Fragestellung: Untersucht wurden die Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit von Pridopidin auf motorische Symptome von Patienten mit der Huntington-Erkrankung.

Hintergrund: Der Dopamin-D2-Modulator Pridopidin wurde zur Behandlung motorischer Symptome bei der Huntington-Erkrankung entwickelt. Zwei randomisierte, placebokontrollierte klinische Studien [1, 2] hatten keine signifikanten Verbesserungen des primären Endpunkts (modified motor score = Teilscore des Total Motor Score [TMS], der Unified Huntington’s disease rating scale [UHDRS]) gezeigt, allerdings ließ die weitere Datenanalyse vermuten, dass höhere Dosen von Pridopidin einen günstigen Effekt auf motorische Symptome haben könnten.

Patienten und Methodik: Die randomisierte, doppelblinde und placebokontrollierte Phase-II-Studie PRIDE-HD schloss Patienten über 21 Jahren mit einer klinisch sowie genetisch gesicherten Huntington-Erkrankung ein, die bereits leichte Einschränkungen der Alltagsfähigkeiten (UHDRS-Unabhängigkeitsskala ≤ 90 %) sowie mindestens mittelgradige motorische Symptome (UHDRS-TMS ≥ 25 Punkte) aufwiesen. Sie erhielten Pridopidin in verschiedenen Dosierungen (je zweimal täglich 45 mg, 67‚5 mg, 90 mg oder 112‚5 mg) oder Placebo. Primärer Endpunkt war eine Veränderung im UHDRS-TMS nach 26 Behandlungswochen. Als sekundärer Endpunkt wurde die Veränderung in einer standardisierten Testbatterie motorischer und alltagsrelevanter Aufgaben (modified physical performance test) bestimmt.

Aufgrund neuer experimenteller Daten zu einer möglichen zusätzlichen, nicht dopaminergen Wirkung von Pridopidin am Sigma-1-Rezeptor, wurde im Studienverlauf eine weiterhin verblindete 26-wöchige Extensionsphase ergänzt, um eine explorative Analyse hinsichtlich einer möglichen krankheitsmodifizierenden Wirkung zu ermöglichen.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 408 Patienten in die Studie eingeschlossen. Davon konnten 323 Patienten über die gesamten 26 Wochen behandelt werden. Für die Auswertung einschließlich der Extensionsphase (nach 52 Wochen) standen 236 Patienten zur Verfügung. In allen Therapiegruppen kam es nach 26 Wochen zu einer Reduktion des UHDRS-TMS-Werts um 3–4 Punkte, in der Placebogruppe um 4‚5 Punkte. Auch der sekundäre Endpunkt (modified physical performance test) ergab keine signifikante Differenz zwischen Behandlung und Placebo (Reduktion um 0‚7 Punkte in der niedrigsten, 0‚8 in der höchsten Dosis und 0‚7 unter Placebo). Der TFC war nach 26 Wochen jeweils unverändert. Nach 52 Wochen zeigte sich nur in der 45-mg-Gruppe eine Stabilisierung des TFC-Werts im Vergleich zu Placebo. Vor allem Patienten in der 45-mg-Gruppe verbesserten sich auch in der Q-Motor-Testung, einem objektiven Messsystem für verschiedene Bewegungsfunktionen. Insgesamt wurde die Substanz gut vertragen, schwerwiegende Sicherheitsbedenken ergaben sich nicht.

Schlussfolgerung: Zur Verbesserung motorischer Symptome bei Patienten mit Huntington-Erkrankung war Pridopidin auch in höheren Dosierungen nicht wirksamer als Placebo.

Kommentar von Zacharias Kohl, Regensburg

Einige Aspekte könnten interessant für zukünftige Therapiestudien sein

Leider ist mit dem Ergebnis dieser Studie der initial sehr vielversprechende Ansatz zur Erweiterung der Möglichkeiten der symptomatischen Therapie der Huntington-Erkrankung gescheitert. Ein zusätzlicher krankheitsmodifizierender Effekt der Substanz ließ sich nicht nachweisen. Einen interessanten Aspekt stellen die Daten der objektiven Bewegungsanalyse dar, besonders hinsichtlich der deutlich geringeren Placeboeffekte. Dies könnte für zukünftige Therapiestudien besonders bei Bewegungserkrankungen interessant werden, muss aber noch genauer verifiziert werden.

Generell ist es als positiv zu bewerten, dass es den Studienzentren weltweit gelungen ist, innerhalb sehr kurzer Zeit eine große Patientengruppe mit dieser seltenen Erkrankung zu rekrutieren (insgesamt 408 Patienten). Hiervon werden auch zukünftige klinische Studienansätze profitieren. Das Hauptaugenmerk für die zukünftige Behandlung der Huntington-Erkrankung wird nun sicherlich auf den bereits begonnenen klinischen Studien liegen, welche mit Hilfe verschiedener Strategien zum „gene silencing“ eine Reduktion des mutierten Huntingtin-Proteins erreichen wollen.

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PD Dr. med. Zacharias Kohl, Regensburg