_ „Unerwünschte Arzneimittelwirkungen sind ein häufiger Grund für stationäre Aufnahmen in Kinderkliniken“, berichtete PD Dr. Hagen Ott, Hannover. Der Anteil allergischer Reaktionen werde etwa auf ein Drittel bis die Hälfte dieser Fälle geschätzt. Bei 4–10 % aller Kinder vermuteten deren Eltern eine Arzneimittelallergie. Bestätigt würde sie nur bei 6–16 % der daraufhin untersuchten Kinder, so Ott. Laut europäischem Anaphylaxieregister werden 3–5 % aller Anaphylaxien bei Kindern und Jugendlichen durch Arzneimittel ausgelöst, am häufigsten durch Antibiotika oder nicht steroidale Antirheumatika (NSAR).

Bei vielen Verdachtsfällen handelt es sich um infektionsbedingte Exantheme, ergänzte Prof. Knut Brockow, München. Außerdem ist eine Verwechslung — beispielsweise mit Masernexanthemen — häufig, so Ott.

Als wichtigen differenzialdiagnostischen Parameter zur Abgrenzung eines Exanthems gegenüber Anaphylaxie und Urtikaria nannte Brockow die zeitliche Dynamik, mit der die Hautläsionen erscheinen und wieder abklingen: Bei Anaphylaxie und Urtikaria entwickeln sie sich schnell und klingen innerhalb von höchstens zehn Stunden wieder vollständig ab. Ein arzneimittelbedingtes Exanthem dagegen baut sich innerhalb von einem bis zwei Tagen auf und ist oft auch nach vier Tagen noch deutlich erkennbar.

Die diagnostische Vorgehensweise entspricht bei Kindern und Jugendlichen in der Regel der Erwachsenendiagnostik, so Brockow. Da eine Intradermale Testung (IDT) schmerzhaft ist, solle diese möglichst streng indiziert werden. Die Sensitivität von Hauttests sei eher gering und eine Validierung Im Kindes- und Jugendalter fehle. Bei Sofortreaktionen seien sie aber weiterhin Standard.

Bei milden Spätreaktionen mit makulopapulösem Exanthem sei eine direkte Provokation mit dem verdächtigen Arzneimittel zu erwägen — bei schweren Exanthemen sei zunächst ein Hauttest und nur wenn dieser negativ ausfalle, eine Provokation ratsam. Dies ist häufig bei Penicillinallergien der Fall, erklärte Ott: Hauttestungen seien bei 90–95 % der Patienten negativ. Spanische Allergologen haben in einer prospektiven Studie gezeigt, dass Penicillinallergien im Kindes- und Jugendalter mit konventioneller Diagnostik nur unzureichend detektiert werden. Eine höhere Sensitivität könne dagegen mit einer mehrtägigen Provokation erreicht werden. Bis zu fünf Tage anhaltende Provokationen hätten sich als durchführbar erwiesen — ohne Anaphylaxien oder schwere verzögerte Reaktionen auszulösen [Ibáñez MD et al. Ann Allergy Asthma Immunol 2018;121: 235–44). Diese Vorgehensweise ist jedoch spezialisierten Zentren mit ausreichender Notfalllogistik vorbehalten, betonte Ott.

Bei gesicherter Arzneimittelanaphylaxie oder wenn diese zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, ist der Patient mit einem Anaphylaxiepass zu versorgen. Eine strikte Vermeidung des Auslösers ist dann essenziell. Gegebenenfalls kann eine Desensibilisierung erwogen werden.