Das Auftreten einer akuten Nierenschädigung („acute kidney injury“, AKI) infolge eines akuten kardialen Ereignisses ist mit einer schlechteren Prognose assoziiert. Es kann in eine chronische Nierenerkrankung („chronic kidney disease“, CKD) übergehen bzw. ist durch eine vorbestehende CKD begünstigt [20]. Das sog. kardiorenale Syndrom (CRS) bezeichnet die Koexistenz einer sich gegenseitig bedingenden und gegenseitig aggravierenden kardialen und renalen Insuffizienz. Ihre Prävalenz ist derzeit ansteigend als Zeichen einer zunehmenden Multimorbidität aufgrund der demographischen Entwicklung und der fortschrittsbedingt verlängerten Überlebenszeit mit und nach (kardio-)vaskulären Erkrankungen. Hier soll eine aktualisierte Übersicht zur Epidemiologie, zur Pathophysiologie und zu den akuten und präventiven Therapieoptionen bei AKI als Folge eines CRS gegeben werden.

Definitionen

Die allgemein angewandte Einteilung des CRS in die pathophysiologischen Typen 1 bis 5 geht auf ein Positionspapier von Ronco et al. aus 2008 zurück ([34]; Tab. 1). Eine alternative, ätiologisch geprägte Klassifikation wurde von Hatamizadeh 2013 vorgenommen [12]. Die hier vorliegende Übersicht befasst sich schwerpunktmäßig mit der AKI infolge akuter kardialer Ursache (sog. Typ-1-CRS, CRS1). Im klinischen Alltag sind häufig eine chronische Herz- und Niereninsuffizienz gemeinsam vorbestehend (formell CRS2) und exazerbieren dann gemeinsam. Eine saubere Trennung in CRS1 oder CRS2 ist dann nicht möglich, bleibt jedoch zweitrangig, da diese Unterscheidung eher semantisch und ohne Konsequenz für die therapeutischen Prinzipien ist.

Tab. 1 Systematik der kardiorenalen Syndrome (CRS). (Nach [34])

Die AKI wird nach den KDIGO(Kidney Disease: Improving Global Outcomes)-Kriterien in die Stadien 1 bis 3 eingeteilt, also durch mindestens einen Anstieg des Serumkreatinins um 0,3 mg/dl innerhalb von 48 h bzw. das 1,5-Fache innerhalb von 7 Tagen (alternativ eine mehr als 6 h anhaltende Reduktion der Urinausscheidung auf < 0,5 ml/kg/h; [29]).

Anhand ihrer Ausprägung wird die Herzinsuffizienz („heart failure“, HF) in die 3 Schweregrade einer erhaltenen („preserved“), mittelgradigen („mid-range“) und reduzierten („reduced“) linksventrikulären Ejektionsfraktion (EF) unterteilt. Die Kenntnis dieser Klassifikation aus der aktuell gültigen Leitlinie zur Herzinsuffizienz (2016) der European Society of Cardiology (ESC; [32]) ist der Interpretation von Studien dienlich (Tab. 2). Die hierbei wichtigsten Ätiologien sind in Tab. 3 zusammengefasst.

Tab. 2 Definition der Herzinsuffizienz mit erhaltener („heart failure with preserved ejection fraction“, HFpEF), mittelgradiger („heart failure with mid-range ejection fraction“, HFmrEF) und reduzierter Ejektionsfraktion („heart failure with reduced ejection fraction“, HFrEF; [32])
Tab. 3 Ätiologien der Herzinsuffizienz [32]

Anhand ihrer Dynamik ist es in der Regel die akute Herzinsuffizienz („acute heart failure“, AHF), welche die akute Nierenschädigung beim CRS1 oder beim akut exazerbierten CRS2 hervorruft. Die AHF präsentiert sich entweder als De-novo-Herzinsuffizienz in 20 % der Fälle oder als akut dekompensierte Herzinsuffizienz („acute decompensated heart failure“, ADHF) auf dem Boden einer chronischen Herzinsuffizienz in den verbliebenen 80 % der Fälle. Die AHF ist entweder primär kardialer Genese oder hat einen typischen extrakardialen Auslöser (Infobox 1). Je nach Vorliegen einer (venösen) Kongestion bzw. einer (arteriellen) Hypoperfusion werden 4 klinische Grundphänotypen unterschieden (Abb. 1). Je nach Ausprägung müssen ggf. unverzüglich Akutmaßnahmen eingeleitet werden, wenn ein kardiogener Schock, eine Hypoxämie oder ein sog. CHAMP-Kriterium (akutes Koronarsyndrom [ACS], hypertensiver Notfall, Arrhythmie, mechanische Ursache, pulmonale Embolie) vorliegt. Ätiologie und Begleitumstände der AHF definieren folglich auch das zum Management erforderliche klinische Umfeld (z. B. Intensiv- vs. Allgemeinstation).

Abb. 1
figure 1

Formen der akuten Herzinsuffizienz gemäß European Society of Cardiology (ESC): Im ersten Schritt wird die arterielle/kapilläre Perfusion beurteilt; Patienten mit normaler Perfusion (Hypoperfusion [−]) werden als „warm“, solche mit manifester Hypoperfusion (Hypoperfusion [+]) als „kalt“ bezeichnet. Im zweiten Schritt wird differenziert, ob venöse Zeichen der Kongestion fehlen (Stauung [−]) oder vorliegen (Stauung [+]), und der Patient weiter als „trocken“ bzw. „feucht“ subkategorisiert. (Adaptiert aus [32])

Infobox 1 Auslösende Faktoren einer akuten Herzinsuffizienz [32]

  • akutes Koronarsyndrom (ACS)

  • Tachyarrhythmien (z. B. Vorhofflimmern, Kammertachykardie)

  • übermäßiger Blutdruckanstieg

  • Infektion (z. B. Pneumonie, infektiöse Endokarditis, Sepsis)

  • mangelnde Compliance bezüglich Salz‑/Flüssigkeitsaufnahme oder Medikamenteneinnahme

  • Bradyarrhythmie

  • toxische Substanzen (Alkohol, sog. Freizeitdrogen)

  • Medikamente (z. B. nichtsteroidale Antirheumatika [NSAR], Kortikosteroide, negativ inotrope Substanzen, kardiotoxische Chemotherapeutika)

  • Exazerbation einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COLD)

  • Lungenembolie

  • chirurgischer Eingriff und perioperative Komplikationen

  • erhöhter sympathischer Antrieb, stressbedingte Kardiomyopathie

  • metabolische/hormonelle Entgleisungen (z. B. Schilddrüsendysfunktion, diabetische Ketose, adrenale Dysfunktion, Schwangerschaft und peripartale Auffälligkeiten)

  • zerebrovaskulärer Insult

  • akute mechanische Ursachen: Myokardruptur als Komplikation eines ACS (Ruptur der freien linksventrikulären Wand, Ventrikelseptumdefekt, akute Mitralinsuffizienz), Thoraxtrauma oder kardiale Intervention, akute Nativ- oder Prothesenklappeninsuffizienz infolge einer Endokarditis, Aortendissektion oder Thrombose

Epidemiologie

Etwa 15–30 % der Patienten mit ACS und bis zu 50 % derjenigen mit AHF entwickeln eine AKI [20, 30]. Mit einer akuten Dialysepflichtigkeit innerhalb dieser AKI-Gruppen ist in 20 % der Fälle zu rechnen und über alle Aufnahmen mit ACS/AHF betrachtet immerhin noch bei 1–3 % der Betroffenen [20]. Die beiden wichtigsten Risikofaktoren einer kardial bedingten AKI sind das Vorbestehen einer CKD (Prävalenz bis zu 40 % auf kardiologischen Intensivstationen) sowie kardiologische Interventionen mit intraarterieller Applikation von Kontrastmittel und dem Risiko atherogener renaler Embolien (15 % kontrastmittelassoziierte AKI beim ACS) [20]. Alter, arterielle Hypertonie, Diabetes, HF, die Schwere eines Myokardinfarkts, Sepsis, Schock und der Bedarf an Vasopressoren stellen weitere Risikofaktoren dar [6, 20].

CKD oder AKI sind mit einer schlechteren Prognose akuter kardialer Erkrankungen assoziiert [20]. Abb. 2 stellt die Krankenhausmortalität einer 5‑Jahres-Kohorte (2014–2018) der Uniklinik Aachen dar und ist vergleichbar mit internationalen Zahlen [20]. Für den stationären Ressourcenverbrauch ist das Auftreten einer AKI ebenso relevant. So zeigten sich in dieser Kohorte die Liegezeiten mit AHF Grad III–IV gemäß New York Heart Association (NYHA) jeweils um 30–50 % zunehmend beim Vergleich von „kein AKI“ mit „AKI“, von „AKI KDIGO 1“ mit „AKI KDIGO 3“ und von „AKI KDIGO 3 ohne Dialyse“ mit „Dialyse“.

Abb. 2
figure 2

Mortalität stationär aufgenommener Patienten mit akuter Herzinsuffizienz im NYHA(New York Heart Association)-Stadium III–IV, stratifiziert nach Subtyp der Herzinsuffizienz und nach der An- oder Abwesenheit einer begleitenden Niereninsuffizienz (NI; 2600 Patienten, 2014–2018, Uniklinik Aachen)

Pathophysiologie

Wie sich eine AHF auf die Niere auswirkt, lässt sich anhand der physiologischen hydrostatischen und onkotischen Druckgradienten entlang des Nephrons verstehen (Abb. 3). Zusammengefasst beträgt im Normalzustand der Nettofiltrationsdruckgradient des Primärharns aus den glomerulären Kapillaren in den glomerulären Kapselraum im Mittel etwa 15 mm Hg [21]. Im Rahmen der anschließenden transzellulären Rückresorption durch das Tubulussystem werden die Solute von den peritubulären Kapillaren aufgenommen und verlassen schließlich über das Venensystem die Nieren. Das hydrostatische Druckgefälle vom Tubuluslumen zu diesen Niederdruckgefäßen beträgt ebenso nur etwa 10 mm Hg und ist besonders empfindlich für venöse Drucksteigerungen. Bereits eine Druckverdoppelung von 4 auf 8 mm Hg in der Nierenvene durch Kongestion der Vena cava und des rechten Vorhofs und damit des Interstitiums kann hier zur Halbierung der tubulären Filtrationsgradienten führen. Die venöse Stase führt retrograd zur Druckerhöhung zur efferenten Arteriole, was der Filtration entgegenwirkt [21]. Verglichen hiermit, ist der arterielle Schenkel der renalen Perfusion auch angesichts Autoregulation der Gefäße deutlich robuster gegen eine Abnahme des Herzzeitvolumens (HZV) geschützt. Klinisch wird diese Dominanz der venösen Kongestion eindrucksvoll dadurch belegt, dass ihre kardialen [21] und intrarenalen [18] hämodynamischen Indizes deutlich und kontinuierlich mit einem renalen Funktionsverlust korrelieren, eine Abnahme des HZV jedoch nicht [11, 28].

Abb. 3
figure 3

Vereinfachtes Modell der renalen Blutversorgung einschließlich der arteriellen, venösen und tubulären Druckverhältnisse entlang der renalen Funktionseinheit im Normalzustand. Berechnung des glomerulären Filtrationsgradienten: 60 mm Hg hydrostatischer Druck in Richtung Tubulus minus 27 mm Hg onkotischer Druck in Richtung Kapillare minus 18 mm intratubulärer Druck in Richtung Kapillare = 15 mm Hg netto in Richtung Tubulus. Berechnung des tubulären hydrostatischen Reabsorptionsgradienten unter Vernachlässigung der onkotischen Druckverhältnisse: 18 mm Hg hydrostatischer Druck in Richtung Interstitium minus 8 mm Hg hydrostatischer Druck in Richtung Tubulus in den peritubulären Kapillaren und im interlobulären Venensystem = 10 mm Hg netto in Richtung Interstitium/venöser Abfluss. (Skizze adaptiert aus [16], CC-BY-SA)

Weitere treibende Faktoren des CRS1 sind [20]:

  • neurohumorale Aktivierung des sympathischen Nervensystems und des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS),

  • oxidativer Stress,

  • Zytokine und Inflammation,

  • endotheliale Dysfunktion,

  • tubuläre Schädigungen,

  • Imbalance zwischen Stickstoffmonoxid (NO) und reaktiven Sauerstoffspezies (ROS),

  • Wirkverluste natriuretischer Peptide.

Die neurohumorale Verschränkung ist dadurch illustriert, dass beispielsweise über den Sympathikus eine Aktivierung der tubulären Rückresorption stattfindet, welche durch Angiotensin-II-Rezeptor-Blockade inhibiert werden kann [33].

Biomarker der akuten Nierenschädigung

Serumkreatinin und Urinfluss stellen den klinischen Standard der Nierenfunktionsbeurteilung dar. Hierbei sind Muskelstatus und steady state unbedingt zu beachten. Cystatin C als mögliche Alternative verfügt über eine postuliert geringere Störanfälligkeit gegenüber Muskelmasse, körperlicher Aktivität und Nahrungsaufnahme [30]. Bei Patienten mit HF kann die cystatinbasierte geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (GFR) jedoch ebenso wie die kreatininbasierte zu einer Über- bzw. Unterschätzung der Nierenfunktion bei geringer bzw. hoher Muskelmasse neigen [19]. Cystatin-C-Spiegel können durch Entzündungen, eine Hyperthyreose, eine Hypertriglyzeridämie oder vermehrtes Cortisol gestört werden [30]. Von den sog. neuen renalen Biomarkern erwartet man sich eine raschere Detektion, Prädiktion oder Risikoidentifikation einer AKI. Die am weitesten im klinischen Einsatz charakterisierten Vertreter sind die Schädigungsmarker KIM-1 („kidney injury molecule-1“) und NGAL („neutrophil gelatinase-associated lipocalin“) in Plasma und Urin sowie die Zellzyklus-Arrestmarker-Kombination von TIMP-2 („tissue inhibitor of metalloprotienase-2“) mit IGFBP7 („insulin-like groth factor binding protein 7“) als sog. Stressmarker [30].

Serumkreatinin und Urinfluss stellen den klinischen Standard der Nierenfunktionsbeurteilung dar

Bereits vor 10 Jahren führte anhand einer herzchirurgischen Kohorte NGAL so zum Konzept der „subklinischen“ oder „präklinischen“ AKI. Dieses ist durch ein positives Schädigungs‑/Stressmarkersignal bei Fehlen einer AKI-definierenden Kreatinin- oder Urinflussänderung charakterisiert [10] und wird gegenwärtig (mit noch offenem Ausgang) im Hinblick auf zukünftige AKI-Klassifikationen diskutiert [23, 29]. Eine monozentrische Studie aus Münster zeigte bei TIMP-2/IGFBP7-gesteuerten Maßnahmenbündeln eine leichte Reduktion der AKI-Rate nach Herzoperationen [27].

Prinzipien der Rekompensationstherapie

Therapieziel ist die substanzielle Rekompensation der Volumenüberladung, sog. „Dekongestion“. Ein Erreichen ist prognostisch günstig, selbst wenn es hierdurch, wie in 40 % der Fälle, zu einer Nierenfunktionsverschlechterung („worsening of renal function“, WRF) kommt [38]. Die ESC-Leitlinie zur Herzinsuffizienz 2016 empfiehlt als erste und kontinuierliche Basismaßnahme bei der AHF die – in der Regel intravenöse – Diuretikagabe [32]. Zu Beginn sind die Kommunikation mit dem Patienten zur Sicherstellung einer Flüssigkeitsrestriktion und zum Ausräumen des Dogmas „viel Trinken hilft viel“ sowie eine Schulung im Umgang mit Durst und idealerweise auch eine Salzrestriktion unerlässlich. Das Vorgehen zur Rekompensation erfolgt stufenweise (Abb. 4a). Die initiale Dosis des Schleifendiuretikums sollte sich an der Vordosierung und der Nierenfunktion orientieren (z. B. Einstieg mit doppelter bis 4‑facher Tagesäquivalenzdosis der bisherigen ambulanten Therapie) und hat sich anhand des intravenösen Furosemid-Stufenschemas mit Diuresezielen der Ultrafiltrations(UF)-Studie CARESS-HF [2] bewährt (Abb. 4b,c). Verglichen mit einer Standardtherapie ohne Zielvorgabe war dies klar überlegen (Urinfluss: 1,7 vs. 0,9 l; Gewichtsverlust: 1,5 vs. 0,36 kg [jeweils nach 24 h]; [9]. Inzwischen belegt sind die Ebenbürtigkeit einer kontinuierlichen mit einer Bolusgabe (DOSE-Studie 2011) sowie die klinische Sicherheit auch höherer intravenöser Furosemiddosen (bis 500–800 mg/Tag bei CARESS-HF, bis 600 mg/Tag bei der ROSE-Studie 2013 und im Schnitt 390 mg/Tag im Hochdosisarm von DOSE; [9]). In einer Biomarkernachanalyse von DOSE korrelierten Retentionsparameteranstiege nicht signifikant mit Markern tubulärer Schädigung. Nierenfunktionsverschlechterungen waren sogar, ähnlich wie ein Anstieg des Hämatokrits [36], mit einem besseren Patientenüberleben assoziiert [1]. Dies unterstreicht, dass einer adäquaten Rekompensation der Vorzug gegenüber „Kreatininkosmetik“ zu geben ist. Anhand älterer Berichte steigt die Ototoxizität beim Einsatz von hoch dosiertem Furosemid (> 1000–3000 mg/Tag i.v. oder sehr hohe i.v.-Boli à 3–6 g/kg) an [14]. Diese Dosen erscheinen heutzutage allerdings obsolet.

Abb. 4
figure 4

Rekompensationspfade: a Stufentherapie der Arbeitsgruppe Critical Care Cardiology, Heart Failure and Transplant Section, Leadership Council des American College of Cardiology 2020 ([20]; AKI „acute kidney injury“). b Steuerung der Diuretikadosis in Abhängigkeit von der initialen und konsekutiven Tagesurinausscheidung anhand [2]; alternativ wenden wir in der klinischen Praxis in Aachen (AC) eine Steuerung anhand des täglichen Gewichtsverlaufs an (Stern nach klinischer Einzelfalleinschätzung ggf. auch Beibehaltung der Dosis möglich anhand [2]). c Zu b zugehöriges Diuretikastufenschema [2])

Therapieziel ist die substanzielle Rekompensation der Volumenüberladung, sog. „Dekongestion“

Ab einem mittleren bis hohen Bedarf an Schleifendiuretika sowie bei Diuretikaresistenz wird üblicherweise ein Thiaziddiuretikum ergänzend hinzugefügt (Abb. 4a,c). Die Referenzsubstanz in der Literatur ist hierbei gemäß den oben genannten Studien Metolazon (Abb. 4c), welches im deutschsprachigen Raum nur in der Schweiz zugelassen ist. Es kann entweder über die internationale Apotheke importiert (am Zentrum der Autoren so gehandhabt) oder anhand einer Dosierungsäquivalenztabelle durch Alternativen ersetzt werden (Tab. 4). Auf die Rolle einer maschinellen UF wird unten gesondert eingegangen.

Tab. 4 Eigenschaften gängiger Diuretika [7, 8, 15, 37]

Spezielle Dikuretikatherapie

Die Kenntnis wesentlicher Eigenschaften der Diuretika erleichtert deren konzeptionellen klinischen Einsatz (Tab. 4). Das in der Akutsituation intravenös eingesetzte Furosemid weist von allen Schleifendiuretika die geringste orale Bioverfügbarkeit auf. Nahrungsaufnahme führt hier überdies zu tagesabhängiger Fluktuation. Die HF-bedingte gastroenterale Stauung setzt die orale Bioverfügbarkeit zusätzlich herab. Aufgrund ihrer hohen Albuminbindung werden Schleifendiuretika nicht relevant glomerulär filtriert. Sie erreichen ihren Wirkort (den apikalen NKCC2 [„Na-K-Cl cotransporter 2“] der Henle-Schleife), indem sie von den Tubuli aus den peritubulären Kapillaren basolateral über organischen Anionentransporter OAT1 aufgenommen und luminal u. a. durch MRP-4 („multiudrug resistance-associated protein-4“) sezerniert werden. Dieser transzelluläre Transport ist störempfindlich für eine Reihe von Medikamenten einschließlich Antibiotika und Nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR), was einen weiteren Mechanismus der Diuretikaresistenz darstellt [7]. Schleifendiuretika besitzen eine steile Dosis-Wirkungs-Kurve, sodass sie zunächst gar nicht, dann aber recht schnell maximal wirken (Abb. 5a). Wird diese Wirkschwelle nicht überschritten, bleiben sie ohne Effekt, und eine Wiederholungsgabe in gleicher Dosis ist nutzlos (Abb. 5b). Da die Schwellen individuell nicht vorhersagbar sind und eine logarithmische Dosis-Wirkungs-Beziehung vorliegt, ist die empfohlene Praxis, die Dosierungen jeweils zu verdoppeln oder zu halbieren, schlüssig. Bei eingeschränkter GFR limitiert die Anzahl funktioneller Nephrone die maximal erreichbare Natriumexkretion, während zusätzlich für das Erreichen lokal tubulärer Wirkspiegel höhere Diuretikadosierungen erforderlich werden (Abb. 5c). Ähnlich der Harnsäureausscheidung werden Thiazide und deren Analoga (Saluretika) auf Höhe des proximalen Tubulus nach luminal sezerniert und wirken nach weiterer Nephronpassage luminal am NCC („sodium chloride cotransporter“) des Distalen tubulus contortus [7]. Bei eingeschränkter GFR nimmt ihre Wirkung rasch ab, da hier ein Zustand gesteigerter proximaler und somit verringerter distaler Rückresorption vorliegt (Abb. 5d). Bei gleichzeitiger Gabe von Schleifendiuretika kehrt sich dies wieder um: Tubulusflüssigkeit kann das distale Nephron wieder verstärkt erreichen, wo die Thiazide ihre Wirkung entfalten. Zusätzlich helfen Thiazide, die Phase der Antidiurese nach Abfluten intermittierend gegebener Schleifendiuretika zu mildern [7]. Nach erfolgter Rekompensation sollte eine sequenzielle Tubulusblockade vermieden bzw. so niedrig wie möglich dosiert werden, da angesichts der hohen Gefahr einer Hyponatriämie und Hypokaliämie eine Übersterblichkeit resultiert [3].

Abb. 5
figure 5

Relevante pharmakologische Charakteristika der Diuretika: a Logarithmische Abhängigkeit der fraktionellen Natriumausscheidung (FENa) von der Diuretikakonzentration im Plasma (Log [SD]Plasma; SD Schleifendiuretikum); die Wirkung tritt erst ab überschreiten der Schwelle ein; therapeutischer Bereich blau hinterlegt. b Kinetik der SD-Konzentration im Plasma ([SD]Plasma) bei intravenöser (i.v.) bzw. oraler Applikation; Wirkschwellen im Normal- und Ödemzustand. c Absolute Natriumausscheidung (Na Exkretionabsolut) in Abhängigkeit von der Plasmakonzentration des SD; bei Niereninsuffizienz sinkt die Effizienz der Diuretikawirkung, es werden höhere Dosen benötigt, und die Kurve ist nach rechts verschoben (1); der Deckeneffekt tritt aufgrund der verringerten funktionellen Nephronanzahl rascher ein (2). d Potenzial von SD bzw. Thiaziddiuretika und -analoga (TD), eine bestimmte absolute Natirumexkretion in Abhängigkeit von der Nierenfunktion (GFR glomeruläre Filtrationsrate) zu erreichen. (Adaptiert aus [7])

Ultrafiltrationsverfahren und Dialyse

Eine UF oder Dialyse kann bei entsprechender klinischer Schwere zur unmittelbaren Dekongestion (solange Diurese vorhanden, stets in Kombination mit Diuretika) oder nach empirisch festgestellter Diuretikaresistenz eingesetzt werden [20, 35]. Bei intensivmedizinischen Patienten ergibt sie sich häufig zwangsläufig. Die 3 großen randomisierten Interventionsstudien zur UF bei kardialer Dekompensation, UNLOAD aus 2007 [4], CARESS-HF aus 2012 [2] und AVOID-HF aus 2016 [5], schlossen jeweils 94 bis 114 nicht intensivpflichtige Patienten pro Gruppe in einen UF- versus einen Standardarm ein. Es zeigte sich hierbei, dass

  • UF prinzipiell funktioniert und zur Dekongestion effektiv ist, jedoch

  • mit höheren geräte- bzw. zugangsassoziierten Komplikationen verbunden ist;

  • eine Verringerung der Rehospitalisierungen nicht konsistent gezeigt werden konnte;

  • diese Unterschiede wahrscheinlich zum Teil in unterschiedlichen Dosierungsschemata von UF vs. Diuretika und zeitlichen Vorläufen nach Symptombeginn zu suchen waren.

Die 2017 angelaufene Studie PURE-HF (NCT03161158) der Firma Fresenius hatte daher zum Ziel, die Frage nach dem Zusatznutzen der UF mittels einer Kombination von schonender peripherer UF von etwa 1 l/Tag (Fluss 100–150 ml/h, je nach Blutdruck) in Kombination mit Schleifendiuretika versus einer Vergleichsgruppe mit zieldiureseadaptierten (1,5–3,0 l/24h) hohen Diuretikadosen zu beantworten. Primärer Endpunkt war die Ereignisrate von HF oder Tod innerhalb von 90 Tagen nach Entlassung. Aufgrund mangelnder Rekrutierung wurde die Studie jedoch 2019 abgebrochen.

Klinisches Monitoring des Therapieerfolgs

Tägliches Wiegen bzw. Bilanzieren sowie Kaliumkontrollen unter Therapie sind essenziell. Das Erreichen einer Euvolämie ist über den Ödemstatus häufig nicht gut zu eruieren. Es kann aber elegant und zuverlässig mittels subkostaler Ultraschallerfassung der Vena cava inferior (IVC) erfolgen. Anhand deren maximalem (IVCmax) und minimalem (IVCmin) Durchmesser sowie des Variabilitätsindex (IVCx; [IVCmax − IVCmin]/IVCmax) wird hier eine robuste Sensitivität und Spezifität von je 80–90 % zur Beurteilung des Volumenstatus erreicht, die der Bestimmung der natriuretischen Peptide (insbesondere bei GFR < 30 ml/min) überlegen ist [24]. Die Deutsche CAVA-ADHF-DZHK10-Studie adressiert in einem multizentrischen, patientengeblindeten Design die Frage, ob eine IVC-sonographische Steuerung der Therapie der konventionellen klinischen Einschätzung überlegen ist (primärer Endpunkt: Veränderung von NT-proBNP [„N-terminal pro brain natriuretic peptide“]; [22]).

Vermeiden von Nephrotoxinen

Um die AKI im Rahmen des CRS nicht zusätzlich unnötig zu aggravieren, sollen stationär wie ambulant typische Nephrotoxine vermieden werden [29]. Dies betrifft insbesondere NSAR und die Coxibe, da sie mittels Hemmung der Cyclooxygenase‑2 u. a. die Wirkung von Schleifendiuretika antagonisieren und zu Hypertonie, AKI und Volumenretention führen. Koronarinterventionen sollten erfolgen, wenn sie eine realistische Aussicht auf Verbesserung der kardialen Funktion und Prognose mit sich bringen. Besteht diese nur fraglich, sollte vor dem Hintergrund des Allgemeinzustands, einer möglichen Gebrechlichkeit und der Lebensqualität des Patienten abgewogen werden.

Postakute Optimierung der Herzinsuffizienztherapie

Bei der Standardtherapie der manifesten HFrEF („heart failure with reduced ejection fraction“), nach ESC-Leitlinie bestehend aus RAAS-Blockade, Betablocker, Diuretikum und Aldosteronantagonist, soll nach Möglichkeit bis zu einer GFR von 30 ml/min/1,73 m2 oder mehr eine Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor(ARNI)-Kombination (Sacubitril/Valsartan) anstelle der RAAS-Blockade zum Einsatz kommen [32]. Dass hier der Einsatz in der Praxis immer noch limitiert ist, illustriert die EMPA-REG-Reduced-Studie, in der lediglich 19,5 % der Studienpatienten einen ARNI in der Begleitmedikation hatten, obwohl die Population zu 73,5 % eine schwere HFrEF mit LVEF von weniger als 30 % aufwies (mittlere EF der Gesamtpopulation: 27,5 %; [31]). Weitere Maßnahmen mit Studienevidenz bei HFrEF sind die kardiale Resynchronisationstherapie und die Implantation eines Defibrillators bei entsprechenden Patienten, körperliches Training und die intravenöse Eisengabe [32].

Anhand der wachsenden Studienlage wird die Klasse der SGLT2(„sodium-glucose linked transporter 2“)-Hemmer vermutlich bald festen Einzug in die HF-Therapie auch von Patienten ohne Diabetes halten. Für die beiden in Deutschland bei Typ-2-Diabetes zugelassenen Substanzen Dapagliflozin und Empagliflozin konnten inzwischen sowohl eine Reduktion der primären HF-Endpunkte Hospitalisation und kardiovaskulärer Tod bei HFrEF als auch eine Verlangsamung des GFR-Verlusts gezeigt und in einer niereninsuffizienten Population (58,6 % Patienten mit GFR < 45 ml/min/1,73 m2, mediane Urinalbumin/-kreatinin-Ratio: 950 mg/Tag) bestätigt werden [13, 26, 31]. Daher erteilte die European Medicines Agency (EMA) im November 2020 Dapagliflozin die Zulassung für den Einsatz bei HFrEF ohne Diabetes. Einschränkend muss allerdings konstatiert werden, dass in allen 3 Studien ein ähnlich hoher Nutzen der SGLT2-Hemmung für die kardiovaskulären und renalen Endpunkte bei Patienten mit niedriger Ausgangs-GFR (< 60 ml/min/1,73 m2 in [26, 31] und < 45 ml/min/1,73 m2 in [13]) noch nicht sicher belegt erscheint. Es lagen hier weit überlappende Konfidenzintervalle mit Trends für einen im Vergleich zur normalen GFR eher reduzierten Vorteil vor. Bisher fordern die Zulassungen für den Einsatz ohnehin eine GFR von 60 ml/min/1,73 m2 oder mehr bzw. ein Absetzen im Falle des Erreichens einer GFR von weniger als 45 ml/min/1,73 m2 im Therapieverlauf.

SGLT2-Hemmer halten vermutlich bald festen Einzug in die HF-Therapie auch von Patienten ohne Diabetes

Im Gegensatz zur HFrEF zeigte sich bei der Therapie der erhaltenen bis leicht eingeschränkten Herzfunktion („heart failure with preserved ejection fraction“, HFpEF) anhand der ARNI-Studien PARAGON-HF und PARALLAX ein schwacher bis fehlender Nutzen auf kardiovaskuläre Endpunkte, jedoch interessanterweise ebenso eine Verlangsamung des GFR-Verlusts im Vergleich zur ARB- oder Standardtherapie [17, 25].

Die weitere klinische Charakterisierung der Substanzklassen der ANRI und SGLT2-Hemmer bleibt somit aus nephrologischer Sicht von Interesse.

Fazit für die Praxis

  • Zentraler Pathomechanismus des kardiorenalen Syndroms Typ 1 (CRS1) ist die venöse Kongestion.

  • Die Dosierung der Diuretika wird am besten anhand eines Diureseziels (z. B. 3–5 l/24 h) oder eines Negativbilanzziels täglich angepasst. Auch hohe Schleifendiuretikadosierungen (≤ 800 mg/Tag Furosemid i.v.) sind in der Regel sicher.

  • Milde bis moderate Anstiege der Retentionsparameter sind nicht gleichbedeutend mit einer tubulären Schädigung und häufig mit einer besseren Prognose assoziiert, wenn die Kongestion damit gelingt.

  • Die Studienlage rechtfertigt aktuell keinen isolierten Einsatz einer Ultrafiltration anstelle einer diuretischen Therapie. Stattdessen muss hier individualisiert je nach Organversagen, Erreichbarkeit des Bilanzziels und Diuretikaresistenz entschieden werden.

  • Die Sonographie der Vena cava interna (VCI) ist eine sensitive und spezifische Methode zur Quantifizierung und Verlaufskontrolle des Volumenstatus.

  • Die Evidenz zur besten Rezidivprophylaxe bei persistierender HFrEF („heart failure with reduced ejection fraction“) und reduzierter Nierenfunktion ist derzeit limitiert; eine Erweiterung der Leitlinienänderungen in Bezug auf SGLT2(„sodium-glucose linked transporter 2“)-Hemmer ist zu erwarten.