_ Die „Blueprint-Liste“ der WHO soll helfen, weltweit Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen zu priorisieren, um bei einer Epidemie besser vorbereitet zu sein. Als prominentes Beispiel steht Ebola seit Jahren auf dieser Liste. Doch 2018 warnte die WHO erstmals auch vor der „Krankheit X“ (Tab. 1). Damit gemeint ist, dass eine ernste internationale Epidemie durch ein unbekanntes Pathogen, das bislang nicht humanpathogen war, ausgelöst werden kann.

Tab. 1 Erkrankungen, bei denen ein hohes Epidemierisiko besteht [1]

Für Prof. Gerd Sutter vom Institut für Infektionsmedizin und Zoonosen der Universität München ist das nichts Ungewöhnliches. Die meisten Epidemien seien von Tieren ausgegangen. Das Pathogen hat sich dann durch Anpassung den neuen Wirt Mensch erschlossen. Das Gefahrenpotenzial hat allerdings durch die wachsende Weltbevölkerung und die immer größere Mobilität zugenommen. „Die ökologische Nische Mensch wird für Viren immer attraktiver“, sagte der Experte auf einer Podiumsdiskussion in München. Das Risiko kann aber auch von „alten Bekannten“ herrühren. So gibt es in freier Natur weiter „Urpocken“ mit hoher Diversität. Es sei nicht auszuschließen, dass auch diese sich wieder zu hochspezialisierten, hochpathogenen Erregern entwickeln.

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Seuchengefahr ist nach wie vor real.

© Obradovic / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Vorbereitung auf den Ernstfall

Das Beispiel Ebola zeigt, was sich ändern muss. Wie Sutter erläuterte, brach dieses hämorrhagische Fieber nach Übertragung vom Tier auf den Menschen lange nur lokal aus. Erst 2012 drang es in die Großstädte ein und geriet in Westafrika 2014 außer Kontrolle — aufgrund der Mobilität der Menschen mit Auswirkungen auf die ganze Welt. Es wurde zwar massiv und schnell reagiert, aber eigentlich hatte es schon seit Jahrzehnten Kandidatenimpfstoffe gegeben, die im Tiermodell wirksam waren, aber nicht weiter entwickelt worden sind. „Das ökonomische Problem der Impfstoffentwicklung für solche seltenen, aber potenziell dramatischen Epidemien müssen wir forciert angehen“, fordert Sutter. „Wir dürfen da nicht allein auf die freie Marktwirtschaft hoffen!“

Bundesweiter Forschungsschwerpunkt

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat im Jahr 2011 das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) gegründet. In ihm kooperieren Forschungseinrichtungen mit infektiologischem Schwerpunkt bundesweit und interdisziplinär [2]. Der Forschungsbereich „Neu auftretende Infektionskrankheiten“ konnte Impfstoffkandidaten für Ebola- und MERS-Viren mit auf den Weg bringen, und im Schwerpunkt „Neue Antibiotika“ entwickeln Wissenschaftler u. a. neue Methoden zur Therapie multiresistenter Keime.

Im Falle einer ausbrechenden Epidemie könnte auch die Gabe schützender Antikörper Menschenleben retten. Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts des DZIF konnten mit Hilfe adjuvantierter virusartiger Partikel in Kaninchen schnell solche funktionale Antikörper gegen Ebola erzeugen [3].