Akuter Medikamentenabusus (AMO) betrifft Kopfschmerz- und Migränepatienten besonders häufig und verschlechtert die Symptomatik häufig so stark, dass sich etwa aus einer episodischen eine chronische Migräne entwickelt, die Schmerzstärke zunimmt oder ein sekundäres Krankheitsbild mit medikamenteninduziertem Kopfschmerz auftritt. Bekannte AMO-Risikofaktoren sind weibliches Geschlecht, Rauchen, körperliche Inaktivität und psychiatrische Komorbidität. Im Rahmen der seit 2017 laufenden longitudinalen MAST-Studie mit erwachsenen Migränepatienten in den USA sollte jetzt eine qualitative und quantitative Übersicht über AMO-Risikofaktoren beziehungsweise Patientencharakteristika erstellt werden.

Einbezogen in diese Studie waren 13.649 Personen in einem durchschnittlichen Alter von 43,4 Jahren, die die Einschlusskriterien für eine „international classification of headache disorders“ (ICHD)-IIIβ-Migräne erfüllten und 3 oder mehr monatliche Kopfschmerztage (MHDs) in den letzten 3 Monaten angaben. AMO entsprechend den ICHD-IIIβ-Kriterien für Medikamentenübergebrauch wurde definiert, wenn der Teilnehmer Triptane, Opioide, Barbiturate, Ergotalkaloide oder Coanalgetika an mindestens 10 Tagen und nicht steroidale Antiphlogistika (NSAIDs) oder andere Stufe-1-Analgetika an mehr als 15 Tagen pro Monat einnahm.

15,4 % der Studienteilnehmer erfüllten die AMO-Kriterien. Im Vergleich zu den nicht übergebrauchenden Migränepatienten nahmen die AMO-Patienten mehr Triptane, Opioide, Barbiturate und Ergot-Präparate, dagegen weniger NSAID ein (p < 0,001 für alle Vergleiche). Zusätzlich war AMO mit signifikant mehr MHD, einer schwereren Migränesymptomatik und höheren Schmerzintensitätsscores sowie höheren Allodynie-Raten assoziiert. Adjustiert auf die MHD stieg die AMO-Wahrscheinlichkeit mit jedem zusätzlichen Lebensjahr, mit positivem Ehe- und Raucherstatus, mit dem Vorliegen von psychischen Symptomen, der Schwere der Migräne und Schmerzintensität. Eine Allodynie erhöhte lediglich bei Männern, nicht dagegen bei Frauen das AMO-Risiko.

Fazit: Migränepatienten mit Medikamentenübergebrauch haben oftmals eine schwerere Krankheitslast als Patienten mit adäquatem Medikamentengebrauch. Patienten mit AMO erhalten vergleichsweise häufiger Verordnungen über Triptane, Opioide und Ergotalakoide, dagegen weniger NSAID. Warum eine Allodynie lediglich bei Männern das AMO-Risiko statistisch signifikant erhöht, ist bisher unklar.