In der prospektiven Studie FIRES haben Forscher Sensitivität und negativen prädiktiven Wert der Kartierung von Wächterlymphknoten (WLK; primärer Endpunkt) bei Patientinnen mit Endometriumkarzinom (EC) im klinischen Stadium 1 ermittelt. An der Studie nahmen 385 Patientinnen im medianen Alter von 63 Jahren und mit einem durchschnittlichen Body-Mass-Index von 33,4 kg/m2 teil. In die Ektozervix wurde jeweils bei 3 und 9 Uhr bis zu einer Tiefe von 1 cm der Farbstoff Indocyanin-Grün injiziert. Nach der robotergestützten Kartierung mithilfe eines Da-Vinci-Si- oder -Xi-Systems erfolgte bei 340 Frauen eine komplette pelvine Lymphonodektomie (LNE). Nur bei etwas mehr als der Hälfte (58 %) wurden paraaortale Lymphknoten entfernt. Die paraaortale LNE wurde bei 74 der 100 Patientinnen vorgenommen, bei denen ein hochgradiger Tumor diagnostiziert worden war.

41 Patientinnen (12 %) hatten ein metastasiertes EC, nachgewiesen anhand der WLK oder der durch LNE erhaltenen Proben. Bei 84 % der 340 Patientinnen entfernten die Chirurgen mindestens zehn Lymphknoten. Jeweils mindestens einen positiven WLK identifizierten sie bei 86 %. 888 WLK wurden mithilfe der Färbemethode lokalisiert. 36 der 293 Patientinnen mit mindestens einem positiven WLK hatten Metastasen in weiteren Lymphknoten, 35 (97 %) von ihnen wurden anhand der WLK korrekt diagnostiziert. Es ergab sich eine Sensitivität für die Sentinellymphknotenbiopsie beim Nachweis einer Lymphknotenmetastasierung von 97,2 % (95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 85–100 %). Bei 257 der 258 Frauen mit negativen WLK waren alle anderen Lymphknotenbiopsien ebenfalls negativ. Der negative prädiktive Wert liegt demnach bei 99,6 % (95%-KI 97,9–100 %).

Kommentar

Man mag kaum glauben, dass dieses prima vista hervorragende Ergebnis von Operateuren erzielt wurde, von denen 90 % vor der Studie keine Erfahrung mit Sentinellymphknotenbiopsien hatten. Auch auf den zweiten Blick bleibt eine Reihe von Vorbehalten:

  • Die „kompletten“ LNE erfolgten nach US-amerikanischem Standard, also in der Regel nur bis zur Arteria mesenterica inferior.

  • Es wurden im Mittel nur 19 Lymphknoten entfernt.

  • 72% der Patientinnen hatten ein EC mit niedrigem Rückfallrisiko (Low-Risk-EC).

  • Die Patientinnen mit hohem Rückfallrisiko (High-Risk-EC), die ja am häufigsten Lymphknotenmetastasen, insbesondere in der hohen Paraaortalregion haben, sind selbst nach Ansicht der Forscher in der Studie ungenügend berücksichtigt.

  • Bei 14 % der Patientinnen (n = 47) konnte kein WLK dargestellt werden. Hiervon hatten fünf Frauen in der kompletten LNE Lymphknotenmetastasen.

  • In 40 % der Fälle hätte bei nur einseitigem Nachweis eines WLK eine halbseitige komplette LNE durchgeführt werden müssen.

Wir wissen, dass Patientinnen mit einem Low-Risk-EC nicht von einer LNE profitieren. Da bei Low-Risk-EC die LNE keinen Nutzen hat, ist hier auch die Sentinellymphknotenbiopsie überflüssig. Bei den High-Risk-EC wissen wir noch nicht, ob eine wie auch immer geartete LNE das Überleben der Patientinnen verbessert. Für diese Frauen ist die FIRES-Studie selbst nach Ansicht von Emma C. Rossi und Kollegen unzureichend.

Zurzeit laufen große randomisierte Studien, die den Nutzen eines diagnostischen Lymphknotensamplings (STATEC-Studie) beziehungsweise einer systematischen therapeutischen Lymphonodektomie (ECLAT-Studie) klären sollen. Wenn die STATEC- und ECLAT-Studien zeigen sollten, dass eine LNE bei diesen Frauen keinen Überlebensvorteil bringt, wäre eine Sentinellymphknotenbiopsie ebenfalls überflüssig.

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Prof. Dr. med. Günter Emons