Der ICD-11 wurde 2019 verabschiedet und dürfte 2022 in Deutschland in Kraft treten. Die neue Klassifikation ermöglicht bei Patienten mit chronischen Schmerzen eine bessere Charakterisierung ihrer Erkrankung und damit möglicherweise auch einen besseren Zugang zur multimodalen Therapie. Das jedenfalls hofft Professor Winfried Rief, Marburg, der an der Erarbeitung des Kapitels "Chronischer Schmerz" des ICD-11 beteiligt war. Deutschland war mit der eigenen Zusatzziffer F45.41 für den chronischen Schmerz gewissermaßen Vorreiter, berichtete er anlässlich des virtuellen DGN-Kongresses 2020. Die häufige Nutzung dieser Zusatzziffer zeigte den großen Bedarf für eine bessere Abbildung des chronischen Schmerzes in der neuen Klassifikation.

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Aktuell ist ein Browser mit dem ICD-11 über die Webseite der WHO zugänglich: https://icd.who.int/en.

Bislang gab es im ICD-10 nur Einzeldiagnosen in verschiedenen Kapiteln, die nicht koordiniert waren. Beispielsweise gab es unterschiedliche Angaben zur Mindestschmerzdauer. "Es war Chaos und an vielen Stellen gab es Löcher", meinte Rief. Das soll sich jetzt mit dem ICD-11 ändern.

Der chronische Schmerz wird nun einheitlich über das Kriterium einer mindestens dreimonatigen Dauer (anhaltend oder wiederkehrend) charakterisiert. Dabei sollte der chronische Schmerz das einzige oder das prädominante klinische Problem sein. Er erfordert immer eine spezifische diagnostische Evaluation, Therapie und Rehabilitation. Auf oberster Ebene wird der chronische Schmerz durch Zusatzcodes näher spezifiziert. In der zweiten Ebene erfolgt die Klassifizierung in sieben Hauptkategorien, eine umfasst den primären chronischen Schmerz, die sechs anderen verschiedene sekundäre Schmerzsyndrome. Im ICD-11 wurden erstmals chronische krebsassoziierte Schmerzen explizit aufgenommen und nach Schmerzen durch die Krebserkrankung selbst, als Folge der Therapie oder als neuropathische Schmerzen subklassifiziert.