Behandelbare Ursachen eines Schlaganfalls sind unter anderem Stenosen hirnzuführender Arterien, Vorhofflimmern oder eine ausgeprägte Mikroangiopathie. Wenn bei einem Schlaganfall mehrere potenzielle Ursachen gleichzeitig vorliegen, stellt sich die Frage nach der optimalen Sekundärprävention.

Kardiale Schlaganfallursachen wie Vorhofflimmern indizieren in der Regel eine orale Antikoagulation. Eine Makroangiopathie hirnzuführender Gefäße wird mittels Thrombendarterektomie der Arteria carotis oder mit einem Stent versorgt. Bei Mikroangiopathie stehen die Behandlung von Gefäßrisikofaktoren und die Plättchenhemmung mit Acetylsalicylsäure im Vordergund. Seltenere Ursachen erfordern eine spezifische Therapie, etwa die Implantation eines Okkluders zum Verschluss eines persistierenden Foramen ovale, Plättchenhemmung bei Dissektionen oder Immunsuppressiva bei Vaskulitiden. Was aber, wenn mehrere potenzielle Schlaganfallursachen gleichzeitig vorliegen? Zu vielen Fragestellungen können auf der bisher verfügbaren Datengrundlage keine allgemeingültigen Empfehlungen gegeben werden. Prof. Dr. Gerhard Hamann, Neurologie, Bezirkskrankenhaus Günzburg, vermisst Leitlinien mit klaren Handlungsanweisungen zu solchen Konstellationen.

Kein Automatismus zur dualen Plättchenhemmung

Hamann warnt davor, bei kombinierten Schlaganfallursachen verschiedene Sekundärpräventionen einfach aufzusummieren. "Versuchen Sie, die führende Ursache führend zu behandeln", rät der Experte. Ein starker Fokus solle dabei auf der Vermeidung von Therapiekomplikationen, besonders von Blutungen, liegen. So habe sich beispielsweise eine orale Antikoagulation bei zerebraler Amyloidangiopathie wegen des sehr hohen Blutungsrisikos als besonders problematisch erwiesen. Bei der Kombination intrakranieller Stenosen und Vorhofflimmern bewertet Hamann die orale Antikoagulation als gute Option. Jedenfalls solle man hier nicht automatisch eine zusätzliche duale Plättchenhemmung, Acetylsalicylsäure und Clopidogrel, einsetzen. Schwierig sei die Situation bei Vorhofflimmern plus Stent, wegen der dann erforderlichen Tripletherapie. Eine Karotisstenose in Kombination mit Vorhofflimmern solle man daher nach Möglichkeit mit einer Thrombendarteriektomie behandeln. Die orale Antikoagulation in Kombination mit Acetylsalicylsäure reiche dann meist aus, und eine Tripletherapie komme nur in Ausnahmefällen infrage.

Mikroangiopathie ist nicht relevant für die Therapieentscheidung

Bei Karotisstenose ist eine begleitende zerebrale Mikroangiopathie, gekennzeichnet durch lakunäre Infarkte und Läsionen in der weißen Hirnsubstanz, ein prognostisch ungünstiges Zeichen. Eine aktuelle niederländische Registerstudie zeigte jedoch, dass eine Mikroangiopathie nicht die positiven Effekte der Thrombendarteriektomie kompromittiert [1]. "Daher sollte eine Mikroangiopathie die Therapieentscheidung nicht beeinflussen," resümiert Hamann. Auch im Hinblick auf eine gegebenenfalls indizierte orale Antikoagulation sei eine Mikroangiopathie kein Problem, außer bei der Amyloidangiopathie.

Arbeitstagung Neurointensivmedizin (ANIM) digital, 38. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neurointensiv- und Notfallmedizin (DGNI) und der Deutschen Schlaganfallgesellschaft (DSG), Symposium WS 8 "Grenzindikationen der Schlaganfallmedizin", 21.1.2021