Fragestellung: In dieser Arbeit sollte die Wirksamkeit und Sicherheit von Elamipretid bei Patienten mit primärer mitochondrialer Myopathie untersucht werden.

Hintergrund: Die primäre mitochondriale Myopathie ist eine Untergruppe der primär mitochondrialen Erkrankungen und betrifft hauptsächlich, aber nicht exklusiv, den Skelettmuskel. Die Erkrankung weist einen progressiven Charakter auf und bisher gibt es keine nennenswerte Therapie.

Elamipretid ist ein aromatisches kationisches Tetrapeptid, das Zellmembranen durchdringen kann und sich zweitweise in die innere mitochondriale Membran integriert, wo es sich mit Cardiolipin assoziiert. Man vermutet, dass Elamipretid damit die Energieproduktion verbessert, die Produktion von reaktiven oxidativen Substanzen reduziert und zu einer Zunahme der Adenosintriphosphat-Produktion führt. Auf normale Mitochondrien hat Elamipretid keinen Einfluss.

Das primäre Ziel dieser Studie war es, die Sicherheit und Effektivität einer fünftägigen Gabe von Elamipretid bei Patienten mit primärer mitochondrialer Myopathie zu untersuchen.

Patienten und Methodik: Es handelt sich um eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie der Phase I/II mit unterschiedlichen Dosen an Elamipretid. Die Patienten wiesen entweder eine nukleäre oder mitochondriale DNA-Mutation auf, die zu Störungen der mitochondrialen Atmung führt. Die Patienten sollten weniger als 1.000 m auf flachem Untergrund gehen können und Probleme haben, Anhöhen oder Treppen zu bewältigen. Andererseits mussten sie 6 min gehen können, um den 6-Minuten-Gehtest (6-minute walk test, 6MWT) bewältigen zu können. Es wurden drei eskalierende Dosen (0,01, 0,10 und 0,25 mg) Elamipretid pro kg KG pro Stunde intravenös über zwei Stunden an fünf konsekutiven Tagen in den drei konsekutiven Eskalationsdosiskohorten untersucht. Primäres Studienziel war die Veränderung im 6MWT. Zudem erfolgte ein kardio-pulmonärer Exercise-Test (CPET) und es wurden Biomarker wie Glutathion, Fibroblast growth Factor-21, 8-Isoprostan im Urin und 8-Hydroxy-2′-deoxyguanosin (8-OHdG) bestimmt.

Ergebnisse: Von den randomisierten 36 Teilnehmern beendete keiner frühzeitig die Studie. Die Patienten, die die höchste Elamipretiddosis erhielten, konnten am fünften Tag 64,5 m weiter gehen, verglichen mit 20,4 m in der Placebogruppe. Zwei Tage nach Studienende gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen Verum- und Placebogruppe. Am fünften Tag bestand eine signifikante dosisabhängig Besserung im 6MWT. Hier zeigte sich eine Verbesserung innerhalb der sechs Minuten unter der hohen Dosis um 51,2 m verglichen mit 3 m in der Placebogruppe. Dies war hoch signifikant zugunsten der Verumgruppe. Alle anderen erhobenen Tests und Parameter waren nicht signifikant unterschiedlich. Schwere Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.

Schlussfolgerung: In dieser kleinen Studie zeigte Elamipretid nach fünf Tagen einen positiven Effekt auf das Gehvermögen und die Gehstrecke bei Patienten mit primärer mitochondrialer Myopathie, wobei dieser positive Effekt bereits nach wenigen Tagen nicht mehr vorlag.

Kommentar von Heinz Reichmann, Dresden

Erneut keine „Wunderdroge“

Diese Studie ist eine interessante und vielversprechende Option für alle Patienten, die an einer mitochondrialen Myopathie oder Zytopathie leiden. Die getestete Substanz scheint keine nennenswerten Nebenwirkungen zu verursachen und zumindest passager einen positiven Einfluss auf die Muskelausdauer zu besitzen. Problematisch ist selbstverständlich die sehr kleine Anzahl an Teilnehmern und die Tatsache, dass wichtige Biomarker für oxidativen Stress keine Veränderungen im positiven Sinne aufwiesen. Die kurze Wirksamkeit könnte auf die sehr kurze Halbwertszeit der untersuchten Substanz zurückzuführen sein, sodass zu diskutieren bleibt, ob eine tägliche oder umtägige Anwendung dieser Substanz bessere Effekte über die Zeit erbracht hätte. Kritisch ist aus meiner Sicht aber doch zu vermerken, dass es sich bei Elamipretid (erneut) um keine Wunderdroge im Sinne einer nachhaltigen Besserung von Mitochondriopathien handeln dürfte.

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Prof. Dr. med. Heinz Reichmann, Dresden