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Was sagt der Klopfschall?

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_ Hat der Patient, der mit Bauchschmerzen in die Notaufnahme kommt, eine Appendizitis? Hat er eine akute Pankreatitis? Wie gefährdet ist er — muss man ihn an einen Monitor anschließen? Um Fragen wie diese zu beantworten, wurden Systeme erfunden, in denen Punkte für das Vorhandensein einzelner Merkmale vergeben werden. Am Ende wird ein Summenscore gebildet, der aussagen soll, wie wahrscheinlich die jeweilige Diagnose zutrifft oder eben nicht.

Scores nicht unkritisch einsetzen

PD Markus Wehler vom Klinikum Augsburg erklärte, was solche Scoresysteme leisten können. Dass es ratsam ist, sie nicht unkritisch anzuwenden, machte er schon mit dem Hinweis klar, solche prognostischen Scores beschrieben immer ein Gruppenverhalten, nicht die Prognose für den einzelnen Patienten. Dieser kann in einem Score eine Position einnehmen, die völlig von jener abweicht, die er im anderen Scoresystem besetzt.

Abgesehen davon können Scores aber vor allem jenen durchaus eine Hilfe sein, denen in den speziellen Situationen die klinische Erfahrung fehlt. Da wäre es doch recht praktisch, gäbe es einen Universalscore. Der sollte eine Aussage darüber erlauben, ob ein Patient mit Abdominalbeschwerden überhaupt ernsthaft krank ist oder nicht — unabhängig von der spezifischen Ursache.

So etwas gibt es tatsächlich: Wehler verwies auf den von der Arbeitsgruppe um die Harvard-Medizinerin Emily Aaronson entwickelten Score (Am J Emerg Med 2016;34:1354–8). In das Punktesystem aus 13 Variablen fließen die Ergebnisse elementarer Befunde aus Untersuchung und Labortests ein, vom Zustand des Abdomens, Blut bei der rektalen Untersuchung bis zur Schmerzlokalisation.

Ab 7 von schlimmstenfalls 20 möglichen Punkten gilt der Patient als ernsthaft erkrankt — woran auch immer. Der positive Vorhersagewert beträgt zwar nur 17%. Doch der negative prädiktive Wert erreicht 98%; zur Ausschlussdiagnose scheint der Score also gut geeignet und damit zur Identifikation von Patienten, die man ohne Risiko aus der Notaufnahme nach Hause schicken kann.

Ernsthafte Befunde übersehen!

Der Blick auf die Details dürfte eventuellen Überschwang jedoch rasch dämpfen. So werden laut der Aaronson-Studie 10% der Darmverschlüsse übersehen, der in dieser Studie zahlenmäßig führenden ernsten Diagnose, ein Drittel der hepatischen Enzephalopathien und die Hälfte der Ösophagusobstruktionen. Letztere sind zwar zahlenmäßig zu vernachlässigen. Den Betroffenen ist mit dem Hinweis darauf aber wenig geholfen — und auch nicht damit, dass von den Patienten mit Appendizitis nur 0,8% fälschlich als nicht ernsthaft erkrankt eingestuft werden.