Skip to main content
Log in

Zerfall und Erinnerung: narrative Gestaltungen historischer Traumata in der österreichischen Literatur

  • Published:
Neohelicon Aims and scope Submit manuscript

Abstract

The collapse of the Austro-Hungarian Monarchy after World War I produced several forms of litarary treatments of this “finis Austriae” by most of the authors of “Vienna Modernism,” e.g. by Arthur Schnitzler and Leo Perutz. Their texts will be analysed under the aspect of the narrative presentation of the historical trauma of the end of Habsburg Monarchy. Both authors outline a structure of “before” and “after” in their narrated worlds where the seemingly stable and idyllic situations bear also hidden tensions and controversies. The narrative methods of unreliability, intertextuality, the complexity of conflicting points of view etc. reveal the deep scepticism and frustration of the two authors concerning all idealization of the Monarchy, and this manifests also the general lost of confidence in historical transformations.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Similar content being viewed by others

Notes

  1. Literatur wird dadurch mit ›Gedächtnis‹ und teilweise mit Gedächtnisforschung verbunden (Erll 2010: 288ff.).

  2. So ist dieses Thema bei mehreren ungarischen Schriftstellern wie Dezső Kosztolányi, Sándor Márai, Gyula Krúdy vorhanden, vgl. dazu u.a. Szegedy-Maszák 2007; Fried 2006; Fried 2007.

  3. Mit dem „goldenen Zeitalter‟ bezieht sich Magris auf Stefan Zweigs Die Welt von Gestern.

  4. Vgl. dazu Müller-Funks Kritik an Magris’ Auffassung (Müller-Funk 2005: 305ff.), ferner die Sammelbände von Müller-Funk/Plener/Ruthner 2002; Feichtinger/Prutsch/Csáky 2003; Kerekes/Millner/Plener/ Rásky 2004.

  5. Schnitzler wird somit vielfältig als Erzähler der Wiener Gesellschaft der Jahrhundertwende betrachtet (vgl. dazu u.a. Le Rider 2008; Lorenz 2007).

  6. Vgl. u.a. auch solche Erzählungen wie Leutnant Gustl, Spiel im Morgengrauen, Casanovas Heimfahrt.

  7. Für eine detaillierte Analyse der Novelle besonders in Hinsicht auf die narrative Struktur bzw. die erzählerische Unzuverlässigkeit vgl. Orosz 2013.

  8. Die Erzählung wurde 1928 in den 6. Band der „Gesammelten Werke von Schnitzler aufgenommen (vgl. Urbach 1974: 132).

  9. Derré erwähnt auch, » [l]e XVIIe siècle […] apparaît souvent dans des œuvres plus tardives […]. Quelques œuvres narratives, elles aussi, empruntent leur décor au XVIIIe siècle, italien pour ›Casanovas Heimfahrt‹, allemand pour ›Die Frau des Richters‹ « (Derré 1966: 284).

  10. Zu den intertextuellen Bezügen in der Novelle vgl. Gerrekens 1997, Perlmann 1987, Udd 2005.

  11. Für eine zusammenfassende Übersicht über die intertextuellen Bezüge in „Die Frau des Richters‟ – auch auf Grund früherer Analysen – vgl. Orosz (in Vorb.).

  12. Leyh hebt auch diesen Umstand hervor: »Schnitzler nimmt durch spielerische Imitation […] den Stil früherer Werke auf, um diese zu aktualisieren und ihn in der Form der Persiflage doch zu verabschieden« (Leyh 2016: 269).

  13. Tweraser hebt auch Schnitzlers kritische Sicht auf die österreichische Nachkriegszeit hervor und polemisiert dabei mit Magris, der meint, »seine [=Schnitzlers] Phantasie blieb in der Zeit vor 1918 zurück« (Magris 2000: 256).

  14. Leo Peutz ist 1882 in Prag geboren und 1957 in Bad Ischl gestorben.

  15. Zur Lebens- und Werkgeschichte von Perutz vgl. die ausführliche Biographie von Müller 2007.

  16. Für eine detaillierte Analyse der Erzählung, insbesondere auch in Hinsicht auf Züge unzuverlässigen Erzählens und der intertextuellen Bezüge vgl. Orosz 2007.

  17. Perutz hat nicht nur zeitgenössisch situierte, sondern auch im engeren Sinne „historische‟ Werke veröffentlicht (so Die dritte Kugel, Der Marques de Bolibar, Turlupin, Der schwedische Reiter), die ebenfalls die Kontingenzerfahrung des Menschen in historischer Verschiebung behandeln.

  18. Das entscheidende Ereignis wird nämlich nur aus Vittorins Sicht erzählt, wodurch es für den Leser nicht eindeutig nachvollziehbar ist.

  19. „Ein Schwur verpflichtete sie und hielt sie fest, ein Eid, den sie in feierlicher Stunde an dem offenen Grabe eines Kameraden abgelegt hatten‟ (WrÄ, 20).

  20. Damit entsteht auch eine nicht markierte intertextuelle Verbindung zu Schnitzler, insbesondere zu Leutnant Gustl (aber auch zu Spiel im Morgengrauen oder Der Sekundant), wo ebenfalls die Widersprüchlichkeit bzw. die Unhaltbarkeit soldatischer Ehrenvorschriften thematisiert wird.

  21. Dazu wechselt das Erzählen in die vergegenwärtigende Präsensform und wird äußerst zeitraffend.

  22. Vittorins Weg führt „aus der Fremde über eine Grenze in die Heimat‟ (Scheffel 2007: 84), um danach wiederholt zu werden. Zur Kreis- bzw. Schleifebewegung meint Chassagne: „Sur le plan structurel, le récit a effectué une boucle à l’image de l’impasse dans laquelle Vittorin s’est enfermé par son ›obstination dérisoire‹‟ (Chassagne 2005: 464).

  23. Vgl. die Aussage von Artemjew über ihn: „Dieser da hat die Augen eines Fanatikers‟ (WrÄ, 150f.).

Literaturverzeichnis

  • Zima, P. V. (1997). Moderne/Postmoderne. Gesellschaft, Philosophie, Literatur. Tübingen, Basel: Francke.

    Google Scholar 

Siglen:

  • BP = Rilke, R. M. (1992). Briefe zur Politik. Hg. v. Joachim W. Storck. Frankfurt a.M./ Leipzig: Insel Verlag.

  • D = Perutz, L. (1995). Dienstag, 12. Oktober 1916. In ders.: Herr, erbarme dich meiner! (pp. 33–39). Wien: Zsolnay.

  • G = Perutz, L. (1995). Das Gasthaus zur Kartätsche. In ders.: Herr, erbarme Dich meiner! (pp. 120–162). Wien: Zsolnay.

  • GWES 2 = Schnitzler, A. (1961). Gesammelte Werke. Die erzählenden Schriften Bd. 2. Frankfurt/M.: S. Fischer.

  • Tb 1923–1926 = Schnitzler, A. (1995). Tagebuch 1923–1926. Unter Mitwirkung von Peter M. Braunwarth u.a. hg. von der Kommission für literarische Gebrauchsformen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. 10 Bde. Wien.

  • WrÄ = Perutz, L. (2005). Wohin rollst du, Äpfelchen… München: Deutscher Taschenbuch Verlag.

  • Aurnhammer, A. (2013). Arthur Schnitzlers intertextuelles Erzählen. Berlin, Boston: de Gruyter.

    Book  Google Scholar 

  • Chassagne, J.-P. (2005). Le voyage transfrontalier en boucle comme image de l’aliénation dans Où roules tu, petite pomme ? de Leo Perutz. In P. Béhar & M. Grünewald (Eds.), Frontières, transferts, échanges transfrontaliers et interculturels (pp. 459–472). Bern: Peter Lang.

    Google Scholar 

  • Derré, F. (1966). Imagerie viennoise et problèmes humains. Paris: Marcel Didier.

    Google Scholar 

  • Dickerson, H. J., Jr. (1970). Arthur Schnitzlers Die Frau des Richters: A statement of futility. The German Quarterly, 43(2), 223–236.

    Article  Google Scholar 

  • Erll, A. (2004). Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. Eine Einführung. Stuttgart: Metzler.

    Google Scholar 

  • Erll, A. (2010). Literaturwissenschaft. In Ch. Gudehus, A. Eichenberg, & H. Welzer (Hg.), Gedächtnis und Erinnerung. Ein interdisziplinäres Handbuch (pp. 288–298). Stuttgart: Metzler.

  • Feichtinger, J., Prutsch, U., & Csáky, M. (Eds.). (2003). Habsburg postcolonial. Machtstrukturen und kollektives Gedächtnis. Innsbruck u.a.: Studien Verlag.

    Google Scholar 

  • Fliedl, C. (2005). Arthur Schnitzler. Stuttgart: Reclam.

    Google Scholar 

  • Fried, I. (2006). Szomjas Gusztáv hagyatéka. Elbeszélés, elbeszélő, téridő Krúdy Gyula műveiben [Das Erbe von Gusztáv Szomjas. Erzählen, Erzähler, Raumzeit in den Werken von Gyula Krúdy]. Budapest: Palatinus.

  • Fried, I. (2007). Író esőköpenyben. Márai Sándor pályaképe [Schriftsteller im Regenmantel. Die schriftstellerische Laufbahn von Sándor Márai]. Budapest: Helikon.

  • Gerrekens, L. (1997). Demontage verlorener Hoffnungen: Arthur Schnitzlers »Die Frau des Richters« oder die literarische Verdrängung eines Scheiterns. Monatshefte, 89(1), 31–58.

    Google Scholar 

  • Goltschnigg, D. (1996). Darstellung und Kritik der Moderne in der österreichischen Literatur (1880–1930). In R. Haller (Hg.), Nach Kakanien. Annäherungen an die Moderne (pp. 157–197). Freiburg i.Br./Berlin/Wien: Rombach.

  • Göttsche, D. (2014). Casanovas Heimfahrt. In Ch. Jürgensen, W. Lukas & M. Scheffel (Hg.), Schnitzler-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung (pp. 218–221). Stuttgart/ Weimar: Metzler.

  • Heimerl, J. (2012). Arthur Schnitzler. Zeitgenossenschaft der Zwischenwelt. Frankfurt/M.: Peter Lang.

    Google Scholar 

  • Hillebrandt, C. (2011). Das emotionale Wirkungspotenzial von Erzähltexten: Mit Fallstudien zu Kafka, Perutz und Werfel. Berlin: Akademie Verlag.

    Book  Google Scholar 

  • Kerekes, A., Millner, A., Plener, P., & Rásky, B. (Eds.). (2004). Leitha und Lethe. Symbolische Räume und Zeiten in der Kultur Österreich-Ungarns. Tübingen: Francke.

    Google Scholar 

  • Lauener, P. (2004). Die Krise des Helden. Die Ich Störung im Erzählwerk von Leo Perutz. Frankfurt/M: Peter Lang.

    Google Scholar 

  • Lawson, R. H. (1986). Adalbert Wogelein’s justice, allegorical justice, and justice in Schnitzler’s »Die Frau des Richters«. In M. H. Gelber (Ed.), Identity and ethos (pp. 145–154). Bern u.a.: Peter Lang.

    Google Scholar 

  • Le Rider, J. (2008). Arthur Schnitzler oder die Wiener Belle Époque (aus dem Französischen v. Christian Winterhalter). Wien: Passagen.

  • Leyh, V. (2016). Geräusch, Gerücht, Gerede: Formen und Funktionen der Fama in Erzähltexten Theodor Storms und Arthur Schnitzlers. Berlin: Erich Schmidt.

    Google Scholar 

  • Lorenz, D. (2007). Wiener Moderne. Stuttgart: Metzler.

    Book  Google Scholar 

  • Lughofer, J. G. (2008). Georg Vittorin als Treibjäger oder Treibgut der Geschichte. Zeitgeschichte in „Wohin rollst du, Äpfelchen“. In C. K. Stepina (Hg.), Stationen. Texte zu Leben und Werk von Leo Perutz (pp. 146–157). Wien: Verlag Art & Science.

  • Magris, C. (2000). Der habsburgische Mythos in der modernen österreichischen Literatur. Wien: Zsolnay.

    Google Scholar 

  • Müller, H.-H. (2007). Leo Perutz. Biographie. Wien: Zsolnay.

    Google Scholar 

  • Müller-Funk,W. (2005). „Der Mann ohne Eigenschaften“: Erinnerungstextur und Medium kulturwissenschaftlicher Sondierung. In G. Martens, C. Ruthner, & J. De Vos (Hg.), Musil anders. Neue Erkundungen eines Autors zwischen den Diskursen (pp. 301–325). Frankfurt/M.: Peter Lang.

  • Müller-Funk, W., Plener, P., & Ruthner, C. (Eds.). (2002). Kakanien revisited. Das Eigene und das Fremde (in) der österreichisch-ungarischen Monarchie. Tübingen: Francke.

    Google Scholar 

  • Musil, R. (1978). Der Mann ohne Eigenschaften. Bd I. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

    Google Scholar 

  • Orosz, M. (2007). Identität, Identitätskonstruktion und Fantastik bei Leo Perutz. In Internet-Plattform kakanien revisited. http://www.kakanien.ac.at/beitr/emerg/MOrosz2.pdf.

  • Orosz, M. (2013). »Es ist wirklich und zugleich doch ein Traum«. Der Sekundant – eine andere Traumnovelle Arthur Schnitzlers. In: A. Bombitz, & K. Csúri (Hg.), Wege in die Seele. Ein Symposium zum Werk von Arthur Schnitzler (pp. 24–37. Wien: Praesens.

  • Orosz, M. (in Vorb.). In A. Bombitz & J. Jacob (Hg.), Literarischer Text und Kontext. Ein Buch für Károly Csúri. Wien: Praesens Verlag.

  • Perutz, L. (2007). Mainacht in Wien. Romanfragmente – Kleine Erzählprosa – Feuilletons. München: Deutscher Taschenbuch Verlag.

  • Perlmann, M. L. (1987). Arthur Schnitzler. Stuttgart: Metzler.

    Book  Google Scholar 

  • Scheffel, M. (2007). Leo Perutz: Wohin rollst du, Äpfelchen… In T. Kindt, & J. Ch. Meister (Hg.), Leo Perutz’ Romane. Von der Struktur zur Bedeutung (pp. 81–93). Tübingen: Niemeyer.

  • Szegedy-Maszák, M. (2007). Az átminősített múlt. A kettős Monarchia emléke a magyar irodalomban [Uminterpretierte Vergangenheit. Die Erinnerung der Doppelmonarchie in der ungarischen Literatur]. In A. Gerő (Hg.), A Monarchia kora – ma [Die Epoche der Monarchie – heute] (pp. 154–170). Budapest: Új Mandátum.

  • Tweraser, F. W. (1995). The dawn of an old age: Arthur Schnitzler's critique of monarchical ideology and institutions in first republic Austria. Indiana University Dissertation.

  • Tweraser, F. W. (1998). Political dimensions of Arthur Schnitzler’s late fiction. Columbia, SC: Camden House.

    Google Scholar 

  • Udd, U. (2005). Diskurse in der fiktionalen historischen Erzählung am Beispiel von Arthur Schnitzlers Die Frau des Richters. In D. Neuendorff u.a. (Hg.), Alles wird gut. Beiträge des Finnischen Germanistentreffens 2001 in Turku/Abo, Finnland (pp. 255–265). Frankfurt/M.: Peter Lang.

  • Urbach, R. (1974). Schnitzler-Kommentar zu den erzählenden Schriften und dramatischen Werken. München: Winkler Verlag.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Magdolna Orosz.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this article

Orosz, M. Zerfall und Erinnerung: narrative Gestaltungen historischer Traumata in der österreichischen Literatur. Neohelicon 45, 97–111 (2018). https://doi.org/10.1007/s11059-018-0431-3

Download citation

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/s11059-018-0431-3

Keywords

Navigation