_ Fünf von neun Kriterien (nach Gunderson) müssen erfüllt sein, um eine BPS zu diagnostizieren, wie Dr. Peter Walcher, Klinik für Psychosomatik am Klinikum Christophsbad, ausführte:

  • Bestreben, reales oder imaginäres Alleinsein mit allen Mitteln zu verhindern, z. B. durch Klammern, „Handy-Terror“ oder ständiges Telefonieren

  • Instabilität zwischenmenschlicher Beziehungen mit Wechsel zwischen Idealisierung und Entwertung von anderen

  • Identitätsstörung mit instabilem, unsicherem Selbstbild mit wechselhaften Zielen und Werten

  • Impulsivität in mindestens zwei selbstschädigenden Bereichen, z. B. Substanzmissbrauch und rücksichtsloses Fahren, Handeln ohne Rücksicht auf Konsequenzen

  • Wiederkehrende Suiziddrohungen oder selbstverletzendes Verhalten

  • Affektive Schwankungen zwischen Euphorie, Depressivität, Angst oder Reizbarkeit ohne erkennbaren Grund

  • Chronisches Gefühl der Leere

  • Schwer kontrollierbare Wutausbrüche ohne triftigen Grund, laut werden, Gegenstände zerstören

  • Vorübergehende stressabhängige paranoide Vorstellungen oder dissoziative Symptome.

Drei Fragen führen auf die Spur

Mit drei Fragen kommen Sie in der Praxis einer BPS auf die Schliche, so Dr. Michael Fritzsch, Chefarzt der Klinik für Psychosomatik am Ostalb-Klinikum Aalen:

  1. 1

    Haben Sie aus kleinstem Anlass kaum aushaltbare Spannungszustände?

  2. 2

    Können Sie allein sein?

  3. 3

    Wie geht es Ihnen, wenn Sie sich im Spiegel sehen?

Die Lebenszeitprävalenz der BPS liegt bei etwa 3%. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Depression, Angst, Essstörungen und Sucht sind häufige Komorbiditäten. Ätiologisch spielen biopsychosoziale Faktoren eine Rolle wie negative Beziehungserfahrungen oder traumatische Erlebnisse, z. B. psychische Störungen der Eltern, Gewalt, Streit oder Abbruch von familiären Kontakten, Vernachlässigung oder Misshandlung.

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Instabiles Selbstbild — ein Borderline-Indiz.

© GARO / PHANIE / Science Photo Library (Symbolbild mit Fotomodell)

MBT: Beziehungen besser gestalten

Die Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT) setzt daran an, dass BPS-Patienten immer wieder in Konfliktsituationen schlittern, weil sie sich nicht in ihr Gegenüber hineinversetzen können. Oft vermuten sie, dass man ihnen Böses will. Viele haben schon Psychotherapien abgebrochen und machen die früheren Therapeuten schlecht.

Die MBT zielt darauf ab, das eigene Verhalten und das anderer Menschen zu interpretieren, d. h. sich selbst von außen zu sehen und andere von innen wahrzunehmen. Mentalisieren macht Verhalten verstehbar und ist die Basis dafür, sich selbst wahrzunehmen und Sensibilität gegenüber anderen zu entwickeln. Der Patient soll lernen, Beziehungen besser zu gestalten und Affekte zu regulieren.

Affekt-fokussierte Therapie

Die MBT ist sehr auf Affekte fokussiert. Der Therapeut nimmt als aktives Gegenüber wahr, versucht zu verstehen und spiegelt. Häufig interveniert er, indem er z. B. fragt: Was ist jetzt gerade passiert?

Der Therapeut sollte Modell sein für transparente, nachvollziehbare Emotionen, d. h. ruhig äußern, wenn er sich über etwas geärgert oder gefreut hat, oder auch sich entschuldigen, wenn er selbst einen Fehler gemacht hat. Er muss ein ausgewogenes Beziehungsangebot aufrechterhalten, auch wenn er vielleicht beschimpft wird. Der Patient muss sich angenommen fühlen, damit ein früher Therapieabbruch verhindert wird.