Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist häufig mit anderen Komorbiditäten vergesellschaftet, unter anderem mit Substanzmissbrauch. Deshalb ist es wichtig zu wissen, ob es Wechselwirkungen zwischen Stimulanzien und harten oder weichen Drogen gibt.
Die Autoren führten eine systematische Literaturrecherche über mögliche gefährliche pharmokologische Interaktionen bei einem zeitgleichen Gebrauch von Stimulanzien und Alkohol beziehungsweise anderen Drogen durch. Medline, EMBASE und PsychINFO wurden über den Zeitraum von 1992–2014 nach entsprechender Literatur durchsucht. 20 Artikel, die die Eingangskriterien erfüllten, wurden ausgewertet: Stimulanzien, in therapeutischen Dosen eingenommen, führten in Kombination mit Alkohol zu keinen gefährlichen Nebenwirkungen. Bei der Kombination von Stimulanzien und Kokain kann es zu einem Verlust der euphorischen Wirkung des Kokains kommen sowie zu verstärkter Traurigkeit.
Kommentar
Eine oft gestellte Frage — vor allem der Eltern von Jugendlichen mit ADHS — in der Praxis lautet: Darf mein Sohn/meine Tochter abends Alkohol trinken trotz Einnahme von Retardpräparaten von Methylphenidat oder auch Amphetaminsulfat? Meist fragen die Eltern auch suggestiver: „Er darf doch nicht abends Alkohol trinken, oder?“ Nicht nur wir Ärzte müssen vermeiden (um nicht unsere Glaubwürdigkeit zu verlieren), der verlängerte pädagogische Arm der Eltern zu sein. Vielmehr gibt es keine Rationale, warum der mit Stimulanzien behandelte Jugendliche mit ADHS abends keinen Alkohol trinken sollte. Natürlich gibt es sicher viele andere Gründe dafür, einen regelmäßigen und auch übermäßigen Alkoholkonsum zu vermeiden.
Auch wenn die Studienlage dürftig ist, so weisen die wenigen vorhandenen Untersuchungen darauf hin, dass nicht die Medikation ein Hindernis für einen abendlichen Alkoholkonsum ist. Bei Jugendlichen mit ADHS besteht vielmehr ein zusätzliches Risiko der Impulskontrollschwäche, das dazu führen kann, dass eben nach einem Glas nicht Schluss ist, sondern der Alkoholkonsum grenzenlos wird. Eine bewährte Empfehlung von mir lautet also eher: dem Jugendlichen mit ADHS bei abendlichen Ausgängen noch eine zusätzliche Abenddosis mit Stimulanzien zu verabreichen. Der Jugendliche hat dann eine bessere Kontrolle darüber, wie viel er trinkt — und nicht selten ist dann sogar er derjenige, der seine Freunde nach Hause bringt!
Literatur
Barkla XM et al. Are there any potentially dangerous pharmacological effects of combining ADHD medication with alcohol and drugs of abuse? A systematic review of the literature. BMC Psychiatry 2015;15:270
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Füeßl, K. Stimulanzien vertragen sich mit Alkohol. Pädiatrie 28, 22 (2016). https://doi.org/10.1007/s15014-016-0704-0
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