Psychische Effekte von Sport und Bewegung bei Krebserkrankten: eine Zusammenschau aktueller Übersichtsarbeiten

Zusammenfassung

Psychische und psychosoziale Beeinträchtigungen (PPB) sind im Rahmen der Therapie und Nachbehandlung bei Krebs von hoher Bedeutung. Umfang und Stärke dieser Beeinträchtigungen lassen sich durch Sport- und Bewegungsinterventionen positiv beeinflussen, was inzwischen durch eine Vielzahl von Übersichtsarbeiten belegt ist. Die wichtigsten Erkenntnisse hierzu werden im vorliegenden Beitrag auf der Grundlage einer Systematik von PPB zusammengetragen. Ausgehend vom Metakonzept Lebensqualität, das aus vielen Einzeldimensionen zusammengesetzt ist und daher meist eher praktischen als theoretischen Nutzen hat, wird eine Systematik der PPB in 2 Ebenen gebildet, nämlich der kontextuellen Ebene (affektiv-emotionaler, kognitiver, somatischer und psychosozialer Kontext) und der psychologischen Ebene (Gefühlslage, Bewertungen und Persönlichkeit). In den Übersichtsarbeiten ergeben sich die stärksten Evidenzen von Sport und Bewegung für die Gefühlslage und die Bewertungen der affektiv-emotionalen Dimension (insbesondere Stimmung, Angst, Depressivität) und der somatischen Dimension (insbesondere Fatigue), aber auch für kontextübergreifende Parameter (globale Lebensqualität, allgemeines Wohlbefinden). Inkonsistente oder nur wenige Befunde zeigen sich für das Körperkonzept, das Körperbild die Krankheitsbewältigung oder die Selbstwirksamkeit. Nur selten werden Befunde im Bereich des psychosozialen Kontextes explizit erforscht. Auch die Forschungslage zum Einfluss verschiedener Trainingsgestaltungen (Art, Intensität, Umfang, Organisationsform) auf PPB ist noch sehr begrenzt. Wenn auch Sport- und Bewegungsinterventionen zur Beeinflussung von PPB empfehlenswert sind, fehlen Forschungsarbeiten zu bestimmten Krebsformen oder Zielgruppen ebenso wie Arbeiten zum Verständnis von Wirkmechanismen.

Abstract

Psychological and psychosocial problems (PPPs) are highly relevant in cancer patients during therapy and post therapy. As shown by a multitude of reviews, the frequency and intensity of these problems can be reduced by sport and exercise interventions. This article reports the main results of these reviews on the basis of a theoretical systematization of PPPs. The article starts with a discussion of the meta-concept quality of life consisting of a variety of different dimensions. The subsequent systematization of PPPs builds upon two dimensions, namely the contextual dimension (affective-emotional, cognitive, somatic and psychosocial context) and the psychological dimension (feelings, appraisal und personality). Reviews show relatively strong evidence for the role of sport and exercise in the improvement of feelings and appraisals, in terms of both affective-emotional aspects (especially mood, anxiety, depression) and somatic aspects (especially fatigue), and global variables (global quality of life, global well-being). There is insufficient and inconsistent evidence on changes in body concept, body image, coping with cancer and self-efficacy. Psychosocial variables are rarely considered. Additionally, research on the effects of different types of training (form of exercise, training intensity, training load, organization of training) on PPPs is in early stages. Given the evidence for effects of sport and exercise interventions on PPPs in cancer patients, such interventions are recommended. However, there is a lack of research that considers specific types of cancer, specific target groups, and the mechanisms underlying these effects.