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Prof. Dr. med. H. Holzgreve Internist, München

_ Zwischen 2009 und 2012 wurden in Finnland 530 Patienten im mittleren Alter von 35 Jahren mit einer akuten Appendizitis, die nach klinischen und CT-Kriterien gesichert und unkompliziert war, in eine randomisierte Studie aufgenommen. 273 von ihnen wurden wie üblich operiert, während 257 mit Antibiotika behandelt wurden, nämlich zunächst drei Tage lang Ertapenem 1 g/d i.v. und dann über sieben Tage Levofloxacin 500 mg/d oral und Metronidazol 3 × 500 g/d. Der Verlauf wurde über fünf Jahre beobachtet.

Die Appendizitis-Rezidivrate betrug im ersten Jahr 27,3% und stieg bis zum fünften Jahr auf 39,1%. Bis zum Ende der Studie blieben also über 60% der Patienten von einer zweiten Appendizitis verschont.

85 Patienten aus der Antibiotikagruppe wurden wegen eines Rezidivs operiert. Von ihnen hatten 76 eine unkomplizierte und 2 eine komplizierte Form. 7 hatten keine Appendizitis. Die Rate der Gesamtkomplikationen (Wundinfektion, Hernien, abdominelle Schmerzen und Ileussymptome) lag bei Appendektomie bei 24,4% und bei Antibiotikatherapie bei 6,5%.

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KOMMENTAR

Es handelt sich um eine methodisch exzellente Studie mit Nachbeobachtung über fünf Jahre bei allen 530 Patienten; lediglich drei von ihnen verstarben in dieser Zeit an Studien-unabhängigen Ursachen. 60% der mit Antibiotika behandelten Patienten hatten innerhalb von fünf Jahren keine Rezidive — und deutlich weniger Komplikationen. Deshalb folgern die Autoren, dass die Antibiotikatherapie bei unkomplizierter Appendizitis eine Alternative zur Operation ist.

Obwohl es mehrere Studien mit ähnlichem Ergebnis gibt, darf man bezweifeln, dass dies in die Praxis umgesetzt wird. Die Notwendigkeit zur chirurgischen Behandlung einer Appendizitis sitzt so tief in den Köpfen von Chirurgen, Ärzten und Patienten, dass eine nicht-operative Alternative erst gar nicht erwogen werden. Doch ist es beruhigend zu wissen, dass in schwierigen Situationen (z. B. Schiffsreise, Auslandsurlaub, private und berufliche Unabkömmlichkeit) die Antibiotikatherapie eine vertretbare Alternative ist. Was bei meiner zukünftigen Appendizitis gemacht wird, hängt davon ab, ob ich einen Chirurgen oder einen Internisten/Infektiologen um Rat frage.