Zusammenfassung
Unter Verantwortung des Ministeriums für Volksbildung wurde in den Heimen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mit menschenrechtswidriger Praxis das oberste Ziel der sozialistischen Erziehung, die Herausbildung „sozialistischer Persönlichkeiten“, angestrebt. Es durchliefen 495.000 Minderjährige das Heimsystem der DDR. Insgesamt gab es 662 Heime, davon 456 Normalheime, 168 Spezialheime und 38 Jugendwerkhöfe. Unklar ist die Zahl derer, die in Durchgangsheimen und in den sog. Jugendwohnheimen untergebracht waren. Zwang, Gewalt, Freiheitsbeschränkung, Menschenrechtsverletzungen, Fremdbestimmung, entwürdigende Strafmaßnahmen und nicht zuletzt die Verweigerung von Bildungs- und Entwicklungschancen gehörten insbesondere in den Spezialheimen zur Normalität. Die Betroffenen leiden bis heute unter ihren traumatischen Erfahrungen. Bis heute ist diese jüngste Opfergruppe des Regimes der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) gesellschaftlich kaum wahrgenommen und anerkannt; sie leidet vielmehr unter einer Stigmatisierung und Marginalisierung.
Abstract
Under the responsibility of the Ministry for National Education the priority aim of the socialist upbringing in the homes of the GDR, the emergence of “socialist personalities”, was strived for with practices that were a violation of human rights. A total of 495,000 juveniles passed through the homes system of the GDR. There were a total of 662 homes, of which 456 were normal homes, 168 special homes and 38 homes for youth with conduct disorder. Among these the number who were accomodated in transit homes and in the so-called juvenile hostels is unclear. Coercion, violence, detention, violation of human rights, heteronomy, degrading penal measures and last but not least the denial of educational and developmental chances were part of the normal routine, particularly in the special homes. Those affected still suffer today under their traumatic experiences. So far this youngest group of victims of the regime of the Socialist Unity Party of Germany (SED) have been barely perceived and recognized and instead suffer from a stigmatization and marginalization.
Notes
Zitiert nach: Ebbinghaus und Sack (2012, S. 326).
Zitiert nach: taz (2013).
Zitiert nach: taz (2013, S 25).
Ines F., „Vielleicht Wenn du kein Herz aus Stahl hast …“, in (Eisler und Lach 2013, S.30 2013, S. 30)
Heike F., „Vielleicht wäre es anders gekommen, wenn mich jemand an die Hand genommen hätte …“, in Eisler und Lach (2013, S. 24).
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A. Censebrunn-Benz gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Teile der vorliegenden Arbeit sind bereits im Artikel „Geraubte Kindheit – Jugendhilfe in der DDR“ (Bundeszentrale für politische Bildung, Deutschland Archiv, 30.06.2017, Link: www.bpb.de/251286) erschienen.
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Censebrunn-Benz, A. Zwangserziehung in der DDR. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 13, 64–72 (2019). https://doi.org/10.1007/s11757-018-00509-0
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