Eine aktuelle Untersuchung ging der Frage nach, ob die Zeitspanne, in der sich Gräserpollentabletten für die sublinguale spezifische Immuntherapie (SLIT) unter der Zunge auflösen, von klinischer Relevanz ist. Hierzu wurden Studiendaten zu zwei Gräserpollentabletten verglichen.

Wie In-vitro-Tests ergaben, setzen beide Produkte mehr als 85 % ihrer allergenen Aktivität innerhalb von wenigen Minuten frei: Bei der SLIT-Tablette mit Pollenallergenextrakten aus fünf Gräserarten erfolgt die Dissolution innerhalb von zwei Minuten und bei der Tablette mit Extrakten aus einer Gräserart innerhalb von ungefähr 15 Sekunden. Beide Zeiträume liegen innerhalb der Dauer von etwa fünf Minuten, welche für die Aufnahme der Allergene durch das Gewebe unter der Zunge benötigt wird; innerhalb der ersten Minute findet dabei aber nur eine geringfügige Absorption statt.

Die Potenz der Fünf-Gräser-Tablette ist gemessen in BAU („bioequivalent allergy units“) gegenüber der Ein-Gras-Tablette mehr als dreimal so hoch (9.000 BAU vs. 2.800 BAU). Dies geht jedoch nicht mit erhöhten Sicherheitsrisiken einher.

Die Wirksamkeit und Sicherheit beider Gräserpollentabletten sind in klinischen Studien gut dokumentiert. Für die Fünf-Gräser-Tablette konnte eine klinische Effektivität bereits im ersten Monat der Therapie aufgezeigt werden, für die Ein-Gräser-Tablette liegen hierzu keine Daten vor.

Fazit: Unterschiede in der in vitro gemessenen Dauer bis zur Dissolution einer Gräserpollentablette können nicht als Surrogat für die Bioverfügbarkeit in vivo dienen und lassen keine Schlussfolgerungen auf die Effektivität der SLIT in den empfohlenen Dosierungen zu. Eine extrem schnelle Dissolution einer Gräsertablette scheint nicht ausschlaggebend zu sein, um eine potente Immunantwort zu erzielen. Ein diskontinuierliches Anwendungsschema vor und während der Pollensaison, wie dies für die Fünf-Gräser-Tablette empfohlen wird, sei aber hinsichtlich Kosten und auch Adhärenz von Vorteil, so die Experten.