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Dr. med. Hartmut Koch, Vechta

Elf US-amerikanische akademische Tertiärzentren für Neonatologie präsentieren in einer aktuellen Studie ihre Daten aus den Jahren 2000–2011. Ausgewertet wurde der Lebensweg von 4.274 Frühgeborenen an der Grenze der Lebensfähigkeit von der 22. bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Der Zeitraum wurde in drei Epochen von jeweils vier Kalenderjahren unterteilt. Hinsichtlich des Ergebnisses gab es drei Gruppen: Überleben ohne Entwicklungsrückstand, Überleben mit Entwicklungsrückstand und Tod. Der Entwicklungszustand wurde im korrigierten Alter von 18–22 Monaten unter Nutzung der Bayley-II- beziehungsweise Bayley-III-Skala ausgewertet.

Das zentrale Ergebnis lautet: Die Erhöhung der Überlebensrate geht nicht mit einer Erhöhung der Rate von entwicklungsgestörten Kindern einher. Im Gegenteil: Diese Rate sinkt. Der Anteil überlebender Kinder stieg im Untersuchungszeitraum von 30 auf 36 %. Der Anteil von Kindern, die ohne Schädigung überlebt haben, erhöhte sich von 16 auf 20 %.

Allerdings ist nicht zu übersehen, dass die Zahlen bei Kindern aus der 22. Schwangerschaftswoche weiterhin ernüchternd sind: Von diesen Kindern haben nur 22 % eine aktive Behandlung erhalten. Insgesamt hat sich die Mortalität von etwa 97 % nicht geändert. Bei einer Gesamtzahl von 749 Frühgeborenen aus der 22. Schwangerschaftswoche haben nur 8 (etwa 1 %) ohne neurologische Schädigung überlebt. Hier ist auch keine Tendenz zur Besserung dieser Zahlen im Verlauf des 12-Jahres-Zeitraums festzustellen.

Ganz anders sieht es bei Kindern aus der 24. Schwangerschaftswoche aus. Hier haben in der letzten 4-Jahres-Periode 44 % der Kinder überlebt, davon 32 % ohne neurologische Schädigung.

Kommentar

Der Vorwurf, intensive Behandlung von extrem unreifen Frühgeborenen führe zwangsläufig zu einer Erhöhung der Quote behinderter Kinder, ist unbegründet. Kritisch muss allerdings berücksichtigt werden, dass bei der vorgelegten Untersuchung die Beurteilung der Kinder im Alter von 18–22 Monaten erfolgte. Viele der zu diesem Zeitpunkt als normal eingestuften Kinder werden allerdings Probleme in der Schule entwickeln. Ein weiteres Fazit ist offenbar, dass die Behandlung von Frühgeborenen aus der 22. Schwangerschaftswoche so gut wie aussichtslos ist. Die Verbesserung der Prognose geht im Wesentlichen auf die Kinder zurück, die in der 24. Schwangerschaftswoche geboren wurden.