Komplikationen in der ästhetischen Chirurgie – jeder hat sie, keiner will sie gehabt haben, oft wird nicht genug darüber gesprochen und schon gar nicht öffentlich geschrieben.

Im Zusammenhang mit unbefriedigenden ästhetischen Ergebnissen und Komplikationen besteht eine nahezu „natürliche“ Tendenz, sich hierüber auszuschweigen und sie damit ungeschehen zu machen. Dabei handelt es sich für alle ästhetisch tätigen Chirurgen um ein brisantes Thema und nach Eintreten auch zumeist für eine über längere Zeit belastende Situation für alle Betroffenen.

Wie können wir diese Situationen vermeiden und, wenn sie doch eintreten, besser damit umgehen? Im Falle eines elektiven ästhetischen Eingriffs ist eine chirurgische und/oder ästhetische Komplikation besonders tragisch, da nicht selten im Verlauf Konfliktsituationen entstehen, die sich sehr leicht in einen Vertrauensbruch zwischen Arzt und Patient ausweiten. Hinzu kommt, dass die entstandene Problematik im gleichen Zuge durch eine Revision und evtl. längere Therapie ja auch noch weiterhin zu lösen ist.

Komplikationen entstehen schicksalhaft, sind aber auch vorhersehbar bei Fehlplanung, falscher Indikationsstellung oder aufgrund von fehlender Erfahrung oder ungeeigneter Technik entstanden. Es erscheint ratsam, nach Eintreten einer Komplikation im Dialog mit dem Patienten eine einfach verständliche, aber absolut vollständige und wahre Aufklärung der Geschehnisse und eingetretenen Situation zu präsentieren. Der Patient nimmt dies zumeist besser auf, als längere Zeit im Unklaren über die aktuelle Lage zu sein. Ein Vertrauensbruch mit dem Wunsch nach einem Arztwechsel resultiert deutlich häufiger bei Betroffenen, die sich nicht richtig betreut fühlen oder denen die notwendige Zuwendung für die beschriebene Problematik zu fehlen scheint. Es ist daher empfehlenswert, die Komplikation zu akzeptieren und die folgende unvermeidbare Auseinandersetzung frühzeitig mit ausreichend Zeit und Empathie wieder in die richtige Vertrauensebene zu führen. Die Strategie der Therapie und eine operative Korrektur können z. B. im Austausch mit anderen Fachkollegen angegangen werden.

Es ist empfehlenswert, die Komplikation offen zu kommunizieren

Bereits vor 1 Jahr habe ich auf das pathologische Phänomen der „Insta-Docs“ mit „Zirkusveranstaltungen“ aus den Operationssälen hingewiesen [1]. Die Lage hat sich noch weiter zum Negativen verändert: Nahezu rund um die Uhr posten und streamen ästhetische Chirurgen ihren Arbeitsalltag und ihr Privatleben quasi „live“ für alle. Ethische und gesetzliche Grenzen scheinen dabei auch nicht mehr zu existieren. Verbotenerweise werden Vorher-Nachher-Bilder oder operierte Körperabschnitte und Intimbereiche zur Schau gestellt und mit Comics und naiven Fragespielen verniedlicht. Das Publikum nimmt es scheinbar dankend mit einem „like“ an – ohne jegliche Kritik und Auseinandersetzung. Qualität spielt keine Rolle mehr, nur noch Quantität zählt – die Followerzahlen steigen an, falls sie überhaupt existieren und nicht ein gekaufter „Robot“ sind. Diese Entwicklung stellt für mich auch eine iatrogene Komplikation dar, die aus ärztlichem Versagen, gepaart mit Instrumentalisierung des Patienten für fragwürdige Marketingaktivitäten resultiert.

Wir wollen mit diesem Heft auf den zu selten thematisierten Kontext von Komplikationen in der ästhetischen Chirurgie eingehen und auch Lösungsmöglichkeiten mit den Autoren diskutieren. Allerdings haben wir uns für Rand- und Trendthemen entschieden, da wir auch dieses Spektrum unseres Faches beleuchten wollten, um damit Horizonte der treuen Leserschaft zu erweitern. Eine Sonderform einer „ästhetischen Komplikation“ stellen auch fehlerhafte Ansätze im Internetauftritt und Social-Media-Marketing dar.

Kollege A. Aslani, in Marbella tätig, thematisiert mit seinem Beitrag ganz aktuell das Thema des Brazilian-Butt-Liftings, also eine Liposuktion kombiniert mit einer Eigenfettvergrößerung der weiblichen Gesäßregion – eine eigentlich praktikable Kombination, wenn diese fachgerecht durchgeführt wird. Es gibt mittlerweile leider auch in Deutschland eine Vielzahl fachfremder Ärzte, die diese Prozedur durchführen und leider nicht selten mit unglaublichen Mortalitätsraten abgestraft werden – für eine hochelektive Operation ist eine Mortalitätsrate von bis zu 1:3000 eine nicht zu verantwortende Quote.

Es war mir daher ein großes Anliegen in einem zweiten Beitrag neben einer richtungsweisenden Übersicht zu diesem Eingriff ein hochaktuelles Statement als „Letter to the Editor“ zu der dringlichen ISAPS(International Society of Plastic Surgery)-Warnung bezüglich der Brazilian-Butt-Lifting-Operation zu veröffentlichen.

Kollege D.m. O’Dey aus Aachen folgte unserer Einladung, seine Techniken und Vorgehensweisen zur Wiederherstellung nach weiblichen Genitalbeschneidungen (engl. „female genital mutilation“ [FGM]), einer soziokulturell basierten Komplikation, darzustellen. Seine Arbeit präsentiert anatomisch fundierte und klinisch etablierte Lösungen zu diesem speziellen Thema, das im Zuge der zunehmenden ethnischen Integration unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen bei hierfür spezialisierten Kollegen allerdings eine steigende Nachfrage erfährt.

In der ICD-11, im Juni 2018 in Genf vorgestellt, wird Transsexualität (der Wunsch, als Angehöriger des anderen Geschlechtes zu leben) nicht mehr als psychische Störung und Pathologie definiert. Diese Änderungen sollten insofern längst selbstverständlich sein, da Transgender keineswegs daran leiden, sie selbst, also „trans“ zu sein. Anlass genug für uns, einen Beitrag zur Vermeidung von Komplikationen bei Operationen des Transsexualismus zu veröffentlichen. Es ist sicherlich ein Nischenthema, allerdings mit einem großen interdisziplinären Überschneidungsbereich für alle ästhetisch tätigen Ärztinnen und Ärzte. In den Sprechstunden aller ästhetisch tätigen Kolleginnen und Kollegen finden sich immer wieder Fragen und Probleme nach geschlechtsangleichenden Operationen. Bewährte Konzepte und Algorithmen werden durch die Arbeitsgruppe Schlosshauer et al. aus Frankfurt in ihrem Beitrag anschaulich und umfassend abgehandelt.

Social-Media-Marketing, das Schlagwort in den letzten Jahren für alle Kollegen im eng umkämpften Marktplatz der Eitelkeiten um potente Selbstzahlerpatienten, findet zunehmend Interesse und Eingang in den Alltag ästhetischer Chirurgen. Hierzu haben wir einen sehr hilfreichen Beitrag von K. Müller aus München veröffentlicht, in dem sinnvolle Konzepte und Strategien des Internetmarketings vorgestellt werden.

Die Case Reports stellen eine Bereicherung dieser Ausgabe dar. Kollege J. Kauczok aus Würzburg berichtet über eine chirurgische Komplikation bei einem sehr guten operativen Ergebnis nach autologem mikrochirurgischem Brustaufbau.

Der Trend im Medizintourismus hält ungebrochen an, sodass dringend notwendige Korrekturen auf den Heimatort entfallen. Die Autoren Witulski et al. aus Bremen nehmen sich dieser Problematik an.

H. Behrbohm aus Berlin verdeutlicht Probleme und präsentiert Lösungsmöglichkeiten im Rahmen der dentalen Implantologie.

Kein Chirurg bleibt von der Konfrontation mit eigenen oder fremden Komplikationen verschont, wir haben alle vergleichbare Situationen und freuen uns über den offenen, ehrlichen Austausch darüber, die Entwicklung von Vermeidungsstrategien oder den kollegialen Support in deren Korrektur – und wer keine Komplikationen hat, ist nicht ganz ehrlich mit sich selbst oder hat einfach aufgehört zu operieren!

Ich bedanke mich bei allen Autoren für ihre Beiträge und freue mich auf eine rege Diskussion darüber.

Viel Freude und hoffentlich neue Erkenntnisse bei der Lektüre.

Herzlichst, Ihr

Dr. med. Erhan Demir