Fragestellung: Ist die Dreifachkombination von Interferon beta-1b, Ribavirin und Lopinavir-Ritonavir bei der Behandlung von Patienten mit COVID-19 einer Therapie mit Lopinavir und Ritonavir überlegen?

Hintergrund: Weltweit wird zurzeit nach einer wirksamen Therapie von COVID-19 gesucht. Mehr als 100 randomisierte Studien untersuchen unterschiedliche antivirale Strategien. Bei In-vitro-Modellen und Primaten war Ribavirin in Kombination mit Interferon beta-1b bei COVID-19 wirksam. Daher sollte diese Kombination, die bisher zur Behandlung von Hepatitis C eingesetzt wird, in Kombination mit dem HIV-Medikament Lopinavir plus Ritonavir bei leichter oder mittelschwerer COVID-19-Erkrankung untersucht werden, wobei die Therapie möglichst früh begonnen werden sollte.

Patienten und Methodik: Die multizentrische, prospektive, offene, randomisierte Phase-II-Studie schloss stationär aufgenommene COVID-19-Patienten in sechs Krankenhäusern in Hongkong ein. Sie erhielten entweder 14 Tage lang eine Kombination aus Lopinavir 400 mg und Ritonavir 100 mg alle zwölf Stunden, Ribavirin 400 mg alle zwölf Stunden und drei Dosen von acht Millionen internationalen Einheiten von Interferon beta-1b an abwechselnden Tagen (Kombinationsgruppe) oder 14 Tage lang Lopinavir 400 mg und Ritonavir 100 mg alle zwölf Stunden (Kontrollgruppe). Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zu einem negativen nasopharyngealen Abstrich für die Coronavirus-2-RT-PCR. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem die Dauer des Krankenhausaufenthalts und die Besserung der Symptomatik, gemessen mit dem national early warning score (NEWS2) und dem sequential organ failure assessment score (SOFA).

Ergebnisse: Zwischen dem 10. Februar und 20. März 2020 wurden 127 Patienten rekrutiert. Nach dem Zufallsprinzip wurden 86 der Kombinationsgruppe und 41 der Kontrollgruppe zugeordnet. Die mediane Anzahl der Tage vom Symptombeginn bis zum Behandlungsbeginn der Studie betrug fünf Tage (IQR 3-7). Die Patienten waren im Mittel 51 Jahre alt, 54 % waren Männer, 80 % litten unter Fieber, 54 % unter Husten, 18 % unter einem allgemeinen Krankheitsgefühl und 19 % unter Durchfall. Bei 76 % der Patienten gab es einen pathologischen Befund im Röntgen-Thorax. Die Kombinationsgruppe hatte eine signifikant kürzere mediane Zeit von Beginn der Studienbehandlung bis zu einem negativen Nasen-Rachen-Abstrich (7 Tage, IQR = 5-11) als die Kontrollgruppe (12 Tage, IQR = 8-15). Die klinische Verbesserung war in der Kombinationsgruppe signifikant besser, mit einer kürzeren Zeit bis zur vollständigen Linderung der Symptome, definiert als NEWS2, von 0 (4 Tage, IQR = 3-8, in der Kombinationsgruppe versus 8 Tage, IQR = 7-9, in der Kontrollgruppe) und SOFA-Wert von 0 (3 Tage vs. 8 Tage). Das signifikant bessere klinische und virologische Ansprechen spiegelte sich auch in dem kürzeren medianen Krankenhausaufenthalt in der Kombinationsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe (9 Tage vs. 14,5 Tage). Während der Studie verstarb keiner der Patienten.

Schlussfolgerungen: In einer offenen, randomisierten Studie an Patienten mit leichter bis mittelschwerer COVID-19-Erkrankung in Hongkong war eine frühe dreifache antivirale Therapie bezüglich der Viruslast und der Besserung der Symptome wirksamer als die Behandlung mit Lopinavir-Ritonavir. Dies galt auch für die Dauer des Krankenhausaufenthalts.

Hung IF, Lung KC, Tso EY et al. Triple combination of interferon beta-1b, lopinavir-ritonavir, and ribavirin in the treatment of patients admitted to hospital with COVID-19: an open-label, randomised, phase 2 trial. Lancet 2020; doi: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31042-4