Fragestellung: Ist Belimumab, ein humaner monoklonaler Antikörper gegen das B-Lymphozyten-stimulierende Protein (B-Lys), wirksam und sicher in der Behandlung symptomatischer Patienten mit Myasthenia gravis (MG)?

Hintergrund: Während zahlreiche Patienten mit einer MG mit den gegenwärtigen Therapieoptionen gut behandelbar sind, gibt es doch bei nicht ausreichender Wirksamkeit oder Unverträglichkeit bisher kaum gut evaluierte therapeutische Alternativen. Auch die langjährige Behandlungsnotwendigkeit wirft immer wieder kritische Fragen auf. Während Patienten mit Autoantikörpern gegen den Acetylcholinrezeptor (AChR) oft gut behandelbar sind, zeigen sich Patienten mit Nachweis von Autoantikörpern gegen die skelettmuskelspezifische Rezeptortyrosinkinase (MuSK) häufig, trotz hochdosierter Therapien, weiterhin symptomatisch. Welche Rolle „neue“ Autoantikörper gegen Strukturen der neuromuskulären Endplatte spielen, ist nicht klar. B-Zellen spielen eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie der MG. Dies zeigt sich auch in der Wirksamkeit B-Zell-depletierender Therapiestrategien. Der gegen B-Lys gerichtete humane monoklonale Antikörper Belimumab ist zur Therapie des systemischen Lupus erythematodes (SLE) zugelassen. Auch bei MG-Patienten zeigt sich B-Lys erhöht, sodass es ein mögliches therapeutisches Target zur Behandlung der MG darstellen könnte. Die Studie wurde daher zur Frage der Wirksamkeit und Sicherheit von Belimumab zur Behandlung der MG durchgeführt.

Patienten und Methodik: In diese multizentrische, randomisierte, placebokontrollierte Phase-II-Studie wurden nach der Screeningphase 40 Patienten mit MG eingeschlossen. 22 Patienten erhielten Placebo, 18 Patienten erhielten 10 mg/kg KG Belimumab nach dem SLE-Schema. 34 Patienten haben die Studie beendet. Eingeschlossen wurden Patienten mit einer seropositiven MG mit einem klinischen Schweregrad von MGFA II bis IV. 38 Patienten waren Acetylcholin-Rezeptor-Antikörperpositiv. Bei zwei Patienten ließen sich Anti-MuSK-Antikörper nachweisen. Letztere wurden im Placeboarm der Studie behandelt. Die Patienten wurden über 24 Wochen behandelt, mit einer Follow-up-Phase von weiteren zwölf Wochen. Die vorbestehende immunmodulatorische Therapie musste ausreichend stabil sein, vorherige B-Zell-depletierende Therapien waren ein Ausschlusskriterium. Primärer Endpunkt der Studie war die mittlere Änderung des quantitativen Myasthenie-Scores (QMG) nach 24 Wochen. Sekundäre Endpunkte waren die Veränderung des MG-ADL und des MG-composite-Score. Zusätzliche explorative Endpunkte wurden analysiert.

Ergebnisse: Die Studie hat ihren primären Endpunkt verfehlt. Nach 24-wöchiger Behandlung mit Belimumab war der QMG-Score nicht signifikant unterschiedlich zur Baseline (p = 0,256). Auch bei den sekundären Endpunkten zeigten sich keine statistisch signifikanten Unterschiede. Die Acetylcholin-Rezeptor-Antikörpertiter sanken sowohl in der Verum- als auch der Placebogruppe. Das Sicherheitsprofil der Substanz war vergleichbar mit dem in den Zulassungsstudien.

Schlussfolgerung: Belimumab ist zur Behandlung der generalisierten Myasthenia gravis nicht wirksam.

Kommentar von Tim Hagenacker, Essen

Trotz negativer Studie dennoch wichtig

Im Feld der Myasthenie gibt es noch sehr viele offene Fragen. Auch wenn wir über die Pathophysiologie bereits viel wissen und die meisten Patienten effektiv behandeln können, ist die Evidenz für unsere Therapien meist auf sehr niedrigem Niveau. Kontrollierte Studien fehlen für zahlreiche Präparate. Mit dem seit Kurzem für die Therapie zugelassenen Antikörper Eculizumab ist erstmals seit vielen Jahren wieder eine Option verfügbar. Und solche Entwicklungen sind auch weiter dringend notwendig.

Es gibt immer noch zu viele, nicht ausreichend behandelte Patienten, bei denen die gängige Therapie entweder nicht wirksam ist oder nicht vertragen wird. Dann brauchen wir solche Studien, auch wenn sich einige methodische Schwächen offenbaren. Insgesamt ist die Fallzahl sehr niedrig und die Patienten waren zum größeren Teil eher leichter betroffen (MGFA IIa). Bei der geringen Fallzahl sind auch die zwei Patienten mit der Anti-MuSK-MG relevant. Eine größere Studie oder auch eine längere Behandlungsdauer, ähnlich wie beim SLE, wären hier sinnvoll gewesen. Trotzdem ist diese Studie wichtig, da sie zeigt, dass wir weitere Substanzen untersuchen müssen. Aus pathophysiologischen Überlegungen heraus sind andere Präparate ebenfalls potenziell wirksam, müssen aber künftig erst noch untersucht werden.

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PD Dr. med. Tim Hagenacker, Essen