Das Ihnen hier vorliegende sechste Heft dieses Jahrganges enthält wiederum eine Auswahl von Beiträgen, die ein breites Spektrum erziehungswissenschaftlicher Arbeitsweisen, Ansätze und Themen abdecken. Diesmal sind etliche Beiträge zusammen gekommen, die sich mit den Professionellen beschäftigen, die sich in Schule (und Vorschule) um die Bildung der nachwachsenden Kohorten kümmern, oder aber sich auf solche Tätigkeiten über ein Studium gerade vorbereiten. Aber auch Themen rund um Kompetenzen und Bildungsaspirationen von Kindern und Jugendlichen, die noch in der Schule sind, kommen nicht zu kurz. Und selbst zur Frage schulischer Systeme und ihrer Reformen finden Sie einen Beitrag in diesem Heft.

Der erste Beitrag von Olaf Köller, Johanna Fleckenstein, Jennifer Meyer, Anna Lara Paeske, Maleika Krüger, Andre Rupp und Stefan Keller geht der Frage nach, wie es bei Elftklässlerinnen- und -klässlern des 8jährigen Gymnasiums um die Schreibkompetenzen im Englischen bestellt ist. Auswertungen zum argumentativen und sachorientierten Schreiben von mehr als 800 Schülerinnen und Schülern ergaben, dass rund 60 % der Untersuchten bereits ein Jahr vor dem Abitur mindestens das angestrebte B2-Niveau des Europäischen Referenzrahmens erreicht haben.

Lars Jenßen, Simone Dunekacke, Jan-Eric Gustafsson und Sigrid Blömeke thematisieren im zweiten Beitrag den Zusammenhang zwischen Intelligenz und professionellem Wissen über Mathematik und Mathematikvermittlung bei pädagogischen Fachkräften der Vorschule. Etwa 350 pädagogische Fachkräfte wurden hinsichtlich ihres mathematischen und ihres mathematikdidaktischen Wissens überprüft und bearbeiteten zusätzlich einen gängigen Intelligenztest. Der empirisch gefundene enge Zusammenhang zwischen mathematischem und mathematikdidaktischem Wissen ließ sich weitgehend durch den Generalfaktor der Intelligenz erklären.

Der dritte Beitrag von Sarah Lenz, Marlen Holtmann, Camilla Rjosk und Petra Stanat thematisiert den Erfolg bildungspolitischer Entscheidungen der jüngeren Vergangenheit. Aufgegriffen werden länderspezifische Reformmaßnahmen zur Reduzierung der Segregation von Schülerinnen und Schülern mit niedrigem sozioökonomischen Status oder Zuwanderungshintergrund sowie die Umstrukturierung der dreigliedrigen in eine zweigliedrige Sekundarstufenform, die in den letzten Jahren in vielen Bundesländern vollzogen wurde. Anhand der Datensätze vom IQB-Ländervergleich 2009 und des IQB-Bildungstrends 2015 prüfte die Autorengruppe diese schulstrukturellen Maßnahmen zu einer Reduzierung soziokultureller Segregation führen. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Die soziale Segregation unterscheidet sich nicht zwischen den Bundesländern mit zwei- versus dreigliedriger Sekundarstufe und auch nicht in sogenannten Reformländern. Lediglich die Zuwanderungsbedingte Segregation hat insbesondere in Reformländern mit dreigliedriger Sekundarstufe abgenommen.

Martin Senkbeil, Jan Marten Ihme und Christian Schöber legen im vierten Beitrag dieses Heftes empirische Analysen ITC-bezogenen Kompetenzniveau angehender und fortgeschrittener Studierender vor. In Sekundäranalysen der Studierenden-Daten aus dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) zeigen die Autoren, dass die ICT-Kompetenzen aktueller Studienanfänger besser sind als die von fortgeschrittenen Studierendenkohorten, allerdings auch dort immer noch 20 % nicht die formulierten Mindeststandards erreichen.

Mit der Frage, wo und wie quereinsteigende Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst im Land Berlin eingesetzt werden, beschäftigt sich der fünfte Beitrag von Dirk Richter und Alexandra Marx. Auf der Basis der Schulstatistik des Landes Berlin für das Schuljahr 2016/2017 untersuchen die Autoren, ob sich der Anteil von Referendar/inn/en und Quereinsteigenden am Lehrerkollegium von Schulen in Abhängigkeit von der Komposition der Schülerschaft unterscheidet. Die Vollerhebung berüchtigt die Daten von mehr als 2600 Personen, von denen etwa ein Drittel als Quereinsteigende unterrichten. Ein Großteil dieser Personen wurde an Grundschulen eingesetzt und zwar besonders an solchen, deren Schülerschaft eher aus sozial benachteiligten Familien stammen.

Der sechste Beitrag von Nicole Götz und Florian Wohlkinger wirft die Frage nach der Rolle der schon im Grundschulalter beobachtbaren Bildungsaspirationen von Kindern beim Entstehen sozialer Disparitäten auf. Auf Grundlage der Stichprobe von nahezu 5000 Drittklässlern der NEPS-Startkohorte 2 können die Autoren mithilfe multivariater Analysen zeigen, dass die Aspirationen der Kinder von der sozialen Position und den Bildungsaspirationen ihrer Eltern abhängig sind, wobei insbesondere die von den Kindern selbst bewerteten Rational-Choice-Indikatoren den größten Impact zu haben scheinen.

Eva Keller und Cornelia Glaser beschäftigen sich im siebten Beitrag mit dem Wissen angehender Lehrkräften über evidenzbasierte Maßnahmen zur Förderung der Schreibkompetenz. Mit Hilfe von Fallvignietten wurde bei fast 600 Lehramtsstudierenden mit dem Fach Deutsch in der ersten Phase der Lehrerbildung dieses Wissen erfasst. Mittels konfirmatorischer Faktorenanalysen konnte die theoretisch angenommene einfaktorielle Struktur des schreibdidaktischen Wissens bestätigt werden. Außerdem konnten Zusammenhänge zu motivationalen Orientierungen und lerntheoretischen Überzeugungen nachgewiesen werden.

Die Frage, ob das Lehramtsstudium auch heute noch als Weg für den sozialen Aufstieg genutzt wird, steht im Fokus der Studie von Corinna Lautenbach im achten Beitrag. Die Verfasserin untersuchte dazu die soziale Zusammensetzung von Studierenden der Lehramtsstudiengänge. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass insbesondere Studiengänge zum Lehramt in der Sekundarstufe I für den sozialen Aufstieg genutzt werden. Corinna Lautenbach findet empirische Hinweise dafür, dass die Herkunftseffekte zumindest teilweise auf schichtspezifische Kosten-Nutzen-Kalküle, die soziokulturelle Nähe des Elternhauses zum Hochschulbereich sowie die subjektiv wahrgenommene Erfolgswahrscheinlichkeit zurück zu führen sind.

Der neunte Beitrag in diesem Heft widmet sich der beruflichen Selbstregulation von Lehrkräften. Claudia Menge und Hildegard Schaeper legen dazu Analysen auf der Basis der mehr als 1000 Lehramtsstudierenden der NEPS-Studierendenkohorte für die dort verwendete Kurzskala zur beruflichen Selbstregulation vor. Die vierfaktorielle Struktur des Instruments ließ sich bestätigen, die Subskalen verfügen über hohe interne Konsistenz. Mit latenten Profilanalysen konnten die Autorinnen vier Muster der beruflichen Selbstregulation identifizieren, für die auch einige der aus der einschlägigen Literatur bekannten Zusammenhänge mit Geschlecht und allgemeinen Persönlichkeitsmerkmalen nachweisbar waren.

Der zehnte und letzte Originalbeitrag dieses Heftes thematisiert die materielle Modellierung schulischen Wissens im Entwicklungsteam eines naturwissenschaftlichen Experimentierkoffers für die Grundschule. Jochen Lange bedient sich dabei des ethnographischen Ansatzes auf der Basis von Beobachtungen, wie ein heterogen qualifiziertes Team aus Naturwissenschaftlern, der Grundschulpraxis und Verlagsmitarbeitenden in situ Wissensbestände für den späteren Unterricht konstruiert und aufbereitet, also materialisiert. Er arbeitet dabei heraus, wie das Team intern verhandelt und wie die Personen im Team zu antizipieren versuchen, wie z. B. das Wissen der Physik mit dem lebensweltlichen Wissen der Schülerinnen und Schüler zusammenpassen könnte.