_ Wer mehr als zwei Jahrzehnte das 40- bis 50-köpfige Schriftleitergremium einer medizinischen Fachzeitschrift leitet, der vollbringt eine Herkules-Leistung. Um es in Zahlen zu fassen: Etwa 900 MMW-Ausgaben sind unter Hermann Füeßls Regie erschienen, 5.000 Fortbildungsmanuskripte über seinen Schreibtisch gegangen. Unzählige Editorials, Kongressberichte, Fortbildungsbeiträge und Literaturreferate hat er verfasst.

Rudern gegen den Strom ...

Ärztliche Fortbildung sei wie Rudern gegen den Strom, so lautet sein Credo: Wer nachlasse, der treibe zurück. Nachgelassen hat er selbst nie: Füeßl ruderte nahezu täglich, oft bis spät in die Nacht hinein. Angetrieben vom Bestreben, medizinisch immer auf dem neuesten Stand zu sein. Eine nützliche Sucht für seine Patienten und die Leser der MMW.

Hermann Füeßl ist ein Allrounder in der Medizin. Er studierte Medizin in Würzburg und München, promovierte 1976 an der TU München und begann anschließend seine klinische Laufbahn als wissenschaftlicher Assistent an der medinischen Poliklinik der LMU München.

Nach einem zweijährigen Forschungsaufenthalt in London absolvierte er 1987 die Facharztprüfung, habilitierte 1988, erlangte 1989 die Teilgebietsbezeichnung Gastroenterologie und wurde 1994 zum Professor für Innere Medizin an der LMU München ernannt. Von 1992 bis 2014 leitete Füeßl die Abteilung Innere Medizin und das Zentrallabor am Bezirkskrankenhaus Haar, heute kbo-Isar-Amper-Klinikum München-Ost.

1995 stieg Füeßl bei der Münchener Medizinischen Wochenschrift ein. Seither bewältigte er mit klinischer Arbeit und Schriftleitertätigkeit gewissermaßen zwei Ganztagsjobs zugleich.

figure 1

Prof. Dr. med. Hermann Sebastian Füeßl

Schon bald kamen erste Herausforderungen: Die Zeitschrift musste sich wandeln vom wissenschaftlichen Publikationsorgan mit Originalia-Teil zur Fortbildungszeitschrift der niedergelassenen Ärzteschaft. „MMW“ und „Fortschritte der Medizin“ wurden fusioniert, ebenso die Schriftleitungen.

Fokus auf der ärztlichen Praxis

Die kontinuierliche Feinjustierung auf die veränderten Informationsbedürfnisse in der ärztlichen Praxis brachte einen anderen Rhythmus mit sich. Die Beiträge mussten deutlich kürzer und ganz anders gestaltet werden. Füeßls große Gabe liegt darin, sich in die Zielgruppe der MMW hineinversetzen zu können.

Er wirbelte mit dem Taktstock und es gelang ihm, Facharzt-Ordinarien davon zu überzeugen, nicht neueste Forschungsresultate zu berichten, sondern jene Themen des Faches darzulegen, die in der Praxis eine Rolle spielen. Zusammen mit der Redaktion dirigierte er den Wandel erfolgreich und meisterte den Spagat zwischen wissenschaftlichem Profil und Fokussierung auf das praktisch Relevante.

Beiträge aus Füeßls Feder sind Lese-Hits. Besonders beliebt sind seine Literaturreferate — er referiert Ergebnisse knapp, kommentiert spitz und oft auch mit Humor, ordnet ein.

Hermann Füeßl ist verheiratet, hat drei Töchter, die alle Ärztinnen geworden sind. Er ist kulturell sehr interessiert, musiziert, treibt viel Sport, joggt, fährt Fahrrad und spielt Tennis.

Der Blick fürs Wesentliche

Wer ihn näher kennt, schätzt besonders seinen Humor, seine Sprachgewandtheit, die Belesenheit, den ungeheuren Fleiß und Schaffensdrang. Als Arzt ist er erfahren und einfühlsam. Kollegen und Patienten profitieren von seiner evidenzbasierten Herangehensweise an medizinische Probleme, den Blick für das Wesentliche, die Ablehnung des Unnötigen.

Im Januar 2019 wurde Hermann Füeßl 70 Jahre alt. Mit den Nächten am Computer soll nun Schluss sein. Vier Nachfolger, interdisziplinär aufgestellt, nehmen fortan die Geschäfte der Schriftleitung in die Hand. Füeßl wird die MMW als Ehrenherausgeber begleiten. Redaktion und Leserschaft hoffen freilich weiterhin auf gelegentliche Beiträge von Hermann Füeßl.