basis“ hat. Canabidiol ist allerdings alles andere als eine spezifische Behandlung für dieses Syndrom. Zudem dürfte das Wechselwirkungspotenzial von Cannabidiol auf die etablierten Begleitmedikamente, insbesondere durch die Wirkverstärkung, nicht unerheblich sein. Auch Fenfluramin könnte eine ernstzunehmende Alternative darstellen.

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Heiß diskutiert für verschiedenste Indikationen: Cannabis-Pflanze

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Wer jedoch Patienten mit Dravet-Syndrom betreut, sieht sich häufig mit frustrierenden Therapieüberraschungen konfrontiert. Cannabinoide stellen einen neuen und ernsthaften Therapieansatz dar — Hoffnung auch für oftmals verzweifelte Eltern in der Sorge um ihr schwer erkranktes Kind. Das Editorial von Samuel F. Berkovic zu dieser Studie stimmt euphorisch [N Engl J Med 2017; 376:2075–76], wenn es heißt: Diese Studie ist ein solider Beleg für die Verwendung von Cannabinoiden bei Epilepsie, der nun der Bestätigung bei weiteren Epilepsiesyndromen bedarf.