Eine selektive Koronarangiographie erfolgte erstmals 1959 durch Mason Sones, der hierfür den Zugangsweg über die A. brachialis wählte. Trotz dieser frühen Pionierleistung verbreitete sich in den folgenden Jahren der durch Judkins und Amplatzer propagierte transfemorale Zugangsweg [28]. Ende der 1980er-Jahre trat der Zugangsweg über den Arm, nun über die Arteria (A.) radialis, in den Fokus – zunächst für die diagnostische Herzkatheteruntersuchung, dann zunehmend auch für Koronarinterventionen.

Die A. radialis verläuft im Bereich des Radiuskopfes sehr oberflächlich ohne weitere anatomische Strukturen in unmittelbarer Nähe, ist somit leicht aufzufinden und einfach zu komprimieren. Neben einem erheblichen Komfortgewinn des Patienten wurde auch den gefürchteten Blutungskomplikationen begegnet, wie sie insbesondere nach Interventionen unter Antikoagulationstherapie in der Leiste auftreten können [19, 25, 53]. Der transradiale Weg gilt auch bei hohem Blutungsrisiko als sicherster Zugang [9, 50]. Für ältere Patienten, die häufig einen stark geschlängelten Gefäßverlauf bieten und vermehrt an einer peripheren arteriellen Verschlusserkrankung leiden, wurden in 2 randomisierten Studien bei transradialem Zugang signifikant weniger vaskuläre Komplikationen gezeigt als bei transfemoralem [1, 2, 24]. Die RIFLE-STEACS- und die Matrix-Studie [40, 49] bestätigten diese Vorteile in einem großen Kollektiv von Patienten mit akutem ST-Hebungsinfarkt: Hier resultierte der transradiale Zugangsweg in einer geringeren Komplikationsrate und einer signifikanten Reduktion der Mortalität [6, 40]. Der transradiale Zugang wurde daher in die STEMI-Leitlinien 2017 als Klasse-IA-Empfehlung aufgenommen [18, 39]. Auch bei Patienten im kardiogenen Schock war ein transradiales Vorgehen von Vorteil [33].

Bei nachgewiesenen Vorteilen (Patientensicherheit, Komfort, Kostenreduktion) wird der transradiale Zugangsweg weiterhin kontrovers diskutiert. In Deutschland wird immer noch häufiger der transfemorale Zugang gewählt, aber der Anteil des Radialis-Zuganges steigt. Daten eines großen deutschen Registers von 2012 zeigen einen Radialis-Anteil von unter 20 % [4]. Im Bericht über die Leistungszahlen der deutschen Herzkatheterlabore von 2015 findet sich eine Steigerung auf 37 % [8].

Auch periphere Interventionen im Bereich der Becken/Beingefäße, insbesondere auch der Nierenarterien sind über den radialen Zugang möglich. Auf die Verwendung längerer Katheter muss dabei geachtet werden.

In dieser Arbeit sind Empfehlungen und Standards zur Patientenvorbereitung, Katheterauswahl, Durchführung der Untersuchung bzw. der Intervention zusammengestellt. Zudem wird auf mögliche Komplikationen und entsprechende Präventionen hingewiesen. Der dargestellte Expertenkonsens beruht neben der relevanten Literatur auch auf der klinischen Erfahrung der Autoren.

Patientenauswahl und Vorbereitung

Die transradiale Herzkatheteruntersuchung sollte in einer entspannten Atmosphäre erfolgen, was durch angepasste Helligkeit, ggf. Hintergrundmusik und eine leichte Sedierung erreicht werden kann. Transradial unerfahrene Untersucher sollten zu Beginn klinisch stabile Patienten mit gut palpablem Radialispuls auswählen. Für Anfänger ungünstig sind kleine, weibliche Patienten, ein bestehender Nikotinabusus sowie ein Zustand nach koronarer Bypassoperation. Technische Schwierigkeiten sind auch bei älteren Patienten mit langjährigem Bluthochdruck zu erwarten, die häufig Gefäßschlängelungen in der Ellenbeuge und im Truncus (Tr.) brachiocephalicus aufweisen [14].

Auf eine transradiale Katheteruntersuchung sollte bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz und (potenziellem) Shuntarm verzichtet werden. Auch das Raynaud-Syndrom stellt eine relative Kontraindikation dar [17].

Auf den früher empfohlenen Allen-Tests kann aufgrund aktueller Daten verzichtet werden [48]. Ein palpabler Radialispuls ist ausreichend [48]. Die ausgeprägte intraossäre Kollateralisierung des Hohlhandbogens führt dazu, dass mögliche Radialisverschlüsse meist asymptomatisch bleiben [16].

Durch die gute Komprimierbarkeit der A. radialis können auch intensiv antikoagulierte Patienten untersucht werden (INR-Wert bis 2,5 und nicht pausierte neue orale Antikoagulanzien). Aktuelle wissenschaftliche Daten gibt es dazu allerdings nicht, sodass patientenindividuell (Blutungsrisiko, erforderliche PTCA, etc.) über die Durchführbarkeit des Eingriffs entschieden werden muss.

Der Arm des Patienten kann auf einem den Angiographietisch verbreiternden Brett möglichst nah am Körper gelagert werden. Erhältlich sind verschiedene Extensionsschienen (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Lagerung bei rechtsradialem Zugang mittels spezieller Extensionsschiene (Terumo Corporation, Tokio, Japan)

Bei linksradialem Zugang wird der Arm nach erfolgter Punktion Richtung Körpermitte positioniert, sodass die weitere Prozedur von der rechten Herzkathetertischseite durchgeführt werden kann. Hierzu eignen sich Armschlingen oder große Kissen.

Für die Punktion wird der Arm des Patienten in einer überstreckten Supination in Dorsalfexion gelagert. Dafür kann die Hand z. B. mit einem Klettverschluss oder einem Pflaster passager fixiert werden. Zum Abdecken des Patienten stehen spezielle Abdecktücher zur Verfügung, die den transradialen und im Falle eines notwendigen Wechsels auch den transfemoralen Zugang ermöglichen.

Punktion der Arteria radialis

Der Punktionsort der Arterie liegt ungefähr 2 cm proximal des Processus styloideus. Nach der Sprühdesinfektion wird eine Lokalanästhesie mit 1–2 ml subkutan durchgeführt, wobei Irritationen des Gefäßes zu vermeiden sind. Alternativ ist die Anwendung von Lidocainpflastern möglich, die allerdings mindestens 1 h vor Untersuchung aufgebracht werden müssen. Die arterielle Punktion erfolgt in koaxialer Richtung in der Regel mit einer offenen, speziellen Stahlnadel (18–20 Gauge). Der Punktionswinkel ist – im Gegensatz zur transfemoralen Punktion – eher flach (10–20 Grad) (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Punktion der rechten A. radialis im flachen Winkel

Radialispunktionssets und spezielle Plastikschleusen (ähnlich einer Venüle), die alternativ verwendet werden können, sind kommerziell erhältlich.

Bei ausreichendem (pulsierendem) arteriellen Rückfluss wird ein gerader Draht in das Gefäß eingeführt. Dabei ist darauf zu achten, dass der Draht ohne jeden Widerstand vorgebracht werden kann.

Danach wird eine Radialisschleuse in die A. radialis eingebracht. Die Schleusen zeichnen sich durch eine langgezogene stark verjüngende Spitze sowie eine spezielle hydrophile Beschichtung aus, die die irritierende Reibung des Gefäßes reduziert. Aufgrund ihres geringen Außendiameters verringert die Glidesheath Slender© Schleuse (Terumo Corporation, Tokio, Japan) die Gefäßirritation [3]. Ob längere Schleusen (z. B. 23 cm) Vorteile haben, ist bisher nicht hinreichend belegt.

Sind großlumige Führungskatheter notwendig, ist auch ein schleusenloses Intervenieren möglich (z. B. Railway® Sheathless Access System, Cordis Corporation, Miami, USA).

Spasmusprävention

Die Punktion und das Einführen der Schleuse können zu Vasospasmen der A. radialis führen. Zur medikamentösen Prophylaxe kann neben einer Sedierung (s. oben) eine individualisierte Dosierung von Nitraten (z. B. 0,2 mg) und/oder einem Kalziumantagonisten (z. B. Verapamil 2,5 mg) ggf. auch in Kombination über die liegende Schleuse verabreicht werden. Der Blutdruck und entsprechende Kontraindikationen sind zu beachten [41].

Periprozedurales Gerinnungsmanagement

Zur Vermeidung eines A. radialis-Verschlusses (s. Abschnitt „Komplikationen“) ist eine adäquate Antikoagulation essenziell. Diese kann zu Beginn der Untersuchung durch die Gabe unfraktionierten Heparins (Standarddosis für eine diagnostische Prozedur 5000 I.E.) oder mit niedermolekularem Heparin (z. B. Enoxaparin 60 mg) erreicht werden [37, 42]. Diskutiert wird, dass eine intraarterielle Heparingabe aufgrund der Säureeigenschaften zu einer Reizung der A. radialis führen kann, was klinisch allerdings nicht bedeutsam erscheint [30]. Bei einer folgenden Intervention ist die Heparindosis anzugleichen, ggf. nach Messung der ACT („activated clotting time“, Zielkorridor 250–350 s). Im Fall einer Heparin-induzierten Thrombozytämie erfolgt die Gabe von Faktor Xa oder Thrombinantagonisten. Eine vorbestehende Antikoagulation ist bei der Heparindosierung bzw. alternativen Substanzen zu berücksichtigen.

Zugang und Katheterauswahl

Zugang

Für Nativgefäße ist der rechts-radiale Zugangsweg Standard. Für die A. radialis rechts spricht die ergonomisch günstigere Arbeitsposition am Kathetertisch. Im Fall eines Versagens ist ein Wechsel auf die linke A. radialis möglich (s. Abschnitt „Vorbereitung“).

Für den linksradialen Zugangsweg spricht, dass das Katheterverhalten in der Aorta ascendens dem transfemoralen Vorgehen ähnelt (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Typische Katheterlage im Bereich des Aortenbogens und der Aorta ascendens bei rechts- (dunkelblau) und links-radialem (gelb) bzw. transfemoralem Zugang (hellblau)

Bei der Sondierung von Bypassgefäßen ist die Darstellung venöser Grafts über den rechtsradialen Zugang ohne größere Probleme möglich [23]. Bei der selektiven Sondierung der A. mammaria interna links (LIMA) sollte der linksradiale Zugang bevorzugt werden.

In Fällen, in denen eine Sondierung der Brustwandarterien von ipsilateral nicht möglich ist, wird der transfemorale Zugangsweg empfohlen. Bei der erforderlichen selektiven Darstellung beider Arteriae mammariae ist der transfemorale Zugang die Methode der Wahl.

Zur Einführung der Katheter empfiehlt sich die Verwendung eines Standard 0,035-inch-Drahtes (0,889 mm) mit J‑Tip (J-Draht). Für sehr kleine Gefäße wird ein Mini-J-Tip-Draht angeboten. Bei sehr gewundenen Gefäßverläufen („Kinking“) und Gefäßschlingen („Loops“) ist der Wechsel auf einen hydrophil beschichteten Draht (z. B. Glidewire©, Terumo Corporation, Tokio, Japan) hilfreich, der unter Durchleuchtung vorgeschoben werden sollte. Ist das Vorbringen des Katheters in der A. radialis oder brachialis problematisch, sollte eine angiographische Darstellung der Gefäßstruktur erfolgen.

In der Mehrheit der Fälle gelingt eine Drahtpassage in die Aorta direkt oder mithilfe tiefer Inspiration. Bei Abweichen in die Aorta descendens kann durch die Steuerung des nachgeschobenen Katheters (Rotation, Rückzug) die Aorta ascendens sondiert werden.

Alternativer Zugang

Der Zugang über die A. ulnaris wird nur sehr selten genutzt. Da das Gefäß sehr früh tief in die Muskelloge zieht, ist die Kompression schwieriger als bei der oberflächlich verlaufenden Radialarterie.

Eine weitere erst kürzlich vorgestellte Zugangsoption ist die distale A. radialis. Der Punktionsort ist ein palpabler Puls in der Foveola radialis (Tabatière oder auch Snuff-Box genannt). Die Erfahrungen hier sind noch limitiert. Ein möglicher Vorteil kann eine geringere Rate an Radialis-Verschlüssen sein. Die postprozedurale Kompression muss bisher durch einen individuell angelegten Verband erfolgen.

Katheterauswahl Diagnostik

Prinzipiell ist für den transradialen Zugang kein spezielles Kathetermaterial notwendig, d. h. es können Standarddiagnostikkatheter von 4–6 French (Fr.) benutzt werden [7].

Das rechts-koronare Ostium ist meist mit einem Judkins rechts (JR) 4,0 Katheter zu sondieren. Bei besonderen anatomischen Bedingungen können auch der Amplatz-links-I(AL I)-, Multi-Purpose(MP)- oder der Amplatz-rechts(AR)-Katheter benutzt werden [7]. Die Intubation des links-koronaren Ostiums gelingt bei normalen anatomischen Verhältnissen mit einem Standard-Judkins-links(JL)-3,5-Katheter.

Generell ist bei transradialem Zugang und Intubation der linken Kranzarterie mit Judkins-Kathetern eine kleinere Größe als bei transfemoralem Vorgehen zu wählen. Auch hier können bei atypischer Anatomie Alternativkatheter (z. B. AL I, AL II) ähnlich wie von femoral eingesetzt werden.

Zur Vermeidung von mechanischen Irritationen (Katheterwechsel), die zu Vasospasmen führen können, bzw. mit Hinblick auf eine mögliche Zeit- und Kostenersparnis ist ein Ein-Katheter-Konzept von Vorteil (z. B. TIGER II©, Terumo Corporation, Tokio, Japan). Mit derartigen Kathetern gelingt sowohl die Sondierung des rechts- als auch des links-koronaren Ostiums [22]. Dabei wählt man für Patienten mit einer Körpergröße kleiner als 175 cm in der Regel die Größe 3,5, größer 175 cm eine 4,0 Größe [20].

Liegt ein Zustand nach transkatheter-implantierter Aortenklappe (TAVI) vor, insbesondere bei Koronarostien-überdeckenden oder hochpositionierten Prothesen, ist der Zugang zu den Koronarostien oftmals durch die Stentstreben erschwert. Kleinere Amplatz-Katheter aber auch die Judkins-Katheter (insbesondere für die linke Herzkranzarterie) sind eine mögliche Option.

Bypässe: Zur Darstellung der Venenbypässe von rechts-radial werden die gleichen Katheter wie von femoral verwendet. Ein hochabgehender Venenbypass ist mit einem AL 1 oder AL 2 gut zu sondieren (Abb. 4). Links-radial sind die Venenbypässe mit den Standardkathetern leichter zu erreichen. Zur Sondierung des LIMA-Bypasses kann bei links-radialem Zugang der Mammaria-Katheter benutzt werden.

Abb. 4
figure 4

Katheterauswahl rechts- und links-radial in Abhängigkeit von der Lokalisation der Venenbypässe

Katheterauswahl Intervention

Der überwiegende Anteil der Koronarinterventionen kann mittels 5‑Fr.- bzw. 6‑Fr.-Führungskathetern sicher und erfolgreich durchgeführt werden [51]. Für wenig komplexe Interventionen ist bei transradialem Zugang die Verwendung von 5‑Fr.-Führungskathetern zu bevorzugen, da hierdurch Verletzungen und Irritationen der kleinkalibrigen A. radialis minimiert werden. Durch tiefe Intubation der Koronararterie („deep seating“) kann der Backup-Support verbessert werden. Bei komplexeren Koronarinterventionen (z. B. Bifurkationsstenosen mit Kissing-balloon-Notwendigkeit) oder Einsatz spezieller Verfahren (z. B. Scaffold-Implantation, Rotablation) ist ein 6‑Fr.- oder 7‑Fr.-Führungskatheter erforderlich. Durch die Verwendung der oben genannten Glidesheath Slender®-Schleusen (Terumo Corporation, Tokio, Japan) ist auch bei diesen Größen ein transradiales Vorgehen in der Regel problemlos.

Bei reduziertem Back-up sollten Führungskatheter mit einer extra Back-up-Konfiguration (wie z. B. EBU oder XB) verwendet werden. Bei der Wahl der Größe der XB- bzw. EBU-Kurve wird eine kleinere Größe als beim transfemoralen Vorgehen bevorzugt. Der EBU-3,0-Katheter wird bei sehr kleinem Anulusdurchmesser empfohlen.

Bei rechts-koronaren Interventionen ist bei unkomplizierter Anatomie ein JR-Führungskatheter in der Regel ausreichend. Sollte mehr Back-up notwendig sein, empfiehlt sich eine AL-Konfiguration (üblicherweise AL1 oder AL 0,75), da der AL-Katheter sich zusätzlich an der kontralateralen Aortenwand abstützt. Bei Intervention im Bereich des rechts-koronaren Ostiums ist der JR-Katheter eine gute Wahl, der leichter semiselektiv an das Ostium herangeführt werden kann und so eine exakte Stentplatzierung bis an den aortalen rechtskoronaren Abgang möglich ist.

Für Interventionen von aortokoronaren Bypässen zur linken Koronararterie sind AL-Konfigurationen, zur rechten Koronararterie Multipurpose-Katheter vorteilhaft. Interventionen eines In-situ-RIMA- oder LIMA-Bypasses sollten jeweils über einen ipsilateralen Zugang mittels Mammaria-Katheter erfolgen. Hierbei kann eine Katheterlänge von 90 cm ausreichend sein.

Bei unzureichendem Back-up eines Führungskatheters wird die Katheterlage durch Nutzung von 2 Drähten („buddy wire“), die Verwendung eines Ankerballons oder die Anwendung der Mother-Child-Technik stabilisiert.

Strahlenexposition

Gegenüber dem transfemoralen Zugang ist bei transradialem Zugang mit einer geringen, aber signifikant erhöhten Strahlenbelastung zu rechnen, wenngleich die Interpretation der Daten kontrovers diskutiert wird [12, 21, 32]. Bei Verwendung des linksradialen Zugangs ist die geringere Strahlenexposition mit der günstigeren Anatomie der A. subclavia links im Vergleich zum Truncus brachiocephalicus und damit leichterem Vorbringen der Katheter in die Aorta ascendens erklärt [15, 36, 43, 44]. Eine aktuelle Metaanalyse 24 randomisierter Studien mit über 19.000 Patienten zeigte eine im Mittel um 30 s längere Durchleuchtungszeit in der Radialisgruppe. Dabei schreiben die Autoren den größten Anteil der zusätzlichen Strahlendosis der Passage von der A. radialis in die A. brachialis und der anschließenden Sondierung der Aorta ascendens zu. Mit zunehmender Routine und Erfahrung gelingt dies meist ohne Durchleuchtung, was zu einer erheblichen Reduktion der Strahlenbelastung führt [36]. Die Berücksichtigung von Strahlenexposition und Strahlenschutz ist bei jeglicher Zugangsart obligat.

„Pitfalls“ und Komplikationsmanagement

Um eine Intervention über die A. radialis komplikationsfrei durchzuführen, ist ein regelmäßiger Einsatz des Zugangsweges notwendig. Mindestens 80 Prozeduren pro Untersucher und Jahr korrelieren mit einer Reduktion der Komplikationen, der Untersuchungs- und Durchleuchtungsdauer [45].

Komplexe Zugangswege

Das vergleichsweise kleine Gefäßlumen der A. radialis ist bei der Sondierung mit Drähten oder Kathetern verletzungsanfälliger. Es gibt eine Vielzahl anatomischer Verlaufsvarianten insbesondere im Übergangsbereich der A. radialis in die A. brachialis, die die Sondierung der Aorta ascendens erschweren können. Grundsätzlich gilt, dass beim Versuch der Gefäßsondierung mit Drähten bei einem Widerstand sehr vorsichtig vorgegangen werden muss. Das Manöver an der nicht überwindbaren Stelle kann Schmerzen verursachen. Die Drahtpassage hat an dieser Stelle unter Durchleuchtung zu erfolgen. Ein hydrophiler Draht (Glidewire©; Terumo Corporation, Tokio, Japan), aber auch dünnere Sondierungsdrähte (z. B. „floppy“ PTCA-Drähte) können dabei hilfreich sein. Nach Überwinden des Hindernisses ist das weitere Vorschieben meist unproblematisch.

Schwierig kann die Passage von Loops sein. Ein Vorbringen von PTCA-Drähten gelingt meist einfacher, das Nachführen des Katheters hingegen kann problematisch sein. Als Hilfsmittel kann ein PTCA-Ballon, der aus der Spitze des Katheters hinausragt, unter Durchleuchtung über den Loop vorgeschoben werden („ballon-assisted-tracking“; Abb. 5). Bei erfolglosen Manövern muss ggf. der Zugangsweg gewechselt werden.

Abb. 5
figure 5

„Ballon-assisted-tracking“: Bei Passagebehinderung wird ein aus der Katheterspitze herausragender Ballon (s. Pfeil) inflatiert, sodass er eine (weniger traumatische) Läsions- oder Gefäßpassage ermöglicht

Die Sondierung der Aorta ascendens kann durch Kinking im Truncus brachiocephalicus, bei elongiertem Aortenbogen oder einer Gefäßanomalie (z. B. A. lusoria) erschwert sein. Unter tiefer Inspiration hilft ein hydrophil beschichteter oder auch ein steiferer Draht bei der Passage. Bei einem notwendigen Katheterwechsel sollten ausreichend lange Drähte zur Verfügung stehen, um den erreichten Zugangsweg zu sichern.

Spasmus

Die A. radialis neigt im Vergleich zur A. femoralis vermehrt zu Vasospasmen, die zum Abbruch der Untersuchung führen können. Mit zunehmender Routine und Erfahrung in der transradialen Untersuchungstechnik treten Spasmen deutlich seltener auf. Eine vermehrte Neigung besteht bei jüngeren, weiblichen Patienten. Ein Nikotinkonsum kann das Auftreten von Spasmen verstärken. Vorbeugend ist eine Nikotinkarenz, eine beruhigende Patientenführung während der Vorbereitung, sowie während des Eingriffs. Angespannte Patienten sollten durch orale oder intravenöse Gabe eines Sedativums behandelt werden (s. Abschnitt „Patientenvorbereitung“). Ist das Vorbringen eines großlumigeren Katheters aufgrund eines Spasmus erschwert, so helfen die Gabe von Nitraten und/oder Kalziumantagonisten (s. Abschnitt „Spasmusprävention“) sowie eine intensivierte Analgesie und das „balloon-assisted-tracking“ (s. Abschnitt „Komplexe Zugangswege“).

Gefäßperforation

Beim Einsatz des Sondierungsdrahtes können neben dem relativ kleineren Gefäßkaliber der Radialarterie auch kleinere Seitenäste, komplexe Verzweigungen und Gefäßloops vor Einmündung in die A. brachialis problematisch sein (s. Abschnitt „Komplexe Zugangswege“). Die Drahtsondierung nach erfolgreicher Punktion muss daher vorsichtig und ohne jeglichen Widerstand erfolgen.

Im Falle einer Gefäßperforation sollte der Versuch unternommen werden, mittels PTCA-Draht die Perforationsstelle vorsichtig zu überwinden. Zum atraumatischen Vorbringen des Katheters kann der Einsatz des „ballon-assisted-trackings“ hilfreich sein. Gelingt die Passage, kann der Eingriff in der Regel problemlos fortgesetzt werden, da der liegende Katheter während des Eingriffs die Perforationsstelle abdichtet.

Ist die Perforationsstelle nicht zu passieren, kann bei persistierender Blutung über einen transfemoralen Zugang die A. radialis von antegrad mit einem Ballon passager okkludiert werden. Bei Erfolglosigkeit sollte eine Blutdruckmanschette mit einem Druck von 20 mm Hg unter dem systolischen Blutdruck angelegt werden. Alternativ kann der betroffene Arm in diesem Bereich zirkulär gewickelt werden. Der Patient muss durch wiederholte Duplexsonographien engmaschig überwacht werden. Wenn möglich sollte ein chirurgischer Eingriff, der sich am Arm komplex gestaltet, vermieden werden. Eine relevante Perforation großer Arterien (A. subclavia, Tr. brachiocephalicus) ist sehr selten und stellt eine lebensbedrohliche Komplikation dar. Ein frühzeitiges chirurgisches Vorgehen muss diskutiert werden. Grundsätzlich ist bei Schmerzen im Unterarm während oder nach der radialen Untersuchung eine Blutung mittels Duplexsonographie auszuschließen.

Zerebrale Komplikationen

Ob der transradiale Zugang zu vermehrten zerebralen Ereignissen führt, wird in der Literatur kontrovers diskutiert [26]. In einer Metaanalyse [19] fand sich bei transradial untersuchten Patienten kein erhöhtes Risiko für zerebrale Ereignisse, was durch die großen Studien MATRIX und RIVAL bestätigt wurde [19, 49] und auch bei über 75-jährigen Patienten gezeigt werden konnte [1].

Radialisverschluss

Die in älteren Studien angegebenen Verschlussraten der A. radialis bewegen sich zwischen 5 und 11 % [29, 52]. In aktuellen Untersuchungen, die effektive präventive Maßnahmen berücksichtigen, liegt die Verschlussrate unter 1 % [31]. Der Verschluss der A. radialis verläuft in der Regel asymptomatisch. Beschwerden können als Hypästhesie, schnellere muskuläre Ermüdbarkeit und Schmerzen im Bereich der betroffenen Hand auftreten. Mit einer spontanen Rekanalisation kann in über 50 % der Verschlussfälle gerechnet werden [46]. Zu den präventiven Maßnahmen zur Verhinderung eines Gefäßverschlusses gehören die oben beschriebene obligate Gabe von mindestens 5000 E Heparin und das Arbeiten mit möglichst kleinen Schleusen und Kathetern [47]. Eine diagnostische Angiographie gelingt nahezu immer unter Verwendung von 4‑F- und 5‑F-Kathetern. Bei vorhersehbar langwierigen Interventionen mit sehr langer Liegezeit von Schleuse und Katheter (z. B. Rekanalisation eines chronischen Koronarverschlusses) muss die Verwendung des transradialen Zugangs kritisch abgewogen werden.

Unverzüglich nach dem Eingriff sollte die Schleuse entfernt werden (s. Abschnitt „Nachsorge“). Beim Anlegen des Druckverbandes ist das Prinzip der „patent hemostasis“ zu beachten, also des erhaltenen antegraden Flusses, bei erreichter Hämostase. Im Falle eines Radialisverschlusses ist durch medikamentöse Intervention unter Einsatz niedermolekularen Heparins eine Wiedereröffnung möglich [47]. Inwieweit Vitamin-K-Antagonisten oder neue orale Antikoagulanzien über einen bestimmten Zeitraum (z. B. 4 Wochen oder auch länger) Erfolg versprechend sind, ist durch wissenschaftliche Daten nicht hinreichend belegt.

Eine zeitlich begrenzte Kompression der A. ulnaris erzeugt eine Hyperperfusion im Radialisstromgebiet mit der Chance einer Reperfusion [5].

Nachsorge

Nach Beendigung der transradialen Herzkatheteruntersuchung wird der Katheter mit Draht zurückgezogen. Anschließend sollte die arterielle Schleuse noch auf dem Kathetertisch entfernt werden. Ein Belassen der Schleuse ist unbedingt zu vermeiden, da dies eine erhöhte Radialisverschlussrate zur Folge hat (s. Abschnitt „Komplikationen“) [10]. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten der anschließenden mechanischen Kompression der Punktionsstelle. Entscheidend ist das Prinzip der „patent hemostasis“ (s. Abschnitt „Radialisverschluss“). Auf dem Markt verfügbar sind unterschiedliche Verschlusssysteme. Es gibt nur wenige wissenschaftliche Arbeiten über den Vergleich der Systeme untereinander [11, 38], sodass eine adäquate Wertung hinsichtlich der Qualität nicht möglich ist.

In Deutschland weit verbreitet ist der Einsatz des TR-Bandes®, (Terumo Corporation, Tokio, Japan), eine aus transparentem Plastik bestehende Manschette mit Klettverschluss und einem dem Druckaufbau dienenden regulierbaren Luftkissen (Abb. 6). Im Vergleich zur konventionellen Kompression haben sich damit weniger Radialisverschlüsse gezeigt [35].

Abb. 6
figure 6

Kompression der Punktionsstelle mit transparenter Manschette mit regulierbarem Luftkissen (TR Band®, Terumo Corporation, Tokio, Japan), s. Pfeil

Nach Anlage des TR-Bandes und Entfernung der Schleuse (Abb. 7) wird die in das Polster injizierte Luft so lange abgelassen, bis etwas Blut aus der Punktionsstelle austritt. Dann werden ca. 2 ml Luft wieder hinzugegeben, um so einen für den Patienten optimalen „individualisierten“ Verschlussdruck zu erreichen. Idealerweise wird die Perfusion pulsoxymetrisch kontrolliert („patent hemostasis“). [37]. Der Kompressionsdruck sollte im Verlauf von 2–4 h sukzessive reduziert werden. Durch eine Reduktion der Kompressionsdauer kann die Rate an Radialisverschlüssen gesenkt werden [34].

Abb. 7
figure 7

Anlage des TR Bandes® und Entfernung der Schleuse

Klagt der Patient über Schmerzen, sollte sichergestellt werden, dass keine Blutung und keine Ischämie aufgetreten sind (s. Abschnitt Komplikationen). Gegebenenfalls kann zur Druck und Schmerzentlastung etwas Luft abgelassen werden. Eine Objektivierung der Fingerdurchblutung ist durch ein Pulsoxymeter (s. oben) möglich. Bei Nachblutung, z. B. aufgrund einer intensivierten Antikoagulation, muss das Kompressionsintervall verlängert werden.

Neben Nachblutungen, unter Umständen mit Ausbildung eines Hämatoms, können durch die Bandage Schmerzen im Punktionsbereich oder im Hand/Fingerbereich sowie Gefühlstörungen (Taubheitsgefühl, Kribbelparästhesien) auftreten. Eine livide Verfärbung der Akren, bedingt durch den behinderten venösen Rückstrom, ist klinisch meist unbedeutend.

Vor Entlassung sollte die Hand inspiziert und der Radialispuls palpatorisch geprüft werden. Bei Verdacht auf Mangeldurchblutung sind eine Pulsoxymetrie und/oder eine Doppler‑/Duplexuntersuchung anzuschließen.

In seltenen Fällen kann es zu lokalen Entzündungen im Bereich der Einstichstelle, zu Druckstellen bis hin zu Nekrosen und der Ausbildung von Aneurysmata kommen. In wenigen Fällen ist ein Complex-Regional-Pain-Syndrom beschrieben [35].

Durch den beschriebenen Druckverband im Handgelenkbereich sind eine schnellere Mobilisation mit hoher Patientenzufriedenheit [25] sowie kürzere Krankenhausaufenthalte im Vergleich zum femoralen Zugang hinreichend belegt [13, 27].