Wie schnell das Schicksal zuschlagen kann, zeigte sich bei einem Ärztekongress in Ägypten: Inmitten seiner Kollegen erlitt ein deutscher Kollege einen tödlichen Herzinfarkt. Der verstorbene Mediziner hinterließ eine Frau und vier schulpflichtige Kinder.

Zum menschlichen Drama kommt in solchen Fällen oft ein zweites: Die Witwe ist zahlungsunfähig — trotz genügend Geld auf dem Konto. Es fehlen die (Bank-)Vollmachten. Freiberufler und Praxisinhaber hinterlassen oft ein berufliches Chaos, wenn sie verunglücken oder plötzlich schwer erkranken. In Industrieunternehmen gibt es für solche Fälle einen Notfallordner. Den sollten auch Ärzte anlegen und mit allen wichtigen Verträgen, Verfügungen und Vollmachten ausstatten. Auch eine sorgfältig und klar formulierte Patientenverfügung darf keinesfalls fehlen. Wer, wenn nicht Ärzte sollten in der Lage sein, detailliert darzulegen, welche medizinischen Maßnahmen sie im Falle einer unheilbaren Erkrankung oder eines Komas wünschen — und welche nicht. Ebenso sollten ein etwaiger Ehevertrag und das Testament in dem Notfallordner deponiert sein. Dann können Erben schnell ermittelt werden und sind handlungsfähig.

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Neun von zehn Ärzten machen sich zu Lebzeiten keinerlei Gedanken über die „letzten Dinge“.

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Unternehmer-Vollmacht ist Pflicht

Eine Unternehmer-Vollmacht ist für niedergelassene Ärzte Pflicht. Diese ermächtigt Ehepartner oder Nachkommen, einen Stellvertreter für die Praxis einzusetzen, wenn der Mediziner beispielsweise nach einem Unfall im Koma liegt und auf unbestimmte Zeit ausfällt. So laufen die Geschäfte weiter und die Existenz ist gesichert.

Sinnvoll ist auch eine Telefonliste mit Nummern wichtiger Dienstleister, des Versorgungswerks und der zuständigen Ärztekammer. Auch Kredite, Leasingverträge, Versicherungen, Jahresabschlüsse und Privatdarlehen sollten kopiert im Notfallordner liegen. „Schlussendlich sind Listen mit Passwörtern, PIN-Nummern, Bankschließfächern sowie Unterlagen zu Immobilien (soweit vorhanden) hilfreich, um die Notsituation ohne wirtschaftlichen Schaden zu überstehen“, verdeutlicht Markus Sobau, Mannheim, Erbschaftsplaner und Generationenberater mit IHK-Zertifikat. Doch die Realität sieht anders aus: „Viele Ärzte sammeln Dokumente erst, wenn die Nachfolge für die Praxis ansteht“, bedauert Sobau. Er berät seit Jahren Mediziner und beobachtet, dass 90 % der niedergelassenen Ärzte bis dahin keinerlei Vorsorge treffen.

Das Bewusstsein für die eigene Sterblichkeit fehlt

Meist fehlt das Bewusstsein für die eigene Endlichkeit: „Die Praxisinhaber setzen sich nicht damit auseinander und ahnen nicht, was sie damit anrichten“, so der Finanzwirt. Besonders verheerend wirkt sich die versäumte Vorsorge auf Gemeinschaftspraxen aus. Etliche firmieren als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR). Fehlt im GbR-Vertrag allerdings der Zusatz „Beim Tod eines Gesellschafters gehen dessen Anteile an die Erben über“ — erlischt die Gesellschaft mit dem Tod eines Partners. Rechtsanwalt Heinrich Meyer-Götz aus Dresden skizziert die Folgen: „Sämtliche Miet- und Leasingverträge sind dann fällig und gehen auf die lebenden Partner über.“ Jeder Arzt haftet dann mit seinem Privatvermögen persönlich und unmittelbar.

In einem anderen Beispiel schlägt die Witwe eines Arztes das Erbe aus. Denn ihr Mann hatte kurz vor seinem Unfalltod seinen Mietvertrag um zehn Jahre verlängert. 3.000 € Praxismiete monatlich sind in Summe 360.000 €. Das war der Frau zu viel und stand wohl in keinem Verhältnis zum Erbe. Eine Klausel zum Tod wäre hier hilfreich gewesen, erklärt Meyer-Götz.

Übrigens muss die Notfallakte nicht zwingend in Papier vorliegen. Das Zentralregister der Bundesnotarkammer speichert diese auch digital. Dort können Ärzte entweder über einen Notar oder direkt beglaubigte Kopien hinterlegen lassen. Für rund 40 € kann jeder bei der Bundesnotarkammer seine Dokumente speichern und erhält einen Ausweis mit einer Telefonnummer für Notfälle.