So wie hier, haben sie wohl niemals zusammengestanden. Es ist die Fantasie des Künstlers, die diese fünf Frauen zu einem Gruppenbild vereint. Der Maler Max Beckmann hat jene Gefährtinnen auf der Leinwand verewigt, die sein Leben entscheidend geprägt haben - als Muse, Ehefrau, Geliebte oder Mäzenin. Nicht selten auch alles gleichzeitig in Personalunion.

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Max Beckmann: Großes Frauenbild (Fünf Frauen), 1935

Max Beckmann (1884-1950) gilt als einer der großen Wegbereiter der modernen Malerei im 20. Jahrhundert. Dabei gehörte er nie einer Malschule an, sondern blieb immer ein Einzelgänger. Anders als sein großes Vorbild und ebenso großer Rivale Pablo Picasso probierte er sich auch nicht immer wieder in neuen Stilrichtungen aus. Beckmann malte Zeit seines Lebens in jenem charakteristisch figürlichen Duktus, den er bereits sehr früh in seiner Laufbahn entwickelt hatte. Ähnlich wie das spanische Malergenie inszenierte er sich gerne als künstlerischer Kraftmensch und viriles Schwergewicht. Und ähnlich wie dieser benötigte er als Inspirationsquelle vor allem Frauen - und zwar möglichst schöne und möglichst viele.

Die wichtigsten hat er also nun in diesem Bild versammelt. Glänzend im Mittelpunkt steht, einen Fächer haltend, seine junge zweite Ehefrau, Mathilde "Quappi" Kaulbach, die Tochter eines berühmten Historienmalers, die er 1925 geheiratet hatte. Hinter ihr schaut mit etwas grimmigem Gesicht Dr. Hilde Melms hervor - Spitzname Naila. Sie war die Langzeitgeliebte Beckmanns, deren Konterfei in vielen seiner frühen Bilder auftaucht.

Die hagere Dame mit dem Bubikopf ist Käthe von Porada. Die gelernte Journalistin galt als die schönste Frau Frankfurts. Das sieht man ihr auf diesem Bild nicht unbedingt an. Aber Beckmann stand als Maler auch nicht eben in dem Ruf einer sonderlich schmeichelhaften Darstellungsweise. Käthes Aufgabe bestand im Wesentlichen darin, Beckmanns Ausstellungen zu kuratieren. Dass sie auch seine Geliebte war, versteht sich von selbst.

Von entscheidender Bedeutung ist vor allem die Frau links in dem gelben Kleid mit dem Pelzbesatz. Bei ihr handelt es sich um Lilly von Schnitzler. Sie war verheiratet mit dem Chef der Fabrik IG Farben. Das machte sie sehr reich und sehr einflussreich. Lilly war Beckmanns wesentliche Mäzenin, die ihn finanziell großzügig unterstützte und ihn auch politisch in den 1930er-Jahren lange Zeit vor den Nazis schützte. Dass diese ihn trotzdem als "entartet" einstuften und ins Ausland vertrieben, ist nicht weiter verwunderlich. Das taten sie eigentlich mit allen guten Künstlern. Man muss es wahrscheinlich nicht unbedingt betonen: Auch Lilly war eine vom Beckmanns Geliebten.

Vorne rechts im Bild findet sich kniend Minna Beckmann-Tube. Sie war Beckmanns erste Ehefrau und in ihrer Jugend ebenfalls eine sehr talentierte Malerin. Das allerdings war dem Meister nicht unbedingt recht. Malerstar durfte es in der Familie nur einen geben. Daher wechselte Minna kurzfristig das Genre und wurde eine gefeierte Opernsängerin. Den Kontakt zu ihr hielt Beckmann auch, nachdem er die 20 Jahre jüngere Quappi Kaulbach geheiratet hatte. Im Ehevertrag ließ er sogar festschreiben, dass er mit seiner ersten Frau auch weiterhin die Urlaube verbringen darf.

Minna hält einen kleinen Spiegel in der Hand, in dem dann - endlich - derjenige erscheint, um den sich letztendlich alles dreht: Max Beckmann. Im Gegensatz zu vielen seiner opulenten Selbstporträts stellt er sich hier sehr diskret und wohltuend zurückgenommen dar. Im Mittelpunkt stehen ganz klar die fünf Frauen und damit auch eine Botschaft, die heute fast schon zu einer Binse geworden ist: Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. Bei Max Beckmann waren es sogar fünf.