Körpereigene regenerative Verfahren gewinnen in der plastischen und ästhetischen Chirurgie immer mehr an Bedeutung. Sowohl Lipofilling mit Mikrofett als auch Eigenbluttherapien mit plättchenreichem Plasma (PRP) sind mittlerweile in der täglichen Praxis etabliert. Regenerative Zellen aus der „stromal vascular fraction“ (SVF) gelten als zukunftsweisende Therapieoptionen in vielen Bereichen der Medizin. Besonders im Bereich der plastischen und ästhetischen Chirurgie ergibt sich eine Vielzahl an einfach durchzuführenden Anwendungsoptionen.

SVF, die aus Fettgewebe gewonnen wird, enthält neben „adipose-derived stromal cells“ (ASC), hämatopoetische Stamm- und Progenitorzellen u. a. auch Endothelialzellen, Erythrozyten, Fibroblasten, Lymphozyten, Monozyten, Makrophagen und Perizyten [1, 2, 4, 11, 12]. Es besteht das Potenzial zur multipotenten Differenzierung und somit zu starken regenerativen Fähigkeiten [26]. Anwendungsmöglichkeiten erscheinen mannigfaltig, auch wenn es festzuhalten gilt, dass die regenerative Medizin erst am Anfang steht.

PRP ist ein autologes Blutprodukt, das durch seinen hohen Anteil an Thrombozyten bzw. den in den Thrombozyten enthaltenen Wachstumsfaktoren und Zytokinen zu Zellproliferation, Chemotaxis, Zelldifferenzierung, Angiogenese, Kollagensynthese, Bildung extrazellulärer Matrix und Geweberegeneration führt. Hierbei spielen unter anderem die Wachstumsfaktoren IGF-1 („insulin like growth factor-1“), EGF („epidermal growth factor“), VEGF („vascular endothelial growth factor“), PDGF („platelet-derived growth factor“) und TGF-β („transforming growth factor-β“) eine zentrale Rolle [6].

PRP erfreut sich sowohl als Mono- als auch als Kombinationstherapie großer Beliebtheit

Gegenwärtig erfreut sich PRP sowohl als Mono- als auch als Kombinationstherapie großer Beliebtheit. Anwendungsmöglichkeiten sind u. a. generelle Hautverjüngung, Striae distensae, Alopezie, Supportivbehandlungen bei Haartransplantationen oder bei Lipofilling sowie Kombinationsbehandlungen nach Lasertherapien oder Microneedling [7, 15, 22]. Außerdem wird PRP zur Beschleunigung der Wundheilung nach (ästhetischen) Operationen oder bei chronischen Wunden sowie zur Behandlung von Arthrose eingesetzt [10, 14, 16, 18].

Die Basis für Geweberegeneration im Bereich der regenerativen Medizin bzw. „tissue engineering“ ist die Verwendung von Techniken, die Aspekte der natürlichen Wundheilungskaskade durch Bereitstellen von biochemischen und physikochemischen Faktoren imitieren [5, 23]. Die hierfür nötigen Bausteine der Reparationstriade lassen sich durch PRP (Signalmoleküle), SVF (Zellen) und Mikrofett (Matrix) darstellen. In-vitro-Studien zeigen dass die Kombination von PRP und SVF zu verstärktem Wachstum und Proliferation von ASC sowie Stimulation der Proliferation und Migration von Fibroblasten und Keratinozyten führt [8, 19]. Diese Kombination ist aus unserer kürzlich publizierten Studie auch als Platelet-Rich-Stroma (PRS oder ACPSVF) bekannt [20]. Eine Kombination mit Mikrofett als volumengebende Komponente ist ebenso möglich wie die alleinige Applikation von PRP und SVF.

Herstellung von plättchenreichem Plasma und „stromal vascular fraction“ at Point-of-Care

Plättchenreiches Plasma wird durch Zentrifugation aus einer geringfügigen Menge Eigenblut am Behandlungsort hergestellt. SVF kann aus einer kleinen Menge Lipoaspirat nach Zentrifugation, Fraktionierung (Destruktion) der Adipozyten und erneuter Zentrifugation ebenso direkt am Behandlungsort gewonnen werden.

PRP und SVF können in der Praxis oder im Operationssaal mit der geschlossenen Arthrex-ACP-Doppelspritze (Arthrex GmbH, München) bzw. dem ACA(Autologous Conditioned Adipose Tissue)-Kit (Abb. 1a) at Point-of-Care hergestellt werden.

Abb. 1a–k
figure 1

Herstellung von plättchenreichem Plasma (PRP) und „stromal vascular fraction“ (SVF) at Point-of-Care. Erläuterungen zu den Teilabbildungen s. Text

Nach Infiltration mittels Kleins Tumeszenzlösung (Abb. 1b) werden insgesamt 30 ml Fett in 2 Arthrex-ACP-Doppelspritzen abgesaugt (Abb. 1c). Nach 4 min horizontaler Zentrifugation mit 2500 RPM („revolutions per minute“; Umdrehungen pro Minute) (Rotofix 32 Zentrifuge, Andreas Hettich GmbH & Co. KG, Tuttlingen) sind wässrige Fraktionen (Tumeszenzlösung und Blut) am Boden der Spritzen, ein ultratrockenes Mikrofett in der Mitte sowie Öl (rupturierte Adipozyten) oben in der Spritze erkennbar (Abb. 1d). Das Öl wird in die innere Spritze abgezogen und verworfen, die wässrige Fraktion abgelassen; Mikrofett verbleibt (Abb. 1e). Es werden 10 ml Mikrofett mittels 1,4-mm-Luer-Lock-Factionator in eine 10-ml-Spritze transferiert (Abb. 1f). Die zweite 10-ml-Spritze wird konnektiert (Abb. 1g). Mit voller Kraft und Geschwindigkeit wird das Mikrofett 30-mal von einer Spritze in die andere transferiert (Abb. 1h). Durch die Scherkräfte rupturieren die Adipozyten. Die nun flüssig gewordene Emulsion (fraktioniertes Lipoaspirat) wird in eine Arthrex-ACP-Doppelspritze überführt (Abb. 1i) und erneut für 4 min bei 2500 RPM horizontal zentrifugiert. Am Boden befinden sich ca. 1,5 ml SVF (Abb. 1j), der ölige Überstand (rupturierte Adipozyten) wird in die innere Spritze abgezogen und verworfen. SVF kann mit PRP, das inzwischen aus 15 ml Blut bei 5 min horizontaler Zentrifugation in der Arthrex-ACP-Doppelspritze bei 1500 RPM gewonnen wurde, gemischt werden (Abb. 1k).

Das Verfahren wird auch in einem Video gezeigt (s. Zusatzmaterial zum Beitrag online).

Fallbeispiele

Nachfolgende Fallbeispiele zeigen erfolgreiche Behandlungsergebnisse von plättchenreichem Plasma (PRP) und „stromal vascular fraction“ (SVF) als Mono- oder Kombinationstherapie (Abb. 2, 3, 4, 5 und 6).

Abb. 2
figure 2

Fallbeispiel 1: a Entwicklung über 10 Jahre: MACS(Minimal Access Cranial Suspension)-Lift, Augenbrauenlifting, Lipofilling (oberflächlich + tief) + plättchenreiches Plasma (PRP) vor Jahren. b Nach nunmehriger Injektion von PRP + „stromal vascular fraction“ (SVF) zeigt sich eine plötzliche Verbesserung der Hauttextur im Vergleich zum Befund vor 10 Jahren

Abb. 3
figure 3

Fallbeispiel 2: Restitutio ad integrum. a Keine Verbesserung der rötlichen Läsion 6 Monate nach TCA(„trichloroacetic acid“)-Peeling. b Einmalige intra- und subkutane Injektion von „stromal vascular fraction“ (SVF). Befund nach 12 Wochen

Abb. 4
figure 4

Fallbeispiel 3: a Eine Injektion plättchenreiches Plasma (PRP) + „stromal vascular fraction“ (SVF) zur Narbenkorrektur. bc Befund nach 12 Wochen

Abb. 5
figure 5

Fallbeispiel 4: Einmalige Injektion von plättchenreichem Plasma (PRP) + „stromal vascular fraction“ (SVF) nach Eingriff bei Morbus Dupuytren. Befund nach a 1 Woche, b 6 Wochen, c 12 Wochen

Abb. 6
figure 6

Fallbeispiel 5: Einmalige Injektion von plättchenreichem Plasma (PRP) + „stromal vascular fraction“ (SVF) bei androgenetischer Alopezie. a Vorher, 6‑Wochen- bzw. 12-Wochen-Follow-up. b Vorher. c 1-Jahres-Follow-up. Die blauen Punkte (links) zeigen jenen Bereich an, an dem Trichoskopien und Trichogramme durchgeführt wurden. Die Detailaufnahmen zeigen den Befund nach Rasur (Mitte) und das Haarwachstum 3 Tage danach (rechts). Die Analysen wurden an drei Beurteilungszeitpunkten (vor der Behandlung, 6 Wochen und 12 Wochen danach) an den blauen Punkten, sowie auf der kontralateralen Seite (vergleichbare Ergebnisse; hier nicht abgebildet) durchgeführt und ausgewertet. Trichoskopien und Trichgramme wurden stets an denselben durch Tattoo markierten Stellen durchgeführt

Die Kombination einer zellulären Komponente (SVF) mit Wachstumsfaktoren und Zytokinen (PRP) stellt einen vielversprechenden Ansatz in der regenerativen Medizin dar.

Eine heilungsfördernde Wirkung der Applikation von PRP + SVF zeigt sich in den Fallbeispielen. Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es zum Auffüllen von signifikanten Volumendefiziten eines Füllstoffes (z. B. Mikrofett) bedarf. Nachdem SVF aus Lipoaspirat gewonnen wird, eignet sich Lipofilling als Kombinationsbehandlung hervorragend dafür. PRP kann auch mit Eigenfett kombiniert werden. In unserer kürzlich publizierten Studie konnten wir eine Reduktion der Down-Time nach Lipofilling feststellen, jedoch war das Ergebnis hinsichtlich der Fettresorptionsrate nicht signifikant [24]. Sierra-Mestre et al. analysierten in ihrem Review 9 klinische Studien, wobei in 8 Studien positive Effekte von PRP auf Fettgrafts (unter anderem signifikant verminderte Fettresorption) beschrieben wurden und in einer Studie keine Unterschiede festgestellt wurden; zudem wurden in 5 von 6 Tierstudien positive Effekte beschrieben [17]. Luck et al. befassten sich in ihrem Review besonders mit den unterschiedlichen angewandten Techniken und konkludierten letztlich, dass die methodische Heterogenität und die zu unpräzise Beschreibung der Techniken in den einzelnen Publikationen eine aussagekräftige Bewertung erschweren [9]. Somit bleibt die Frage nach dem optimalen Protokoll nach wie vor offen und zeigt die Notwendigkeit methodisch korrekter, präzise dokumentierter klinischer Studien.

Ähnlich komplex ist die Lage bei SVF einzuschätzen. Die oben beschriebene ACA-Technik ist eine Weiterentwicklung der FAT(„fractionation of adipose tissue“)-Technik [3]. Klare Vorteile sind die Verwendung von sterilem Einmalmaterial sowie die Zentrifugation bzw. Phasentrennung mittels geschlossener Arthrex-ACP-Doppelspritzen. Somit kann diese Technik auch außerhalb des Operationssaals angewandt werden. Bereits bei der FAT-Technik konnten wir eine signifikant höhere Anzahl an nukleierten Zellen in der SVF-Gruppe gegenüber der Kontrollgruppe zählen. Bei einer Reduktion von ca. 90 % des Volumens durch Fraktionierung und Abzentrifugieren des Großteils der Adipozyten wurde eine gegenüber der Kontrollgruppe pro ml ca. 7,7-fach erhöhte Zahl an nukleierten Zellen festgestellt [3].

Die ACA-Technik kann auch außerhalb des Operationssaals angewandt werden

Pallua et al. analysierten die unterschiedlichen Fraktionen des Lipoaspirates und konnten zeigen, dass im Lipokonzentrat eine signifikant erhöhte Konzentration an ASC und Progentorzellen vorliegt, im öligen Überstand diese Zellen jedoch kaum zu finden sind. Sie betrachten SVF, das in ihrer Publikation als Lipokonzentrat bezeichnet wird, als vom klinischen Standpunkt besonders nützlich bei Indikationen, bei denen regenerative Effekte bedeutender als Volumeneffekte sind [13]. An dieser Stelle sei erwähnt, dass es auch Indikationen wie die Behandlung von Alopezie gibt, bei der überhaupt keine Volumeneffekte im subkutanen Gewebe, sondern u. a. eine bessere Vaskularisierung des Gewebes erzielt werden sollte. Diesbezüglich zeigten wir die Sicherheit und Effizienz in einer kürzlich publizierten Studie [20].

Yao et al. zeigten hinsichtlich der Volumendefizite eine Überlegenheit von SVF-Gel gegenüber Lipofilling gemäß der Coleman-Technik [25]. Es sei jedoch gesagt dass die Fraktionierung der Adipozyten bei Yao nicht als vollständig erscheint und das beschriebene SVF-Gel somit wohl eine Mischung aus Mikrofett und SVF darstellen dürfte. Neben den Volumeneffekten, die zum Teil auch aufgrund der Kombination mit Mikrofett evident sind, sind jedoch insbesondere die positiven Effekte von SVF auf Hautqualität, dunkle Augenringe sowie Falten an Hals und Dekolleté zu erwähnen [21, 25]. Autologes Lipofilling mit SVF + PRP ist somit mehr als nur ein Filler, es ist eine regenerative körpereigene Therapie, die auch zu Verbesserungen der Hauttextur führt. An Stellen, wo es keiner Volumenkorrektur bedarf, zeigte auch in unseren Fallbeispielen die reine Applikation von PRP + SVF ihre heilungsfördernde Wirkung. Aus unseren bisherigen Erfahrungen sind je nach Stärke der Gewebeschäden nur eine einzige oder mehrere Injektionen von PRP + SVF bei 12-wöchigem Intervall erforderlich. Gegebenenfalls könnten konsekutive Booster-Injektionen mit PRP das Ergebnis noch verbessern. Randomisierte kontrollierte Doppelblindstudien mit entsprechenden Fallzahlen sind erforderlich, um die Effektivität dieser regenerativen Therapie bzw. Kombinationstherapie akkurat zu evaluieren.

Fazit für die Praxis

  • Wichtige Elemente der Regenerationstriade sind PRP (Signalmoleküle), SVF (Zellen) und Mikrofett (Matrix).

  • PRP, SVF und Mikrofett können mit der Arthrex-ACP-Doppelspritze bzw. dem ACA-Kit (steriles Einmalmaterial) durch rein mechanische Verfahren binnen 45 min in Lokalanästhesie (Inzision für Liposuktion ca. 1 mm) in der Praxis hergestellt werden.

  • Bei der Gewinnung von SVF wird durch Fraktionierung und Zentrifugation der Anteil an ASC und Progentorzellen pro ml Lipoaspirat bei einer massiven Reduktion des Volumens signifikant erhöht.

  • PRP und SVF eignen sich u. a. zur Verbesserung der Hauttextur, Narbenbehandlung und Behandlung von androgenetischer Alopezie.

  • Um signifikante Volumendefizite zu behandeln, empfiehlt sich die Kombination mit Mikrofett.