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Dr. Matthias Herbst

Generalsekretär ADK e. V.

Über die Politik in Deutschland darf man sich zurzeit durchaus wundern: Erst hat die CDU sechs Wochen lang die Jamaika-Koalition propagiert, dann eine 180-Grad-Kehrtwende der SPD und ein getriebenes „Ja, wir wollen die große Koalition“. Das geht so schnell, dass nicht einmal die Mitglieder mehr mitkommen und engagierte Jungsozialisten mit ihrem Idealismus (ja, den gibt es noch) der Parteispitze die Gefolgschaft verweigern. Man kämpft scheinbar um Gerechtigkeit, wo es doch gerade in der Politik gar keine gibt, so hat man den Eindruck.

Statt dessen: lautes Geschrei um Flüchtlinge und Nachzug, kaum wahrnehmbar die Diskussion um die Negativzinsen, bald zehn Jahre mangelhafte Zinseinnahmen für die Rentenversicherung (Generationengerechtigkeit ade), ein Auseinanderdriften der europäischen Gemeinschaft, die Weigerung der Engländer den Brexit rückgängig zu machen, eine Verkehrspolitik, die vom Berliner Flughafen bis zum Stuttgarter Hauptbahnhof und den überfüllten Autobahnen zum Dauerkollaps unterwegs ist. Man kann diese Liste jederzeit fortsetzen und stellt fest, dass offensichtlich etliche Parlamentarier gar nicht mehr bemerken, welche Probleme anstehen und unbedingt gelöst werden müssen. Weder gut gemeinte Tipps zum Thema Gerechtigkeit noch ein „weiter so“ im Sinne von „gut leben“ bringt uns aus der Gefahrenzone.

Wir müssen uns doch alle fragen, ob wir genügend Know-how besitzen, um mit effizienter Organisation die Herausforderungen des vor uns liegenden digitalen Zeitalters zu bestehen. Wenn die Datensicherheit in Deutschland auf Platz 24 weltweit angekommen ist, darf man doch Zweifel haben. Die Bemühungen der kassenärztlichen Bundesvereinigung uns weiszumachen, dass die Datenverarbeitung durch das berühmte KV-SafeNet in trockenen Tüchern sei, wirkt mittlerweile geradezu peinlich. Dasselbe gilt für die Bemühungen der gematik. Die elektronische Datenverarbeitung hat in den letzten Wochen vor allem im Bereich der Datensicherheit Rückschläge erlitten, die ohne mediale Blindheit auf dem Gebiet durchaus zu einem massiven Börsencrash gerade der Technologieunternehmen hätte führen können. Wenn die Prozessoren tatsächlich so offen sind, dass man unbemerkt Daten überall herauslesen kann, dann sind iPhones und Intel-Chips schlicht und einfach nichts wert, oder die NSA ist weltspitze. Dies hat aber die Börse — fast möchte man sagen Gott sei Dank — noch nicht bemerkt.

Dass Kryptowährungen Achterbahn fahren und dass alles nur Ausdruck von Spekulation ist, weil zu viel Geld zirkuliert und Gewinnsucht die Menschen befällt, ist nur ein Nebeneffekt der unseriösen Finanzpolitik weltweit.

Gerade Dienstleister zahlen die Zeche. Zum Teil wird uns nicht einmal ein Inflationsausgleich gewährt. Das Bundessozialgericht hat gerade in einem Urteil gegen die hessische kassenärztliche Vereinigung (KV) bemängelt, dass die Forderungen der hessischen Kassenärzte nach Ausgleich insbesondere auch länderspezifischer Honorarunterschiede nicht genügend begründet seien. Eine Erhöhung um 1,1 % wird einem hier vorliegenden Urteilsauszug zufolge als ungerechtfertigt bezeichnet. Ich reibe mir die Augen und lese, dass sich der Bundestag in Zukunft einen automatischen Inflationsausgleich seiner Bezüge selbst verordnet hat. Kann man so weit gehen, dass man Pfleger, Krankenschwestern, medizinische Fachangestellte und auch die Ärzte so behandelt und jahrzehntelang von einem fairen Inflationsausgleich ausschließt? Ja, dass man vor der Wahl sogar den Mindestlohn bis zum Jahr 2020 auf über zwölf Euro ansteigen lässt und hofft, dass in den Verhandlungen zwischen KV und Krankenkassen niemand merkt, dass der Honorarausgleich zwingend erforderlich ist, um das System am Laufen zu halten? Es muss anerkannt werden, dass die Investitionen in die Praxis-EDVs nicht der einzelne Arzt stemmen kann, sondern das System leisten muss, wenn es effizienter werden soll. Ebenso benötigen die Dienstleister im EDV-Bereich einen Vorlauf, um geschult zu werden. Und es sollte hinterfragt werden, welchen Effekt die EU-Datenschutz-Grundverordnung — außer noch mehr Paperworks in der Praxis — tatsächlich hat.

Wir haben es selbst in der Hand, in Praxis und Klinik durch aktive Vertretungen der Politik die Probleme aufzuzeigen und mit unseren Patienten und für unsere Patienten zu kämpfen. Die Politik verspricht alles, hält wenig und meidet später persönliche Verantwortung wie die Motten das Licht.

Soviel zu den politischen Aspekten zu Beginn des Jahres 2018! Die Dermatologie macht in den nächsten Jahren weitere Fortschritte. Im Dezember wurde ein neues Präparat zur Behandlung der Neurodermitis in Deutschland zugelassen. Weitere systemische Medikamente zur Therapie, zum Beispiel des Asthmas oder auch von Kanzerosen, sind in der Pipeline. Die Dermatologie wird zu einem anspruchsvollen Fach, wofür solide Grundkenntnisse in der Inneren Medizin und insbesondere der Immunologie und Endokrinologie benötigt werden. Zusammen mit den Rheumatologen sollten wir uns um die Therapie der Psoriasis, insbesondere der Psoriasis-Arthritis kümmern. Wenn man weiß, dass 30 % der Dermatologen 100 % der systemischen Verordnungen tätigen, dann muss man aufhorchen und nach der Ursache der Abstinenz der verbleibenden 70 % fragen. Sind diese Kollegen dann besonders fit in kostensparender Lokaltherapie oder genießen sie ihre Einnahmen aus anderen Quellen wie Wahlleistungen et cetera?

Vor uns stehen neue Herausforderungen in der medizinisch-technischen Versorgung unserer Patienten, die zunehmend intelligenter und vernetzter via EDV und Apps wird. Vielleicht schneller als wir denken, müssen medizinische Themen wie die dermatologische Prävention künftig vor dem Hintergrund von Big Data, Künstlicher Intelligenz und innovativer Bildverarbeitung betrachtet werden.

Alle diese Themen werden gerade in Bezug auf ihre Praxisrelevanz im März in Frankenthal vom 9. bis 11. März 2018 in bewährter Art und Weise bei der Tagung Dermatologische Praxis präsentiert und diskutiert. Die ADK ist dort mit dem gesamten Vorstand vertreten und gestaltet aktiv Seminare und Vorträge. Wir freuen uns auf eine lebhafte Diskussion.

Wir wünschen Ihnen ein erfolgreiches 2018!

Beste Grüße

Ihr

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