Mit dem Begriff intrinsisches Asthma definierte Rackemann vor gut 100 Jahren erstmals eine sich vom allergischen Asthma unterscheidende Form der chronisch entzündlichen Atemwegserkrankung. Er beschrieb damit Asthmapatienten, die im Erwachsenenalter symptomatisch wurden, ganzjährig und nicht allergengetriggert Beschwerden hatten und zudem eine ausgeprägte eosinophile Entzündungsreaktion aufwiesen. Welche Entwicklung die Phänotypisierung der chronisch-entzündlichen Atemwegserkrankung seitdem durchlaufen hat, hat der Pneumologe Dr. Thomas Rothe, Chur, im Rahmen einer Literaturrecherche evaluiert.

Heute unterscheidet man eine Reihe unterschiedlicher phänotypischer Formen. Das intrinsische Asthma wird nun eher als „eosinophilic adult-onset asthma“ bezeichnet. Darunter wird eine nicht allergische Asthmaform zusammengefasst, die klinisch dem intrinischen Asthma sowie dem Asthma vom Drifter-Typ entspricht. Akute Bronchospasmen spielen hier eine untergeordnete Rolle. Dieser Phänotyp ist eher vom rasanten Zuschwellen der Mukosa in den oberen und unteren Atemwegen gekennzeichnet, ganz ohne exogene Triggerfaktoren. Die Betroffenen leiden unter einer belastungsbedingten Dyspnoe, die sich anders als beim belastungsinduzierten Asthma in Ruhe deutlich verbessert, und zeigen häufig eine Intoleranz auf Acetylsalicylsäure und nicht steroidale Antiphlogistika.

Für einen optimalen Therapieerfolg empfiehlt Rothe abgesehen von der Kontrolle der Inhalationstechnik und der Sicherstellung der Therapieadhärenz, den Phänotyp zu verifizieren und eine Überschneidung mit einer COPD auszuschließen. Ein differenziertes diagnostisches Vorgehen sei daher unerlässlich, so Rothe. Neben einer detailliert erhobenen Krankengeschichte brauche es dazu zwingend eine Allergietestung, einen Lungenfunktionstest, ein Differenzialblutbild sowie unter Umständen zusätzlich einen Metacholintest und die Messung der Stickoxid-Konzentration in der Atemluft (FeNO). Nur auf diesem Weg lasse sich eine phänotypspezifische Therapie gewährleisten, wie Rothe betont. Beim allergischen Asthma umfasse die phänotypspezifische Therapie neben Maßnahmen zur Allergenvermeidung, eine allergenspezifische Immuntherapie sowie die Gabe von Omalizumab, einem monoklonalen Antikörper gegen Immunglobulin E. Für Patienten mit „eosinophilic adult-onset asthma“ schwerer Ausprägung sind, wenn die erforderliche systemische Glukokortikoidtherapie Nebenwirkungen verursacht, die monoklonalen Antikörper gegen Interleukin 5, Mepolizumab und Reslizumab, eine wirksame Alternative.

Kommentar

Diese schöne Übersichtsarbeit zeigt überzeugend auf, wie die Differenzierung und Phänotypisierung des Asthma bronchiale die Tür zu einer gezielteren und pathophysiologisch orientierten Therapie öffnet. Während wir bis vor nicht allzu langer Zeit generalisierend von Asthma bronchiale sprachen und allenfalls noch zwischen „intrinsischem“ und „extrinsischem“ Asthma differenzierten, ist durch die Möglichkeiten der Phänotypisierung ein völlig neuer Blick auf die Erkrankung entstanden. Nicht nur, dass sich hieraus differenzierte diagnostische Pfade ableiten, auch die therapeutischen Optionen werden erweitert und sind zielgerichteter einsetzbar.

Es gibt wohl nichts, was unsere Sicht auf die chronisch-entzündlichen Atemwegserkrankungen wie Asthma bronchiale und chronische Rhinosinusitis/Polyposis nasi so nachhaltig beeinflusst hat wie die Differenzierung nach Phänotypen. Daher ist diese gut geschriebene Übersichtsarbeit auch in voller Länge lesenswert.

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Prof. Dr. Ludger Klimek