Fragestellung: Kann ein robotergestütztes Training zusätzlich zu einer Rehabilitationsbehandlung die Funktion eines paretischen Armes nach Schlaganfall verbessern?

Hintergrund: Paresen der oberen Extremität sind nach einem Schlaganfall häufig. Eine Reihe kleiner Studien zeigte, dass sich die Funktionsfähigkeit des paretischen Armes durch robotergestütztes Training verbessern lässt. In der vorliegenden großen Studie wurde die klinische Wirksamkeit eines robotergestütztem Trainings mit dem MITManus Robotersystem mit einem EULT-Programm (Enhanced Upper Limb Therapy), das auf repetitiven funktionellen Aufgaben basiert, und der üblichen ambulanten Rehabilitation und Ergotherapie verglichen.

Patienten und Methodik: RATULS (Roboter Assisted Training for the Upper Limb after Stroke) war eine pragmatische, multizentrische, randomisierte, kontrollierte Studie, die in vier britischen Rehabilitationszentren durchgeführt wurde. Schlaganfallpatienten im Alter von mindestens 18 Jahren mit mittlerer oder starker Funktionseinschränkung der oberen Extremität wurden im Zeitraum zwischen einer Woche und fünf Jahren nach einem ersten Schlaganfall randomisiert. Die Zuordnung erfolgte im Verhältnis 1:1:1 zu einem robotergestützten Training, EULT oder einer normalen Krankengymnastik und Ergotherapie. Das roboterunterstützte Training und EULT wurden über zwölf Wochen dreimal pro Woche 45 Minuten lang durchgeführt. Patienten und Therapeuten waren nicht verblindet. Untersucher, welche die Endpunkte der Studie erfassten, waren verblindet. Der primäre Endpunkt der Studie war die Funktion der oberen Extremitäten, gemessen mit dem Action-Research-Arm-Test (ARAT) nach drei Monaten.

Ergebnisse: Zwischen April 2014 und April 2018 wurden 770 Teilnehmer in die Studie aufgenommen und nach dem Zufallsprinzip entweder dem robotergestützten Training (n = 257), EULT (n = 259) oder der Standardtherapie (n = 254) zugeordnet. Die Patienten waren im Mittel 60 Jahre alt. Der NIHS-Score bei Randomisierung betrug im Mittel 5‚6. Den primären Endpunkt, eine signifikante Verbesserung im ARAT, erreichten 103 von 232 (44 %) Patienten in der robotergestützten Trainingsgruppe, 118 von 234 (50 %) in der EULT-Gruppe, und 85 von 203 (42 %) in der Standardtherapiegruppe. Das robotergestützte Training war nicht wirksamer als die übliche Behandlung (adjustierte Odds Ratio [OR]: 1‚17, 98‚3 %-Konfidenzintervall [KI]: 0‚70 – 1‚96) und die EULT (OR: 1‚51, 98‚3 %-KI: 0‚90–2‚51). Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse waren in der robotergestützten Trainingsgruppe mit 15 % und in der EULT-Gruppe mit 13 % häufiger als in der Standardtherapiegruppe mit 8 %. Diese unerwünschten Ereignisse waren aber nicht auf die Interventionen zurückzuführen.

Schlussfolgerung: Bei Schlaganfallpatienten mit mittlerer oder starker Funktionsbeeinträchtigung der oberen Extremität konnte die Funktion durch robotergestütztes Training und EULT im Vergleich zu der üblichen Betreuung nicht verbessert werden.

Kommentar von Hans-Christoph Diener, Essen

Wurden die Patienten zu spät in die Studie eingeschlossen?

Die Ergebnisse dieser großen und gut durchgeführten Studie sind frustrierend. Man konnte erwarten, dass eine intensivere Behandlung zu einer besseren motorischen Funktion des paretischen Arms führt. Was sind die möglichen Erklärungen? Möglicherweise war die Anzahl der Therapiesitzungen zu gering und wahrscheinlich wurden die Patienten zu spät nach dem Schlaganfall eingeschlossen. Im Mittel betrug das Zeitintervall zwischen dem Auftreten des Schlaganfalls und der Randomisierung 240 Tage. Der Effekt einer intensiveren Therapie könnte möglicherweise größer sein, wenn die Behandlung in einem kurzen Zeitintervall nach dem Schlaganfall erfolgt. Ein zusätzliches Problem ergibt sich nach den Ergebnissen dieser Studie daraus, dass sowohl robotergestützes Training als auch EULT nicht kosteneffektiv sind.