figure 1

„Getreu dem Motto ,auf jedem Parkett eine Duftmarke hinterlassen, riecht mittlerweile der Orbit der Gesundheitspolitik streng nach Spahn.“

Dr. med. Michael Pieper (Chefredakteur)

Facharzt für Orthopädie/Unfallchirurgie, Rheumatologie

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung im September 2018 sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU): „Bekannt bin ich, beliebt muss ich noch werden“. Ziel Nr. hat er übererfüllt, bei Ziel Nr. 2 liegt er ziemlich daneben. Nach zielstrebigem Aus- und Sturzflug in die Gefilde der Allgemeinpolitik besann sich der Meister des Verbalen auf die gefüllten Sozialkassen seines Ressorts und ließ keine popularitätsverdächtige Aktion aus.

Getreu dem Motto „auf jedem Parkett eine Duftmarke hinterlassen“, riecht mittlerweile der Orbit der Gesundheitspolitik streng nach Spahn. Sein Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) pries er als das Beste seit der Erfindung von geschnittenem Brot. Die mittlerweile fast täglichen Änderungsanträge verschleiern, was en vogue und was Geschichte ist. Zum Beispiel: Erhöhung der Mindestsprechstundenzeiten und zusätzlich fünf freie Sprechstunden pro Woche. Solch Arbeitszeitendirigismus für Ärzte ohne freie Vergütung war so ganz nach dem Geschmack des medizinischen Spezialspezialisten Lauterbach und des GKV-SV-Vize von Stackelberg. Ersterer polemisierte, es gebe Ärzte am Mittwochnachmittag auf dem Golfplatz und letzterer erhöhte die Forderung gleich auf Sprechzeiten auch am frühen Abend und an Wochenenden. Will man so dem Ärztemangel in der ambulanten Versorgung begegnen, wird dies ohne staatliche Verordnung eines „Arbeitsdienstes“ für angehende Mediziner schwerlich gelingen.

Kostenübernahmepläne à la Spahn

Die Pläne des spontanen Ministers zulasten der GKV dürften dem kleinadeligen GKV-SV Vize mit Arztaversion eher sauer aufgestoßen sein: Kostenübernahme für die HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP), die Kryokonservierung und Liposuktion sowie erhöhte Festzuschüsse beim Zahnersatz. Die Opposition sparte nicht an Kritik, die Linke rügte blinden Aktionismus und beim angedachten gestuften und gesteuerten Zugang für psychisch Kranke maulte auch der Koalitionspartner SPD. Der Antrag auf Kostenübernahme der Präimplantationsdiagnostik (PID) versandete in den Bedenken der klerikal affinen Moralapostel auch der eigenen Partei. Aber da war Spahn schon auf der nächsten Hochzeit und reformierte die Notfallversorgung sowie die Gesellschafterstruktur der gematik. Mit der geplanten Übernahme von 51 % der Gesellschaftsanteile würde das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Hautevolée der Selbstverwaltungsakteure entmachten. Während die einen den staatsdirigistischen Eingriff als Zerstörung der Selbstverwaltung verdammen, erhofft sich die Industrie (bvitg) eine Beschleunigung der Entscheidungsfindung.

G-BA: ein Dorn im Auge Spahns

Damit seine ministerielle Exzellenz ob der Themenvielfalt nicht den Überblick verliert, bedarf es raschen Handelns. Da sind Reflexion, Argumente, Diskussionen und Abstimmungen zutiefst hinderlich. Die Konsequenz ist ein Hang zum diktatorischen Durchregieren im Rahmen einer Staatsmedizin. Also weg mit institutionellen Bedenkenträgern wie dem G-BA, der widerspenstigen GKV und ganz zu schweigen der aufsässigen KBV. Den Antrag auf Ermächtigung des BMG, unabhängig vom G-BA den GKV-Leistungskatalog zu bestimmen, will Minister Spahn akut nicht stellen. Vielleicht wurde das Eis zu dünn, nachdem jüngst auch das Bundessozialgericht (BSG) diese Pläne als Eingriff in die Selbstverwaltung geißelte.

Also Vorsicht Mr. Minister: viele Hunde sind des Hasen Tod. Es bleibt spahnend!

figure 2