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Kratzwunden am Schädel eines Joggers.

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_ Ein 51-jähriger Jogger stellte sich mit zwei länglichen, ca. 20 cm langen Kratzwunden am Schädel vor, die nicht mehr bluteten. Er war gerade auf einem stark frequentierten Spazierweg in einem Naherholungsgebiet durch ein Wäldchen gelaufen, als er einen Schlag auf den Kopf gespürt hatte. Zunächst war er von einem Überfall ausgegangen, doch konnte er keinen Angreifer sehen. Erst beim Aufblicken gewahrte er einen äußerst aggressiven Rotmilan über sich in der Luft. Nicht weit entfernt konnte er auch einen relativ hoch gelegenen Horst auf einem starken Baum ausmachen.

Therapiert wurde lokal mit einer Wunddesinfektionslösung. Wegen der potenziellen Infektionsgefahr nahm der Patient zusätzlich fünf Tage lang Clindamycin 3 × 600 mg/d ein. Die Wunde heilte ohne Komplikationen ab.

Grundsätzlich können Jogger, die im Frühsommer in Waldrandgebieten und in Parks unterwegs sind, leicht zum Ziel von Greifvögeln werden, die ihre Brut verteidigen wollen. Männliche Rotmilane wiegen bis 1,1 kg, die Weibchen sogar bis zu 1,4 kg. Ihre Spannweite beträgt bis zu 180 cm, was per se schon einen imposanten Anblick darstellt. Wie auch die Habichte gehören Milane zu den üblichen Verdächtigen, der weitaus größere Teil der Angreifer sind aber Mäusebussarde, deren Lebensraum sich näher an Wohngebiete heran erstreckt.

Die Attacke erfolgt völlig lautlos, quasi wie aus dem Nichts. Meist fliegt der Raubvogel aber zunächst einen haarscharfen Scheinangriff über den Kopf des Läufers hinweg, um ihn aus seinem Revier zu vertreiben. Verletzungen durch die scharfen Krallen der Tiere kommen eher selten vor — meist in der Zeit von März bis Juni, wenn die Vögel brüten. Das Nest liegt dann meist in der Nähe eines Waldwegs.

Experten zufolge fliegen die Greifvögel immer den höchsten Punkt an, also den Kopf. Zur Prävention können Jogger also eine Kopfbedeckung wie Hut oder Mütze tragen. Beim Gewahrwerden eines Vogelangriffs sollte man sich möglichst groß machen, die Arme oder ggf. einen Nordic-Walking-Stock protektiv hochhalten und laut rufen. Spaziergänger und Wanderer werden seltener angegriffen, da sie aufgrund ihrer langsameren Bewegungen weniger gefährlich auf die Tiere wirken.