Zusammenfassung
Ohne vernünftigen Grund dürfen Tieren keine Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, ohne vernünftigen Grund dürfen sie nicht getötet werden. So sagt es das deutsche Tierschutzgesetz (1, 16, 17). Doch daran knüpfen sich viele, wiederkehrende Fragen an. Das BVerwG hat hier in seinem Urteil vom 13. Juni 2019 die Tötung von männlichen Küken nur noch übergangsweise, bis ein Verfahren zur Geschlechterbestimmung im Ei zur Verfügung steht, erlaubt. Demgegenüber hat das Landgericht Münster (2 KLs 7/15) mit einem Beschluss vom 6.3.2016 die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Betreiber einer Kükenbrüterei aus rechtlichen Gründen abgelehnt; dort wurden, einer über Jahrzehnte geübten Praxis folgend, die männlichen Küken gleich am ersten Lebenstag getötet, weil ihre Haltung als Legehennen unmöglich und als Masthähnchen unwirtschaftlich sei. Liegt darin ein vernünftiger Grund für das Töten dieser Tiere?
Der Beschluss des LG Münster zeigt ebenso wie die Bundesverwaltungsgerichts-Entscheidung die vielen Implikationen der Gretchenfrage nach dem vernünftigen Grund als zentralem Begriff unseres Tierschutzrechts auf. Sind wirtschaftliche Erwägungen gute Gründe? Vor allem aber: Wie verändert sich die Deutung des Begriffs, wenn sich das moralische Bewusstsein gegenüber Tieren wandelt?
Der reichen rechtswissenschaftlichen Literatur zum Thema soll hier kein weiterer Beitrag hinzugefügt werden. Ziel ist vielmehr, aus philosophischer Perspektive Gedanken beizusteuern, die erklären sollen, wo in der Struktur der Rede vom vernünftigen Grund die Probleme angelegt sind, die bei der Auslegung immer wieder zu Tage treten.
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Kunzmann, P. Vernünftige Gründe im Tierschutz . NuR 41, 448–452 (2019). https://doi.org/10.1007/s10357-019-3544-1
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