Aurikulomedizin sichtbar aus dem Weltall: Die große Ohrmuschel im Salzsee Lop Nor

Im Nordwesten Chinas in der autonomen Region Xinjiang liegt im Tarim Becken der Takla Makan Wüste der ausgetrocknete Salzsee Lop Nor, wie er auf mongolisch heisst — auf chinesisch wird er Da Er Duo: Grosse Ohrmuschel genannt.

Mittels Carbon-14 Datierung konnten chinesische Wissenschafter feststellen, dass in dieser extrem trockenen Gegend bis 1970 während 20 000 Jahren ein See wechselnder Dimension existiert hat. Angeblich hat Marco Polo die Lop Wüste durchquert, der russische Zentralasien-Forscher Nikolai Przewalski glaubte 1876 den Lop Nor See entdeckt zu haben, der deutsche Geograph Freiherr Ferdinand von Richthofen konnte nachweisen, dass es sich in Wirklichkeit um den See Karakoshun handelte. Erst 1901 erreichte der Schwede Sven Hedin den richtigen Lop Nor See, der damals noch 130 km lang und 80 km breit war. Bedeutende archäologische Fundstätten (Xiaohe, Loulan u.a.) wurden in der Gegend von Lop Nor entdeckt (siehe Editorial 3/14: „Die Mumien von Taklamakan“).

1971 veröffentlichte die NASA Satellitenaufnahmen des ausgetrockneten Lop Nor Sees, in welchem Salzkrusten die Form eines riesigen Ohres gebildet haben. Deshalb könnte man auch sagen, dass Aurikulomedizin sogar aus dem Weltall sichtbar ist. Daher heisst der ausgetrocknete Salzsee heutzutage auf chinesisch: Da Er Duo, grosse Ohrmuschel.

Seit 1920, als die dort ansässigen Uiguren nach einer Pestepidemie geflohen waren, wird die Gegend von Lop Nor ausser von wilden Kamelen nicht mehr permanent bewohnt. Für China ist Xinjiang jedoch von grosser militärischer, wirtschaftlicher und politischer Bedeutung: Zwischen 1964 und 1996 wurden in Lop Nor unter- und oberirdische Nukleartests durchgeführt. Im Seebecken befinden sich Lagerstätten von Erdöl, Erdgas, Kohle, Eisen, Kupfer und Gold, vor allem aber wird gegenwärtig in grossem Ausmass Kali-Dünger abgebaut — Produktionsziel für 2014: 3 Millionen Tonnen. In Xinjiang (Hauptstadt Urumqi) leben 8,8 Millionen türkisch-mongolisch stämmige Uiguren, die dem sunnitischen Islam angehören. Sie wurden um 850 n.Chr. von den Kirgisen aus der mongolischen Steppe vertrieben und besiedelten als Nomaden die Gegend um Lop Nor. Politisch scheint die Gegend auch heute noch nicht zur Ruhe zu kommen.

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Satelliten Aufnahme der NASA: Salzkrusten im ausgetrockneten Lop Nor See (Autonome Provinz Xinjiang/China) in der Form einer grossen Ohrmuschel (chinesisch: Da Er Duo) free of copyright (Wikicommons)

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Dr. med. Andreas Wirz-Ridolfi