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In der Rubrik „Literatur kompakt“ werden die wichtigsten Originalarbeiten aus der internationalen Fachliteratur referiert.

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In Deutschland ist das Interesse an der Knieendoprothetik in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und orthopädische Chirurgie (DGOOC) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung von 2013 zufolge lag im Jahr 2011 die altersstandardisierte Rate von erstmaligen Kniegelenkersatz-Operationen bei knapp 130 pro 100.000 Einwohner. Seit 2005 sei die Rate um mehr als 15 % gestiegen. Die Quote an Folgeeingriffen ist in diesem Zeitraum ebenfalls gestiegen, und zwar von 12,7 auf 18,5 pro 100.000 Einwohner.

Um Ärzten und ihren Patienten mit Gonarthrose die Entscheidung über die im Einzelfall bessere operative Therapiestrategie zu erleichtern, haben britische Ärzte um Dr. Hannah A. Wilson vom BOTNAR Research Centre in Oxford umfangreiche Daten mehrerer Quellen systematisch ausgewertet. Therapieoptionen waren die Versorgung der arthrotischen Kniegelenke mit einer Teil- oder einer Totalendoproprothese (TEP). Unter den 60 analysierten Publikationen waren sieben randomisierte kontrollierte Studien, 17 Register- und 36 Kohortenstudien.

Vor dem Beginn ihrer Analyse lagen den Wissenschaftlern bereits Hinweise vor, dass im Vergleich zur TEP der Knie-Teilersatz teilweise signifikant besser abschneidet: Weniger schwere Komplikationen, geringere Sterberate, schnellere Erholung und ein besseres funktionelles Ergebnis waren dokumentiert. Ziel der Metaanalyse war es, den Stellenwert der beiden Optionen zu überprüfen, um Patienten und Ärzten die Entscheidung bezüglich des operativen Vorgehens zu erleichtern.

In den meisten Studien (n = 28) wurden die Quoten erforderlicher Revisionseingriffe, früh auftretender Komplikationen (n = 24) und die Aufenthaltsdauer in der Klinik (n = 21) untersucht. Bei elf Studien war ein Endpunkt die Mortalität. Schließlich stand bei jeder zweiten Studie das von den Patienten berichtete Operationsergebnis („Patient-reported Outcome“ [PRO]) im Zentrum.

Wie Wilson und ihre Kollegen berichten, war in allen drei Studiengruppen der Klinikaufenthalt nach Knieteilprothetik signifikant kürzer als nach einer TEP-Implantation (−1,20, −1,43 und −1,73 Tage). Auf der Basis des PRO ließ sich beim Parameter Schmerz kein signifikanter Unterschied feststellen. Dagegen war das funktionelle Ergebnis, ermittelt anhand der Patientenangaben und in den Registerstudien, nach Einsetzen einer Teilendoprothese signifikant besser.

Bezüglich der Raten schwerer Nebenwirkungen sei in den randomisierten und in den Kohortenstudien kein Unterschied festzustellen gewesen, so die Autoren. Dagegen sei in den Register- und Datenbankstudien das Sterberisiko nach Knie-TEP signifikant höher ausgefallen, ebenso das Risiko für venöse thromboembolische und größere kardiale Ereignisse, etwa Herzinfarkte. In allen drei Studiengruppen sei die Revisionsrate nach fünf Jahren bei Patienten mit einer Knieteilprothese höher als in der TEP-Gruppe gewesen.

Anhand der ausgewerteten Studien konnten nicht alle für Patienten wichtigen Aspekte des Therapieerfolgs berücksichtigt werden, wie die Autoren betonen. Dazu gehören zum Beispiel die Dauer, bis Patienten nach dem Eingriff wieder arbeitsfähig waren, sowie die Fähigkeit, nach der Operation wieder knien zu können. Diese Faktoren würden unter anderem in der noch laufenden britischen Multicenterstudie TOPKAT (Total or Partial Knee Arthroplasty Trial) geprüft, so die Ärzte um Wilson.

Fazit: Ob ein Gonarthrose-Patient mit einer Teilprothese besser „bedient“ ist als mit einer TEP, lässt sich auch auf der Basis der aktuellen umfangreichen Metaanalyse von 60 Studien nicht eindeutig beantworten. Vielmehr hängt die Antwort von zahlreichen Faktoren ab. Zudem betonen die Autoren, dass die Aussagekraft ihrer Untersuchung gewissen Einschränkungen unterliegt: So waren lediglich fünf randomisierte kontrollierte Vergleichsstudien einbezogen. Zudem standen nur von 156 Patienten Befunde über einen längeren Zeitraum als ein Jahr zur Verfügung. Schließlich war das Design der berücksichtigten 60 Studien sehr heterogen.