Zusammenfassung
Großflächige und tiefe Verletzungen können in kurzer Zeit zu einem nichtabschätzbaren Blutverlust führen. Für diese Fälle steht mittlerweile eine Reihe von Hilfsmitteln bereit, die die präklinische Blutungskontrolle erleichtern können. Insbesondere sind hier das aus dem militärischen Bereich stammende Tourniquet und Hämostyptika, also blutstillende Wundverbände und Granulate, zu erwähnen. In diesem Beitrag wird auf diese lokalen Maßnahmen näher eingegangen.
Abstract
Extensive and deep wounds can lead to an inestimable loss of blood in a very short time. In these cases a variety of aids are available that can facilitate preclinical hemorrhage control. Of particular importance are tourniquets and hemostyptics from the military field, i.e. hemostatic wound dressings and granulates. This article discusses these local measures in detail.
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11 July 2018
Erratum zu:
Notfall Rettungsmed 2018
https://doi.org/10.1007/s10049-018-0442-7
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Authors and Affiliations
Corresponding author
Ethics declarations
Interessenkonflikt
M. Helm, M. Kulla, A. Stöhr, F. Josse und B. Hossfeld geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
Additional information
Redaktion
J. Breckwoldt, Zürich
M. Christ, Luzern
G. Matthes, Berlin
G. Rücker, Rostock
R. Somasundaram, Berlin
U. Zeymer, Ludwigshafen
M. Helm und M. Kulla haben zu gleichen Teilen zu dieser Arbeit beigetragen.
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
Bei einem Patienten, der eine starke arterielle Blutung am rechten Unterarm nach einer Schnittverletzung aufweist, sistiert die Blutung durch manuellen Druck und Wundverband nicht. Was ist Ihre erste weitere Maßnahme?
Anlage eines Tourniquets am proximalen Oberarm
„Packing“ der Wunde
Anlage eines Druckverbands
Einsatz von Hämostyptika in der Wunde
Sofortiger Transport in die nächstgelegene Klinik
Bei einem Patienten mit stark blutender, tiefer Wunde am distalen Oberschenkel wurde ein Druckverband angelegt. Allerdings sistiert die Blutung darunter nicht, und der Patient entwickelt eine Bewusstseinstrübung, eine Sinustachykardie und einen Blutdruckabfall. Was ist die nächste Option?
Anlage eines Tourniquets am proximalen Oberschenkel
„Packing“ der Wunde
Anlage eines Tourniquets eine Handbreit oberhalb der Verletzung
Einsatz von Hämostyptika in der Wunde
Zeitkritischer Transport in die nächstgelegene geeignete Klinik
Welche Aussage zur Anlage eines indizierten Tourniquets bei schweren Blutungen an einer Extremität ist falsch?
Sollte eine Blutung nach Anlage eines Tourniquets nicht sistieren, ist dieses umgehend zu entfernen.
Der Patient sollte an der Anlagestelle entkleidet sein, um sekundäre Verletzungen zu vermeiden.
Die Tourniquetanlage über Gelenken ist obsolet.
Die Anlage sollte so distal wie möglich erfolgen.
Die Anlage eines Tourniquets ist äußerst schmerzhaft und bedarf einer suffizienten medikamentösen Analgesie.
Bei einem Patienten mit einer massiv blutenden Extremitätenverletzung wurde ein Tourniquet fachgerecht angelegt, die Blutung sistiert aber nicht. Welche weitere Option ergreifen Sie als Nächste?
Anlage eines zusätzlichen Druckverbands über der Wunde
Sofortige Entfernung des Tourniquets
Sofortiger Transport in die nächste Klinik
Einbringen von Hämostyptika in die ungesäuberte Wunde
Anlage eines 2. Tourniquets proximal des ersten
Bei welchem der folgenden Ereignisse mit akuten Blutungen gibt es keine Indikation zur Anlage eines Tourniquets?
Kritische Blutung bei gleichzeitigem A‑, B‑ oder C‑Problem
Lebensbedrohliche stammnahe Blutungen
Keine Erreichbarkeit der eigentlichen Verletzung (z. B. bei Einklemmungssituationen)
Lebensgefährliche („kritische“) oder multiple Blutungsquellen an einer Extremität
Mehrere Verletzte mit Blutungen/MANV
Was ist die nächste Maßnahme bei einem Patienten mit einer bedrohlichen Blutung am Körperstamm, die unter manueller Kompression nicht zum Stehen kommt?
Anlage eines Tourniquets
„Packing“ der Wunde
Anlage eines Druckverbands
Einsatz von Hämostyptika in der Wunde
Sofortiger Transport in die nächstgelegene Klinik
Welche Aussage zur Wirkung verschiedener Hämostyptika ist richtig?
Chitosan aktiviert die vorhandenen Gerinnungsfaktoren.
Zeolith führt zur Adhäsion von Erythrozyten und Thrombozyten.
Kaolin führt zu einer Vasokonstriktion im traumatisierten Gewebe.
Chitosan zeigt auch unter medikamentöser Antikoagulation noch blutstillende Eigenschaften.
Chitosan adsorbiert bis zu 40 % seines Gewichts an Gewebewasser.
Welche Aussage zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen von Hämostyptika ist richtig?
Chitosan zeigt eine hohe Rate von allergischen Reaktionen.
Zeolith darf wegen Interaktionen nicht mit anderen Verbandsmaterialien kombiniert werden.
Chitosan kann aufgrund einer stark exothermen Reaktion zu thermischen Gewebeschäden führen.
Alle Hämostyptika weisen hohe thrombembolische Eigenschaften auf.
Alle Hämostyptika müssen im Rahmen einer chirurgischen Wundrevision entfernt werden.
Wann ist ein zügiger Transport eines Patienten unter permissiver Hypotension ohne weitere Überlegungen indiziert?
Bei kreislaufinstabilen Patienten mit V. a. Leberruptur
Bei kardial vorerkrankten Patienten und Beckenfraktur
Bei führendem SHT und Blutungen an den Extremitäten
Bei Extremitätenblutungen, die sich nicht mit einem Druckverband stabilisieren lassen.
Bei älteren Patienten mit Hypertonie und Nasenbluten
Welche Aussage zur Behandlung von instabilen Beckenverletzungen mit Gefahr der Blutung ist richtig?
Die optimale Wirkposition hat die Beckenschlinge, wenn sie über den beiden Spinae iliacae superiores angebracht ist.
Die primäre manuelle Stabilitätsuntersuchung des Beckens ist wegweisend zur Erkennung von instabilen Beckenverletzungen.
Kritische Blutungen aus dem Becken können am Notfallort nicht stabilisiert werden.
Ziel der Beckenschlinge ist es, durch ein Wiederherstellen der anatomischen Verhältnisse das innere Volumen zu verkleinern und so die Blutung zu verringern.
Kritisch blutende Beckenverletzungen sind ein sehr häufiges Verletzungsmuster.
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Helm, M., Kulla, M., Stöhr, A. et al. Prähospitales Management traumatischer Blutungen. Notfall Rettungsmed 21, 327–339 (2018). https://doi.org/10.1007/s10049-018-0442-7
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DOI: https://doi.org/10.1007/s10049-018-0442-7