Diagnose und Ätiologie

Ein Hamartom ist eine embryonale Entwicklungsstörung, bei der es zu einer überschießenden Bildung und abnormen Zusammensetzung von üblicherweise in einem Gewebe vorkommenden Zellen und Strukturen kommt — häufig dominiert eine Komponente. Das Wachstum eines Hamartoms ist nicht autonom, sondern folgt dem des umgebenden Gewebes. Das Glattmuskelhamartom der Haut wurde erstmals von Stokes et al. 1923 beschrieben, die Pathogenese ist nicht vollständig geklärt. Diese überschießende Glattmuskelbildung geht von ortsständigem Muskelgewebe aus wie der glatten Muskulatur der Mm. arrectores pilorum oder der Gefäßwände, genital entspringt es den Glattmuskelanteilen der Vulva, Mamille sowie der Dartos-Faszie. In der Regel besteht zusätzlich eine Vermehrung von umliegendem Gewebe wie Nervenbündeln sowie Adnexen. In circa 40 % der Fälle kommt es zu einer zahlenmäßigen Vermehrung von Haarfollikeln.

Spätmanifeste Varianten wie bei unserer Patientin sind seltener und wurden in Assoziation mit einem Becker-Nävus beschrieben beziehungsweise als Becker-Nävus fehlinterpretiert. Das späte Sichtbarwerden erklärt sich möglicherweis daraus, dass die Herde klein und asymptomatisch sind und häufig als Zufallsbefunde entdeckt werden. Es könnte sich dennoch um angeborene Varianten handeln, die erst durch das entsprechende Körperwachstum sichtbar in Erscheinung treten. Klinisch imponieren beim Glattmuskelhamartom — analog den Becker-Nävi — hautfarbene oder leicht hyperpigmentierte Plaques mit Hypertrichose, seltener Makulae mit perifollikulären Papeln (Abb. 1). Typisch ist eine durch die übermäßige Glattmuskelbildung bedingte Induration der Haut. Teilweise kann das Pseudo-Darier-Zeichen (vorübergehende Induration der Haut bei Reibung durch die Kontraktur der Musculus arrectores pilorum) ausgelöst werden, das auf die funktionierende neuronale Komponente des Hamartoms hinweist. Prädilektionsstellen sind — wie bei den Becker-Nävi — die proximalen Extremitäten oder der Körperstamm.

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Glattmuskelhamartom in volarer Haut

© Monica Schüürmann

Die Erkrankung wird leicht übersehen und ist wahrscheinlich häufiger als die berichtete Prävalenz von 1/1.000–1/2.700. Die Diagnose wird zumeist erst histologisch gestellt. Hier zeigen sich unscharf begrenzte, dermale Bündel glatter Muskulatur in einem fibrosklerosierten Stroma. Da in volarer Haut Haarfollikel und entsprechend Mm. arrectores pilorum fehlen, sind Herde an Fingern und Zehen wie bei unserer Patientin ungewöhnlich und selten beschrieben. Hier entsteht das Hamartom — wie bei unserer Patientin — aus Anteilen der Gefäßwandmuskulatur. Eine Hypertrichose in volaren Herden fehlt entsprechend immer.

Therapie

Eine Therapie ist nicht notwendig, störende Herde können exzidiert werden. Klinische Differenzialdiagnosen umfassen Bindegewebsnävi und Leiomyome sowie bei pigmentiertem Befund kongenitale Nävi, Mastozytome und insbesondere Becker-Nävi.

Die meisten der klinischen Differenzialdiagnosen lassen sich gut anhand der differenten Histologie unterscheiden. Die klinische sowie histologische Abgrenzung eines Becker-Nävus dagegen ist aufgrund vieler Überlappungen problematischer. Bedingt durch die histologischen Ähnlichkeiten (Glattmuskelvermehrung, Hyperkeratose sowie Papillomatose), vermuten einige Autoren, dass es sich um überlappende Krankheitsbilder handeln könnte. Aufgrund des späteren Manifestationszeitpunktes des Becker-Nävus in der ersten bis zweiten Lebensdekade wird dies von anderen Autoren angezweifelt. Zudem nehmen die Hyperpigmentierung, Induration sowie Hypertrichose beim erworbenen Glattmuskelhamartom im Gegensatz zum Becker-Nävus im Laufe der Jahre ab. Elektronenmikroskopische Studien wiesen zudem beim Glattmuskelhamartom ein abnormal angeordnetes Myofilamentmuster nach, das beim Becker-Nävus fehlt.

Die Histologie unserer Patientin zeigte keine Hinweise auf einen vorbestehenden Becker-Nävus. Zudem fehlten eine Hyperpigmentierung sowie lokalisationsbedingt eine Hypertrichose.

Inwiefern es sich beim Glattmuskelhamartom und Becker-Nävus um Varianten eines fließenden Krankheitsspektrums handelt, bleibt unklar.

Fazit

Glattmuskelhamartome kommen auch in volarer Haut vor und entspringen hier zumeist der ortsständigen Gefäßmuskulatur. Häug werden sie, insbesondere am Körperstamm, als Becker-Nävus fehlinterpretiert. Ob es sich um Varianten eines fließenden Krankheitsspektrums handelt, bleibt unklar. Eine Therapie ist nicht notwendig, bei klinisch störendem Befund kann eine Exzision erfolgen.