_ Zeitgleich zum Masernschutzgesetz tritt auch das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken in Kraft, das auch als „Apothekenschutzgesetz“ bezeichnet wird. Zwei Elemente bergen hier ein massives Konfliktpotenzial zwischen Apothekern und Ärzten:

  • Belieferung von Patienten mit Medikamenten aufgrund von Wiederholungsrezepten. In § 31 SGB V wird ein Abs. 1b eingefügt: „Für Versicherte mit einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung ..., die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verschreibungen für eine bis zu drei Mal zu wiederholende Abgabe ausstellen, die als solche zu kennzeichnen sind und die bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen durch Apotheken beliefert werden dürfen.“

  • Grippeschutzimpfung in der Apotheke. Ein neuer § 132i SGB V regelt: „Die Krankenkassen ... können mit Apotheken ... auf Landesebene Verträge über die Durchführung von Modellvorhaben ... zu Grippeschutzimpfungen in Apotheken mit dem Ziel der Verbesserung der Impfquote vereinbaren. In den Verträgen ... sind insbesondere die Voraussetzungen für die Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken sowie deren Durchführung, Vergütung, Abrechnung und Dokumentation zu regeln.“

Wir Ärzte sollten hier zunächst stutzig werden: In beiden Fällen wird Apothekern ein Eingriff in Handlungen gewährt, die bisher ausschließlich Medizinern vorbehalten waren.

Auf den ersten Blick sieht dies wie ein Kompetenzentzug aus. Wichtig ist aber, dass die eigentliche Kompetenz in ärztlicher Hand bleibt und dem Apotheker lediglich nach ärztlichem Ermessen die Möglichkeit eröffnet wird, quasi als Erfüllungsgehilfe des Arztes tätig zu werden. Diese Kompetenz müssen wir künftig aber auch konsequent entfalten. Damit dieser — für Vertragsärzte positive — Ansatz sich auch in der hausärztlichen Praxis in dieser Richtung auswirkt, bedarf es einer Strategie im Hinblick auf die Umsetzung der gesetzlichen Neuerungen.

MMW-KOMMENTAR

Die Möglichkeit, Wiederholungsrezepte auszustellen, gibt es bisher bereits im Bereich der Privatverordnung, und zwar im Wesentlichen in der nun auch für den gesetzlichen Bereich vorgesehenen Form. Auf den ersten Blick könnte sich diese neue gesetzliche Möglichkeit insbesondere bei der Versorgung von chronisch kranken Menschen negativ auswirken, wenn sie unkontrolliert die Möglichkeit erlangen, ihre Dauermedikamente bis zu dreimal auf dem gleichen Rezept über einen Zeitraum von einem Jahr verordnet zu bekommen.

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Apotheker können chronisch Kranke künftig bis zu einem Jahr mit Medikamenten versorgen.

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Entscheidend ist hier aber der Vorbehalt, dass die Ausstellung eines solchen Rezepts in der Verantwortung des Arztes liegt. So gesehen könnte diese neue Möglichkeit sogar durchaus zu einer bürokratischen Entlastung der Praxis führen, wenn das Personal nicht mehr in der bisher üblichen Form durch Rezeptbestellungen blockiert wird. Gleichzeitig bestünde die Möglichkeit, die notwendigen Kontrollen bei solchen Patienten mit dieser Neuerung sinnvoll zu verknüpfen. Aus ärztlicher Sorgfaltspflicht heraus könnte man die Ausstellung eines Langzeit-Wiederholungsrezepts von der Einschreibung in ein DMP oder der Vorstellung gemäß der Maßgabe der Chronikerleistungen nach den Nrn. 03 220/03 221 EBM abhängig machen. So würde man für eine bessere und gezielte Verlaufskontrolle bei gleichzeitiger bürokratischer Entlastung sorgen.

Ob die Kassen Verträge mit Apothekern oder deren Organisationen schließen und als Modellvorhaben Apotheker zu Impfenden gemacht werden, bleibt zunächst abzuwarten. Wichtig ist, dass Apotheker das nur machen dürfen, wenn man sie vorher ärztlich schult. Viele Apotheker werden sich auch überlegen, ob der Umsatz aus solchen Leistungen in Relation gesetzt werden kann zu den erhöhten Ausgaben für die Haftpflichtversicherung.

Im Vorfeld muss auch klar sein, dass der Apotheker die Kosten für eventuelle Folgeerkrankungen persönlich tragen muss. Hier wird eine ärztliche Leistung durch Nicht-Ärzte auf der Grundlage von Verträgen der Kassen mit nicht-ärztlichen Organisationen erbracht. Die Behandlung von Folgeerkrankungen, z. B. der nicht selten zu erwartenden Impfreaktion, ist dann Privatsache. Eine Privatrechnung an den Patienten oder ggf. direkt an den Apotheker dürfte in solchen Fällen eine „heilende Wirkung“ entfalten.