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„In der aktuellen MWBO ist das Fach Orthopädie als Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung nicht mehr erwähnt.“

PD Dr.med. Uwe Schütz

FA für Orthopädie und Unfallchirurgie, Vorstandsmitglied IGOST e.V.

© IGOST

Die konservative Orthopädie wurde bislang von niedergelassenen Vertragsärzten für Orthopädie mit Überzeugung und zum Wohl der Patienten praktiziert. Die inhaltliche Arbeit bildet in vielen therapeutischen Fragestellungen einen wichtigen Gegenpol zur orthopädischen Chirurgie.

Wie bei anderen Fachgebieten auch, etwa HNO, Urologie oder Gynäkologie, schien der konservative Part im Rahmen eines eigenständigen Fachgebietes Orthopädie durch die Medizinische Weiterbildungsordnung (MWBO) gesichert. Dies hat sich mit der Integration der Traumatologie in ein gemeinsames Weiterbildungsfach Orthopädie und Unfallchirurgie (O&U) und der Zuordnung zu den chirurgischen Fächern bereits mit der MWBO 2006 grundlegend geändert. Nicht wenige Kollegen sahen bereits damals großes Unheil für die konservative Orthopädie aufziehen. Die Ausbildung diesbezüglich wurde zusätzlich dadurch gefährdet, dass sich Fachkliniken aus ökonomischen Gründen immer mehr auf die operative Versorgung fokussierten. Dass diese Sorgen mehr als begründet waren, zeigt die aktuelle Entwicklung: Rund eine Dekade nach der Fusion von O&U wurde die konservative Orthopädie aus der Versorgungs- und Weiterbildungslandschaft weitgehend verdrängt.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 20. 9.2018 mit Inkrafttreten zum 16.1.2019 in ihrer Bedarfsplanungsrichtlinie die Zusammenlegung der Facharztgruppen Chirurgen und Orthopäden zu „Chirurgen“ beschlossen. Es wird explizit darauf verwiesen, dass dieser Verlust von Steuerungsmöglichkeiten letztlich die Konsequenz der Fusion der Arztgruppen in der MWBO sei. Doch es kommt noch „besser“: In der Anlage zum Beschluss VIII-01 des 121. Deutschen Ärztetages 2018 zur neuen MWBO (Stand: 11. 5.2018) ist in Abschnitt A, §2a (6) das Fach „Orthopädie“ als Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung nicht mehr erwähnt. Neu in die unmittelbare Patientenversorgung aufgenommen wurde die Radiologie. Ist das die neue Versorgungsrealität?

Es ist zu konstatieren, dass sowohl in der MWBO, als auch in der Bedarfsplanungsrichtline die Orthopädie namentlich nicht mehr erwähnt wird. Bezüglich des Bedarfs besteht laut G-BA erst nach Ablauf von vier Jahren die Möglichkeit zu evaluieren, inwieweit bei spezifischen Leistungen durch die neue Richtlinie Versorgungsdefizite aufgetreten sind. Mit welchen Instrumenten dies eruiert wird und wie dann reagiert werden kann, ist nicht aufgeführt.

Wenn die Orthopädie namentlich nicht mehr in den Fachgebieten der unmittelbaren Patientenversorgung auftaucht, und auch in der Bedarfsplanung undifferenziert der chirurgischen Versorgungslage zugesprochen wird, hat der konservative Orthopäde nicht nur keine Heimat mehr in der WBO, sondern es besteht auch kein Bedarf mehr, denn ein solcher wird ja nicht mehr ermittelt. Im Klartext: Die konservative Orthopädie ist in den zentralen Steuerungsmechanismen nicht mehr vorhanden!

Völlig konträr hierzu wird der Vertragsarzt bei seinem täglichen Tun mit dem massiven Bedarf bezüglich dieses einst starken Bereichs der ambulanten Versorgung konfrontiert. Die Verantwortlichen mögen sich fragen, wie es soweit kommen konnte, und mit welche Maßnahmen der formell beerdigte und praktisch sterbende ambulante Bereich „konservative Orthopädie“ noch zu retten ist.

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