Die Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde sind in der täglich gelebten Praxis sowohl Primärversorger als auch gleichermaßen Spezialisten für zahlreiche teils hochkomplexe Problemstellungen. Wir stellen zum einen die erste Anlaufstelle für sämtliche akut auftretenden Erkrankungen unserer Patientengruppe dar und sind zum anderen das Sonderfach mit den meisten anerkannten Spezialisierungen seitens der österreichischen Ärztekammer; zudem umfasst die Pädiatrie auch das Wissen und die Fertigkeiten im Rahmen des Impfwesens. Die vorliegende Ausgabe von Pädiatrie & Pädologie spiegelt einen Teil der Tiefe und der Breite unseres Fachgebietes wider.

Es darf nicht übersehen werden, dass unser Patientengut enorm breit gestreut ist. Wir betreuen sowohl Frühgeborene mit einem Körpergewicht von unter 500 g als auch 120 kg schwere Jugendliche. Kinderheilkunde ist kein kleines Fach, sondern vielleicht sogar das größte Fachgebiet innerhalb der Humanmedizin, und die Komplexität nimmt auch in unserem Sonderfach zu.

Durch zahlreiche neue Möglichkeiten überleben heute viele Frühgeborene und Kinder mit komplexen Erkrankungen, die noch vor kurzer Zeit nicht lebensfähig gewesen wären, jedoch eine aufwendige, kompetente Nachbetreuung benötigen. Die Bedeutung des extramuralen Bereichs im Rahmen der Kinder- und Jugendheilkunde wird daher zweifellos weiter zunehmen.

Die Thematik dieser Ausgabe trägt diesem Umstand Rechnung und präsentiert ein weitgestreutes Themenfeld mit Beiträgen aus der Umweltmedizin, der pädiatrischen Gastroenterologie, der Vakzinologie, der Schmerztherapie und im Sinn unserer Kompetenz auch in der Jugendheilkunde ebenso einen Beitrag zum Suchtverhalten.

Ist eine Impfpflicht sinnvoll?

In der vorliegenden Ausgabe findet sich auch ein Beitrag zum Thema „Impfen oder nicht impfen.“ In der öffentlichen Diskussion wurde zuletzt die Frage der Notwendigkeit einer Impfpflicht intensiv und teilweise sehr emotional geführt. Dazu muss festgestellt werden, dass der Stellenwert von aktiven und passiven Impfungen durch zahllose Studien dokumentiert wurde und dass Impfen eine Lege-artis-Maßnahme der medizinischen Wissenschaft darstellt.

Als Ärztinnen und Ärzte sind wir dazu aufgerufen, für einen ausreichenden Impfschutz nicht nur der von uns betreuten Patienten, sondern vielmehr auch von uns selbst und des in unserem Verantwortungsbereich tätigen Gesundheitspersonals Sorge zu tragen. Zum Grundprinzip des ärztlichen Handelns „Primum nihil nocere!“ gehört es zweifellos auch, Patienten bestmöglich vor iatrogen übertragbaren Erkrankungen zu schützen.

Eine direkte Impfpflicht durch gesetzliche Vorschriften oder eine indirekte Impfplicht durch finanzielle Bonifikationen ist grundsätzlich dazu geeignet, die Durchimpfungsraten zu erhöhen und insbesondere den Schutz all jener Personen sicherzustellen, die aus medizinischen Gründen nicht selbst geimpft werden können. Vor allem der Nachweis der durchgeführten Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) kann als Voraussetzung für den Besuch von öffentlichen Kindergärten sowie auch zur Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes herangezogen werden und somit eine wichtige Maßnahme zum Schutz von Kindern und Jugendlichen darstellen.

In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass es keine Impfdiskussion im Sinn eines Methodenstreits innerhalb der medizinischen Experten gibt – im Gegenteil: Impfen oder Nichtimpfen, das ist zweifellos keine Frage, sondern ein medizinischer Standard.

In diesem Sinn wünsche ich eine interessante und bereichernde Lektüre dieser Ausgabe,

Peter Voitl