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Dr. med. Kirsten Stollhoff, Hamburg

Die Autoren untersuchten für ihre Studie 273 Kinder mit Lernschwierigkeiten, 57 Kinder mit unterdurchschnittlicher Intelligenz und 270 Kontrollkinder ohne Lernauffälligkeiten auf das Vorliegen einer ADHS. Die nonverbale Intelligenz und die Schulleistungen wurden über standardisierte Leistungstests erhoben (CFT 1, ELFE 1-6, WRT 2+, DE-Mat 2+), die ADHS-Symptomatik erfolgte über Befragung der Eltern anhand des Fremdbeurteilungsbogen FBB-ADHS.

Die Ergebnisse zeigen, dass 5 % der Kinder der Kontrollgruppe einem ADHS-Subtyp nach DSM-IV entsprachen. Gleiches gilt auch für Kinder, die eine Rechenschwäche aufwiesen. Hingegen erfüllten 20 % der Kinder mit einer Lese-/Rechtschreibschwäche sowie 20 % der Kinder mit unterdurchschnittlicher Intelligenz zusätzlich die Kriterien einer ADHS, überwiegend des unaufmerksamen Subtyps.

Die Autoren schließen daraus, dass Kinder mit Lese-/Rechtschreibstörungen und unterdurchschnittlicher Intelligenz ein deutlich erhöhtes Risiko für eine ADHS überwiegend des unaufmerksamen Subtyps haben. Bei einer Rechenschwäche besteht jedoch kein erhöhtes Risiko für eine ADHS

Kommentar

Schon aus früheren Arbeiten ist bekannt, dass Lernstörungen mit einer ADHS assoziiert sein können. Dabei werden je nach Untersuchungsmethode sehr schwankende Werte zwischen 20 und 50 % angegeben. Dies entspricht auch der Praxis: Nicht selten werden eine Lese-/Rechtschreibstörung oder Rechenschwäche vor der mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehenden ADHS übersehen. Aber auch umgekehrt wird bei einer bereits diagnostizierten Lernstörung nicht bemerkt, dass zusätzlich eine ADHS besteht. Bei fehlenden Fortschritten unter einer Lerntherapie sollte immer an diese Möglichkeit gedacht werden.

Methodisch zeigt die vorliegende Arbeit aber mehrere Schwächen: Die Intelligenz anhand eines CFT (Culture Fair Test) zu beurteilen, ist sehr umstritten. Gerade im CFT macht sich ein Aufmerksamkeitsdefizit negativ bemerkbar. So können unterdurchschnittliche Ergebnisse im CFT durchaus auch von einem Aufmerksamkeitsdefizit mit unterdurchschnittlichem Arbeitsgedächtnis und nicht aufgrund von Minderbegabung verursacht sein. Auch die Diagnose ADHS lediglich anhand eines von den Eltern ausgefüllten FBB-ADHS zu stellen, halte ich für sehr fragwürdig. Es entspricht weder den europäischen Leitlinien noch denen der Kinder- und Jugendärzte.

Von daher sagt die Studie lediglich aus, dass eine Leserechtschreibschwäche überdurchschnittlich häufig mit einem auffälligen von den Eltern durchgeführtem Rating im FBB-ADHS assoziiert ist.