Das Melanom zählt zu den häufigsten malignen Erkrankungen, die in Österreich diagnostiziert werden. 2016 wurden die Daten einer österreichweiten epidemiologischen Studie publiziert, die zeigten, dass im Jahr 2011 insgesamt 5246 Melanome histopathologisch diagnostiziert wurden [1]. Eine besonders wichtige Erkenntnis dieser Studie war, dass mehr als 80 % dieser Diagnosen „in situ“ Tumoren mit einer Tumordicke von <1 mm waren, Tumoren, die so dünn waren, dass die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Metastasierung äußerst gering war. Diese Daten bestätigen die große Bedeutung der Früherkennung des Melanoms, welche im Rahmen einer regelmäßigen, am besten jährlichen, Hautuntersuchung wohl bestens gewährleistet wäre.

Dennoch sterben jährlich bis zu 400 Patienten an den Folgen eines metastasierenden Melanoms. Diese Zahl ist im Vergleich zu anderen malignen Krankheiten vielleicht nicht so dramatisch hoch, könnte aber viel niedriger sein. Schon 1985 forderte A.B. Ackermann, dass niemand mehr an den Folgen eines Melanoms sterben sollte: „No one should die of malignant melanoma“ [2].

Trotz aller Aufklärungsarbeit und Versuchen, die Sensibilität in der Bevölkerung dahingehend zu heben, mehr auf „Hautveränderungen“ zu achten, nimmt die Zahl der Melanom-Patienten zu und es werden jährlich mehr histopathologische Diagnosen gestellt als noch vor 8 JahrenFootnote 1.

In ihrer Studie analysieren Valentin Feichtenschlager et al. verschiedene demographische, klinische und histopathologische Parameter von 1329 Melanom-Patienten, die zwischen 2000 und 2010 an der der Abteilung für Dermatologie und Venerologie der Krankenanstalt Rudolfstiftung in Wien diagnostiziert und behandelt wurden. Sie zeigen deutlich, welchen Verlauf die Krankheit, abhängig vom Zeitpunkt der Erstdiagnose und der Tumordicke (gemessen in mm nach Breslow, vom Stratum granulosum zu den tiefst lokalisierten Tumorzellen in Dermis oder Subkutis) nimmt. Viele Patienten sterben. Zu viele.

Nun beobachten wir in den letzten Jahren, dass bei gleichbleibender Zahl von Patienten mit fortschreitendem, metastasierendem Melanom (klinisches Stadium 4) die Zahl der jährlichen Melanom-Todesfälle sinkt. Was führt zu diesem Phänomen? Können wir das metastasierende Melanom endlich einigermaßen zufriedenstellend, also erfolgreicher, behandeln?

Die pharmakologischen Grundlagen für die neuen therapeutischen Konzepte, welche dieser Entwicklung zugrunde liegen, stellen Kwong et al. in ihrer Arbeit sehr deutlich dar. Es sind einerseits die „small molecules“, BRAF-und MEK-Inhibitoren, die im Rahmen der „targeted therapy“ wichtige Moleküle für eine unkontrollierte, maligne Zellproliferation ausschalten und andererseits der völlig neue therapeutische Ansatz, hemmende Mechanismen des Immunsystems auszuschalten, sozusagen die Bremsen der Immunantwort zu lösen und eine entsprechende Tumor-Immunität zu induzieren. Ein Ansatz für den die beiden Erstbeschreiber James P. Allison und Tasuku Honjo den Nobelpreis für Medizin 2018 erhielten: Durch die „Hemmung hemmender Mechanismen“ werden Tumorzellen wesentlich effizienter vom Immunsystem erkannt und eliminiert, und wir ÄrztInnen sehen bei einigen Patienten, „wie sich Metastasen innerhalb von Tagen und Wochen völlig zurückbilden“. So hat sich die 5‑Jahres-Überlebensrate, die beim Stadium IV vor Einführung dieser „Checkpoint-Inhibitoren“ bei <10 % lag, in den letzten Jahren auf etwa 50 % erhöht. Eine der wesentlichsten pharmakologischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, die, zunächst erprobt beim immunogenen Melanom, nun bei vielen anderen Tumor-Entitäten eingesetzt wird. Dennoch wird auch die Tumorchirurgie weiter ihren Stellenwert haben, wie Wollina und Brzezinski in dieser Ausgabe der Wiener Medizinischen Wochenschrift berichten.

Seit Einführung der „Checkpoint-Inhibitoren“ und der „targeted therapy“ (erste Studien 2011) wurden österreichweit mehr als 3000 Melanom-PatientInnen an Abteilungen für Dermatologie behandelt. Wir Dermatologen haben erstmals erfolgreiche, replizierbare Therapiestrategien erleben dürfen, die sich nun hoffentlich bei anderen Tumoren als ähnlich wirksam herausstellen. Dann wäre bei der Diagnose eines metastasierenden Tumors endlich ein therapeutischer „Lichtstreifen“ am Horizont.