? Dr. Rupert Bartner, Edewecht: Eine 18-jährige Patientin plant eine Rucksackreise nach Bali und danach „Work and travel“ in Australien und Neuseeland. Sie wollte dafür eine Impfberatung.
Interessanterweise hat sie in ihrem Leben bisher keine einzige Impfung erhalten! Der Kinderarzt hätte davon wegen einer Neigung zu Hautreaktionen abgeraten. Mir schien aber auch ihre Mutter, die sie begleitete, impfskeptisch zu sein. Welche Impfungen sollte und darf ich nachholen?
! MMW-Experte Stiefelhagen: Aus weltanschaulichen Gründen vollkommen impfnaive Personen sind zum Glück sehr selten. Häufiger sind Impflücken durch Vergesslichkeit. Deshalb ist es sinnvoll und notwendig, bei allen Patienten regelmäßig den Impfstatus zu kontrollieren und notwendige Auffrischimpfungen durchzuführen.
Für ungeimpfte Erwachsene gelten die STIKO-Empfehlungen wie bei Säuglingen und Kindern. Es wird zwischen unverzichtbaren Basisimpfungen und ergänzenden Impfungen unterschieden, wobei letztere nur für klar definierte Risikogruppen propagiert werden.
Kontraindikationen sind nur akute Erkrankungen und eine Allergie gegen Hühnereiweiß oder Streptomycin bzw. Neomycin, wenn der Impfstoff solche Substanzen enthält. Lebendimpfstoffe sind außerdem kontraindiziert bei einer Prednison-Therapie (> 20 mg für > 14 Tage) und drei Monate danach, bei einer Immunsuppression und sechs Monate danach, bei AIDS, kongenitaler Immundefizienz, nicht remittierter Leukämie und Schwangerschaft. Dagegen sind mildes akutes Fieber, Rekonvaleszenz, Antibiotikatherapie, Malnutrition, lokale Reaktionen oder subfebrilen Temperaturen nach einer Impfung, Fieberkrämpfe in der Anamnese, chronische Krankheiten des ZNS, Ekzeme und Dermatosen oder Antikoagulation unbedenklich. Schwangere sollte grundsätzlich im 2. oder 3. Trimenon geimpft werden.
Unverzichtbare Basisimpfungen
Wichtig sind die Diphterie- und die Tetanusimpfung. Empfehlenswert ist auch die Pertussisimpfung, und zwar für alle Personen, die einen engen Kontakt zu Säuglingen haben, besonders Schwangere. Auch die Poliomyelitisimpfung ist bei Reisen in Endemiegebiete unverzichtbar, wobei ein Booster nur alle zehn Jahre erforderlich ist.
Ein Muss ist auch die Masernimpfung, da Adoleszente und junge Erwachsene besonders häufig betroffen sind und bei ihnen das Risiko für Komplikationen, v. a. für Enzephalitis, mit 15% sehr hoch ist. Auch die Mumps- und Rötelnimpfung ist bei allen nach 1963 geborenen Personen empfohlen, v. a. bei Frauen im gebärfähigen Alter sowie in Gesundheitsberufen.
Empfehlenswerte Ergänzungen
Die Hepatitis-B-Impfung ist empfehlenswert für Patienten mit chronischen Lebererkrankungen oder Kontakt zu HBs-Antigen-positiven Personen, für medizinisches Personal und bei Reisen in Endemiegebiete. Wegen potenziell schwerer Verläufe mit Pneumonie, Meningitis und Enzephalitis sollten unter 40-Jährige, die keine Varizellen durchgemacht haben, auch dagegen geimpft werden.
Eine HPV-Impfung wird für alle Frauen zwischen dem 15. und 26. Lebensjahr und für alle Männer zwischen dem 11. und dem 26. Lebensjahr empfohlen. Und bei Reisen in Endemiegebiete ist auch eine FSME-Impfung bzw. eine Hepatitis-A-Impfung sinnvoll. Letztere sollte deshalb bei einer Reise nach Bali erwogen werden.
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Springer Medizin. Noch nie geimpft — jetzt geht’s nach Bali!. MMW - Fortschritte der Medizin 160, 24 (2018). https://doi.org/10.1007/s15006-018-0413-4
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