Fragestellung: Besteht eine Assoziation zwischen Restless-Legs-Syndrom und dem Risiko für Suizid oder Suizidversuche?

Hintergrund: Das Restless-Legs-Syndrom ist eine weit verbreitete neurologische Erkrankung, bei der kürzlich eine Assoziation mit einem erhöhten Risiko für Suizidgedanken beschrieben wurde.

Patienten und Methodik: Die Kohortenstudie basiert auf Gesundheitsdatenbanken (Truven Health Analytics MarketScan® Research Databases), in denen die Gesundheits- und Krankheitsdaten aus verschiedenen Quellen, wie Versicherungen, Arbeitgeber, Krankenhäuser und staatliche Gesundheitsprogramme, gesammelt werden. Die hier ausgewerteten Daten stammen aus den Jahren 2006 bis 2014. Insgesamt sind in der Datenbank die individuellen Gesundheitsdaten von über 240 Millionen Personen unter 65 Jahren aus allen 50 Bundesstaaten der USA enthalten, was eine populationsbasierte Analyse ermöglicht. Für die Baselinewerte wurden die verfügbaren Daten der Jahre 2006 bis 2008 und für die Follow-up-Analysen die individuellen Patientendaten der darauffolgenden sechs Jahre bis 2014 verwendet. Eingeschlossen wurden 24.179 Teilnehmer mit Restless-Legs-Syndrom sowie 145.194 nach Alter und Geschlecht gematchte Kontrollprobanden ohne Restless-Legs-Syndrom. Von der Studie ausgeschlossen wurden schwangere Patientinnen, Patienten mit Suizidalität oder selbstverletzendem Verhalten sowie Patienten mit kardiovaskulären oder onkologischen Erkrankungen zum Einschlusszeitpunkt. Die Diagnose eines Restless-Legs-Syndroms wurde anhand der Kriterien der ICD-9 (revidierte Fassung) getroffen. Erfasst wurden im Follow-up-Zeitraum die Raten der Suizide und selbstverletzenden Handlungen, ebenfalls entsprechend der ICD-9 (revidierte Fassung).

Ergebnisse: Für Patienten mit einem Restless-Legs-Syndrom zeigte sich ein signifikant erhöhtes Risiko für Suizid oder selbstverletzende Verhaltensweisen (adjustierte Hazard Ratio = 2,66) nach Bereinigung der Analyse hinsichtlich der Effekte von Lebensstilfaktoren wie Alkoholkonsum, Übergewicht, chronische Erkrankungen einschließlich psychiatrischer und neurologischer Erkrankungen und Medikamentengebrauch. Auch nach Ausschluss aller Patienten mit Depression, Schlafstörungen, obstruktivem Schlafapnoesyndrom und anderen chronischen Erkrankungen bestand der Zusammenhang zwischen Restless-Legs-Syndrom und Suizidalität weiterhin (adjustierte Hazard Ratio = 4,14).

Schlussfolgerungen: Das Vorliegen eines Restless-Legs-Syndroms war mit einem hohen Risiko für Suizid und selbstschädigende Verhaltensweisen assoziiert. Zudem bestand das höhere Risiko für Suizidalität bei Restless-Legs-Syndroms unabhängig von den meisten anderen Erkrankungen und Begleitumständen.

Kommentar von Ulrich Voderholzer, Prien am Chiemsee

Bei schwerem Restless-Legs-Syndrom mögliche Suizidalität abfragen

Die vorliegende Studie weist einige Schwächen in der Datenerhebung auf, beispielsweise die Verwendung älterer Klassifikationssysteme zur Diagnostik. Dennoch zeigen die Resultate einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Erkrankung an einem Restless-Legs-Syndrom und dem Suizidrisiko. Restless-Legs-Syndrome und die damit verbundenen Symptome können mitunter schwer ausgeprägt sein und die in einigen Fällen massiven Einschlafstörungen sind für die betroffenen Patienten häufig unerträglich. Bei dem Vorliegen eines schweren Restless-Legs-Syndroms sollte daher unbedingt daran gedacht werden, auch eine mögliche Suizidalität abzufragen.

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Prof. Dr. med. Ulrich Voderholzer, Prien am Chiemsee