Fragestellung: Die Studie ging der Frage nach, ob die Substanz Solriamfetol sicher und effektiv für die Behandlung von Tagesschläfrigkeit bei Narkolepsie ist.

Hintergrund: Narkolepsie belastet Patienten durch erhöhte Tagesschläfrigkeit, gestörten Nachtschlaf, Kataplexien und weitere REM-assoziierte Symptome wir Schlafparalyse. Zur Behandlung werden unter anderem wachheitsfördernde Medikamente wie Modafinil und Methylphenidat sowie Medikamente mit zusätzlicher Wirkung auf Kataplexien (Gammahydroxybutyrat und Pitolisant) eingesetzt.

Off-label werden auch Antidepressiva mit Wirkung auf den Monoamin-Reuptake wie Venlafaxin oder Reboxetin eingesetzt. Solriamfetol verhindert als neue Substanz die Wiederaufnahme von Dopamin und Noradrenalin und wurde schon für die Verbesserung der Tagesschläfrigkeit bei Schlafapnoe erprobt [1].

Patienten und Methodik: Es wurden 239 Patienten (231 in der intention-to-treat-Gruppe) mit einer Diagnose von Narkolepsie Typ I oder II eingeschlossen und über zwölf Wochen mit Placebo oder drei verschiedenen Dosierungen von Solriamfetol behandelt. Andere Medikamente zur Behandlung von Narkolepsie als Komedikation waren nicht erlaubt. Während der Studie wurden mehrere Polysomnografien und Tagesschlaftests (Maintenance of Wakefulness Test, MWT) durchgeführt.

Ergebnisse: Sowohl in der 150-mg- als auch in der 300-mg-Gruppe waren statistisch signifikante Unterschiede zu Placebo für die Einschlafdauer im MWT, für die Tageschläfrigkeit in der Epworth Sleepiness Scale (ESS) und in der subjektiven Einschätzung feststellbar, während die 75-mg-Gruppe lediglich Verbesserungen in der ESS und in der subjektiven Einschätzung zeigte.

Nebenwirkungen waren in der Verumgruppe mit 68,4 % häufiger als in der Placebogruppe (45,8%). Die häufigsten unerwünschten Wirkungen waren Kopfschmerzen, Übelkeit und verminderter Appetit.

Schlussfolgerungen: Solriamfetol verbessert in den Dosierungen von 150 mg und 300 mg signifikant die Tagesschläfrigkeit bei Narkolepsie und weist ein verträgliches Sicherheitsprofil auf.

Kommentar von Jan Rémi, München

Auch für andere Störungen mit Tagesschläfrigkeit geeignet

Narkolepsie gilt mit einer Prävalenz von weniger als 0,04 % als Orphan Disease, neue Medikamente werden daher teils nur spärlich entwickelt. Neue therapeutische Optionen für seltenere Erkrankungen wie Narkolepsie sind daher erfreulich, und die Substanz Solriamfetol könnte eine wichtige Ergänzung gegen das belastende Symptom der Tagesschläfrigkeit sein. Der Effekt auf die im MWT gemessene Tagesschläfrigkeit war höher als der Studieneffekt von Modafinil (das meistverschriebene Medikament bei Narkolepsie). Der zentrale Mechanismus von Modafinil ist die Dopamin-Reuptake-Hemmung. Allerdings wurde kein direkter Vergleich durchgeführt.

Der Mut, sich in zukünftigen Studien dem Vergleich mit einer bekannten Substanz wie Modafinil zu stellen, wäre wünschenswert und würde die klinische Anwendung erleichtern. So muss auf den Vergleich mit alten Studiendaten verwiesen werden.

Ein Effekt auf Kataplexien konnte in dieser Studie nicht festgestellt werden, wobei sie dafür auch nicht ausgelegt war, und die Zahl der Patienten ohne Kataplexien mit 50% höher lag als in den typischen Narkolepsiekohorten. Der Mechanismus von Solriamfetol mit Dopamin- und Noradrenalin-Reuptake-Hemmung kann teilweise mit den Off-label-Medikamenten Venlafaxin und Reboxetin verglichen werden, bei denen der Effekt auf Kataplexien ebenfalls gering ist.

In der Behandlung der Narkolepsie wird wohl bald ein weiteres Medikament erhältlich sein. Es bleibt zu hoffen, dass es auch für andere Indikationen mit Tagesschläfrigkeit wie obstruktive Schlafapnoe [1] erhältlich sein wird, und dass der mögliche Orphan-drug-Status eines neuen Medikaments nicht zu einer prohibitiven Indikations- oder Preisgestaltung führt.

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PD Dr. med. Jan Rémi, München