Bereits im Koalitionsvertrag haben die Koalitionspartner eine „Nationale Dekade gegen den Krebs“ angekündigt, in der die Krebsforschung und -prävention gestärkt werden soll. Jetzt ergreift das Bundesforschungsministerium gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium und weiteren Partnern konkrete Maßnahmen. Auf Einladung von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek trafen sich Ende November 2018 Mitglieder des Strategiekreises der Dekade zu ersten Gesprächen in Berlin. Im Strategiekreis ist unter anderem auch die Deutsche Krebsgesellschaft und die Deutsche Krebshilfe vertreten.

Die Nationale Dekade gegen den Krebs ist eine logische Erweiterung des Nationalen Krebsplans. Der wurde 2008 initiiert, um die Krebsversorgung zu verbessern – zum Beispiel durch bessere Früherkennungsprogramme, Versorgungsstrukturen und wirksamere Behandlungen. Doch für eine gute Krebsversorgung brauchen wir auch eine exzellente Grundlagenforschung, die sich am Versorgungsbedarf der Patientinnen und Patienten orientiert, sowie Prozesse, um Forschungsergebnisse rasch und sicher in die medizinische Versorgung überführen zu können.

Einen Ansatz dazu bietet das Konzept der Wissen generierenden onkologischen Versorgung, das die Deutsche Krebsgesellschaft gemeinsam mit Vertretern aus Politik und Organisationen im Gesundheitswesen entwickelt hat. Das Konzept beschreibt einen Prozess, der Patienten den raschen und dennoch sicheren Zugang zu medizinischen Innovationen ermöglicht und gleichzeitig strukturiert Wissen über ihre Anwendung erhebt. Dieser Prozess muss sektorenübergreifend organisiert und interdisziplinär sein. Idealerweise gründet er auf translationalen Tumorboards, in denen die behandelnden Ärzte zur Entwicklung von Behandlungsempfehlungen Spezialisten hinzuziehen, die sich mit der Innovation gut auskennen. Ganz wesentlich: Alle Beteiligten erklären sich bereit, den eingeschlagenen Behandlungsweg zu dokumentieren. Eine solche konsequente Datenerhebung würde die Überführung einer Innovation in die Regelversorgung erheblich vereinfachen.

Die Notwendigkeit zur Erhebung von Anwendungsdaten sieht mittlerweile auch der Gesetzgeber. Im Referentenentwurf für das neue „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ (GSAV), das der Bundesgesundheitsminister im November 2018 vorgestellt hat, soll der G‑BA künftig Anwendungsdaten vom Hersteller verlangen können, und zwar für die Zusatznutzenbewertung von Arzneimitteln, die als Orphan Drugs oder mit einer bedingten Zulassung in den Verkehr gebracht worden sind.

Ich denke, die Politik sollte das Sammeln solcher Anwendungsdaten nicht allein den Herstellern überlassen. Auch dürfen Anwendungsdaten nicht nur für bestimmte Medikamente mit Orphan-Drug-Status gesammelt und ausgewertet werden, sondern indikationsbezogen. Die wenigsten Krebserkrankungen werden alleine durch die Gabe eines Arzneimittels behandelt. Behandlungsergebnisse und Outcomes müssen im Licht des gesamten Behandlungsverlaufs gesehen werden, nur dann sind wir in der Lage, die richtigen Schlussfolgerungen aus den beobachteten Outcomes zu ziehen – damit Forschung auch wirklich den Betroffenen nutzt.

Ihr

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Olaf Ortmann

Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft e. V.