Der Fall klingt zunächst einmal nicht ungewöhnlich. Eine junge Frau hat zunehmend Mühe bei körperlicher Belastung, etwa beim Treppensteigen, sie hat Atemnot, schwitzt vermehrt, fühlt sich müde. Und sie ist in der 28. Woche schwanger — was zunächst alles zu erklären scheint. Die körperliche Untersuchung bringt nichts Auffälliges ans Licht, die Patientin ist leicht anämisch; auch das ist für eine Schwangere nicht auffällig.

Doch Fuat Oduncu von der Medizinischen Klinik Innenstadt der LMU München hätte die Geschichte der Frau auf dem Jahreskongress des Tumorzentrums München nicht erzählt, hätte sie nicht eine maligne Pointe. Denn als die Beschwerden der Frau nicht besser werden, veranlasst ihre Ärztin eine Röntgenaufnahme des Thorax. Sie zeigt eine Raumforderung im Mediastinum. Der Tumor erweist sich schließlich als klassisches Hodgkin-Lymphom.

Krebs in der Schwangerschaft — das ist nicht so selten, wie man glauben mag. Es trifft eine von 1.000 Schwangeren. Am häufigsten ist Brustkrebs (39 %), gefolgt von Zervixkarzinom (13 %) und Lymphomen (10 %). Die Krux liegt in der Therapie, denn die Prognosekurven von Mutter und Kind laufen entgegengesetzt. Eine im ersten Trimenon nötige Krebstherapie würde die Prognose der Mutter erheblich verbessern; für das Kind wäre sie wahrscheinlich tödlich. Wartete man bis nach der Schwangerschaft, könnte sich das Verhältnis umkehren. Ein Schnittpunkt der Kurven liegt kurz nach dem Übergang vom zweiten zum dritten Trimenon.

Im geschilderten Fall lehnt die Mutter jede Maßnahme ab. In der 32. Woche wird sie per Sectio entbunden, nach der Geburt startet die Chemotherapie des Hodgkin-Lymphoms im Stadium IVA. Beide haben Glück, das Kind ist gesund, die Mutter erreicht nach drei Zyklen eine Komplettremission. Nur eines muss sie beachten: Stillen soll sie ihr Kind nicht.