figure 1

Dr. med. Kirsten Stollhoff, Hamburg

figure 2

Bei Jugendlichen mit ADHS ist aufgrund einer schwachen Impulskontrolle häufig nach einem Glas nicht Schluss.

© George Doyle / Stockbyte / Thinkstock

Die Autoren führten eine systematische Literaturrecherche über mögliche gefährliche pharmokologische Interaktionen bei einem zeitgleichen Gebrauch von Stimulanzien und Alkohol beziehungsweise anderen Drogen durch. Medline, EMBASE und PsychINFO wurden über den Zeitraum von 1992–2014 nach entsprechender Literatur durchsucht. 20 Artikel, die die Eingangskriterien erfüllten, wurden ausgewertet: Stimulanzien, in therapeutischen Dosen eingenommen, führten in Kombination mit Alkohol zu keinen gefährlichen Nebenwirkungen. Bei der Kombination von Stimulanzien und Kokain kann es zu einem Verlust der euphorischen Wirkung des Kokains kommen sowie zu verstärkter Traurigkeit.

Kommentar

Eine oft gestellte Frage — vor allem der Eltern von Jugendlichen mit ADHS — in der Praxis lautet: Darf mein Sohn/meine Tochter abends Alkohol trinken trotz Einnahme von Retardpräparaten von Methylphenidat oder auch Amphetaminsulfat? Meist fragen die Eltern auch suggestiver: „Er darf doch nicht abends Alkohol trinken, oder?“ Nicht nur wir Ärzte müssen vermeiden (um nicht unsere Glaubwürdigkeit zu verlieren), der verlängerte pädagogische Arm der Eltern zu sein. Vielmehr gibt es keine Rationale, warum der mit Stimulanzien behandelte Jugendliche mit ADHS abends keinen Alkohol trinken sollte. Natürlich gibt es sicher viele andere Gründe dafür, einen regelmäßigen und auch übermäßigen Alkoholkonsum zu vermeiden.

Auch wenn die Studienlage dürftig ist, so weisen die wenigen vorhandenen Untersuchungen darauf hin, dass nicht die Medikation ein Hindernis für einen abendlichen Alkoholkonsum ist. Bei Jugendlichen mit ADHS besteht vielmehr ein zusätzliches Risiko der Impulskontrollschwäche, das dazu führen kann, dass eben nach einem Glas nicht Schluss ist, sondern der Alkoholkonsum grenzenlos wird. Eine bewährte Empfehlung von mir lautet also eher: dem Jugendlichen mit ADHS bei abendlichen Ausgängen noch eine zusätzliche Abenddosis mit Stimulanzien zu verabreichen. Der Jugendliche hat dann eine bessere Kontrolle darüber, wie viel er trinkt — und nicht selten ist dann sogar er derjenige, der seine Freunde nach Hause bringt!